LW-I-4: Befall mit Schadorganismen (Fallstudie)

Rapskäfer können erhebliche Schäden an Rapsblüten verursachen, wenn sie massenhaft auftreten.zum Vergrößern anklicken
Zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Schadorganismen sind noch viele Fragen offen.
Quelle: Aleksa / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

Erhöhter Druck durch Schadorganismen ist möglich

Mit dem ⁠Klimawandel⁠ verändern sich nicht nur die Bedingungen für die landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, sondern auch für Schadorganismen und Pflanzenkrankheiten. Wärmere ⁠Witterung⁠ und die Verlängerung der ⁠Vegetationsperiode⁠ bieten einigen Schadorganismen günstigere Ausbreitungsbedingungen und ermöglichen, dass sich mehr Generationen im Jahr ausbilden können. Andere Schadorganismen hingegen, die zum Beispiel auf längere Feuchteperioden angewiesen sind, könnten zurückgehen. Bedingt durch den Klimawandel ist in den nächsten Jahren daher mit Verschiebungen im Artenspektrum von Pflanzenschädlingen in der Landwirtschaft zu rechnen. Schäden durch Pilzerkrankungen können – mit Ausnahme von Krankheiten, die durch wärmeliebende Pilzarten wie beispielsweise die Roste ausgelöst werden – in vielen Bereichen voraussichtlich abnehmen. Die Bedeutung wärmeliebender Ungräser und Unkräuter, tierischer Schädlinge und nichtparasitärer Krankheiten könnte dagegen eher zunehmen. Ferner profitieren Insekten grundsätzlich von wärmeren Temperaturen. Neue Risiken sind von Schadorganismen zu erwarten, die bisher nicht in unseren Breiten vorkamen und sich nach ihrer Einschleppung unter den veränderten klimatischen Rahmenbedingungen ausbreiten und etablieren können. Auf eine Zu- oder Abnahme des Befalls mit Schadorganismen insgesamt lassen die bisherigen Beobachtungen aber nicht schließen. Im Einzelnen sind die Entwicklungen noch nicht oder nur schwer prognostizierbar. Klar ist jedoch, dass viele Schadorganismen sehr empfindlich und spontan auf veränderte Witterungsverhältnisse reagieren können und den in der Landwirtschaft Tätigen damit rasche und flexible Reaktionen auf die akute Pflanzenschutzproblematik abverlangt werden.

Die Linien-Grafik zeigt den Befall als Prozent befallener Pflanzen von Winterweizen und zwar den Braunrostbefall und den Befall mit Echtem Mehltau, beides für Sachsen-Anhalt. Die Datenreihen von 1976 bis 2013 zeigen einige Datenlücken. Der Braunrostbefall ist signifikant steigend, der Befall mit Echtem Mehltau geht signifikant zurück. Außerdem ist der Befall von Winterraps mit dem Rapsglanzkäfer als Maximalbefall in Anzahl pro Pflanze für Mecklenburg-Vorpommern von 1990 bis 2013 dargestellt. Die Zeitreihe z
LW-I-4: Befall mit Schadorganismen – Fallstudie

Im Falle des Braunrosts, Echten Mehltaus und Rapsglanzkäfers wird davon ausgegangen, dass der Klimawandel den Befall verändern wird. Für die beiden erstgenannten Arten kann es zu einer steigenden Relevanz kommen. Dennoch verläuft die Entwicklung von Schadorganismen sehr spezifisch. Generalisierende Aussagen zum Einfluss des Klimawandels auf die Befallssituation sind auf der derzeitigen Datengrundlage noch nicht möglich.

Quelle: JKI (Auswertungen von Befallsdaten der Länder)

Systematische Auswertungen von Befallsdaten eines breiten Spektrums unterschiedlicher Schadorganismen sind erforderlich, um übergeordnete Aussagen zum Einfluss der Klimaänderungen auf Schadorganismen zu ermöglichen. Beim Braunrost (Puccinia triticina) an Weizen, Gerste und Triticale, einer Kreuzung aus Weizen und Roggen, sowie beim Rapsglanzkäfer (Meligethes aeneus) kann nach derzeitigem Wissensstand davon ausgegangen werden, dass der ⁠Klimawandel⁠ mit wärmeren Wintern und einem trockeneren und wärmeren Frühjahr die Entwicklung oder gar die Massenvermehrung fördern kann. Beim Echten Mehltau (Erysiphe graminis) an Weizen ist der Zusammenhang derzeit noch nicht ganz klar. Analysen langjähriger Datenreihen zu den Zusammenhängen liegen bundesweit noch nicht vor. Es konnten jedoch Daten aus zwei Bundesländern (Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern) aufbereitet werden, die einen ersten Eindruck über zeitliche Trends der Entwicklung der drei oben genannten Schadorganismen liefern. Einflüsse der ⁠Klimaänderung⁠ lassen sich hieraus aber noch nicht eindeutig ableiten.

Beim Braunrost in Sachsen-Anhalt und beim Rapsglanzkäfer in Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich seit den 1970er-Jahren ein signifikant steigender Trend zu einem stärkeren Befall. Beim Echten Mehltau, zu dem auch Daten aus Sachsen-Anhalt vorliegen, gibt es seit den 1970er-Jahren zwar immer wieder Jahre mit einem hohen Befallsniveau, über die gesamte darstellbare Zeitreihe nimmt der Befall aber ab. Die Daten machen auch deutlich, dass der Befall mit dem jeweiligen Schadorganismus in den einzelnen Jahren sehr unterschiedlich stark sein kann. Die eine, den Schädlingsbefall generell fördernde Witterungskonstellation gibt es nicht.
Die Situation im besonders heißen und trockenen Jahr 2018 macht allerdings deutlich, dass spezifische Witterungskonstellationen zu einer massiven Ausbreitung von Schadorganismen führen können. So war 2018 ein ausgeprägtes Braunrost-Jahr. Die meisten pilzlichen Erreger spielen unter diesen schwierigen Bedingungen keine Rolle, aber der Braunrost braucht keinen Regen, Tau ist ausreichend zur Infektion. Der früher insbesondere in wärmeren Anbauregionen beheimatete Pilz ist inzwischen in ganz Deutschland relevant und wird mehr und mehr zur dominierenden Krankheit im Winterweizen. Je früher im Jahr hohe Temperaturen erreicht werden, desto früher kann der Braunrost infizieren und desto günstiger sind die weiteren Entwicklungsbedingungen. Auch der Rapsglanzkäfer profitiert von hohen Temperaturen. Er überwintert als Käfer in lockeren Bodenschichten von Waldrändern oder Hecken und kann daher bei warmen Frühjahrstemperaturen direkt in die „Saison“ starten. Der Käfer legt seine Eier in die Knospen der Rapsblüten. Grundsätzlich könnte der Einsatz frühblühender Sorten den Befall im empfindlichen Knospenstadium mindern, aber bei sehr warmen Frühjahrstemperaturen kann auch diese vorbeugende Maßnahme an Wirkung verlieren. Bei der Interpretation des Trends zu vermehrtem Rapskäferbefall ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass es inzwischen vermehrt Resistenzen gegenüber den üblichen Insektiziden gibt. Der Rückgang des Befalls mit Echtem Mehltau lässt sich unter anderem durch geringere Temperaturansprüche im Vergleich zum Braunrost erklären. Im Zuge des Klimawandels könnte sein Optimalbereich von etwa 17 bis 18 °C häufiger überschritten werden, was sich nachteilig auf seine Entwicklung und die Befallsbedingungen auswirken kann.
Repräsentative Aussagen zur Entwicklung der Befallsproblematik sind auf der Grundlage der hier vorgestellten Daten noch nicht möglich. Es gibt große Unterschiede im Infektionsrisiko und Befall zwischen den unterschiedlichen Schadorganismen, den Regionen und Jahren. Da die Sortenzüchtung in den letzten Jahren erfolgreich das Resistenzniveau vor allem gegen Pilzkrankheiten steigern konnte, sind Befallshäufigkeit und -stärke zumindest bei einigen Fruchtarten auch stark von den jeweils angebauten Sorten abhängig. Auch die Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen variiert in den Kulturen stark.
Das Julius-Kühn-Institut führt Analysen zur ⁠Klima⁠- und Witterungsabhängigkeit des Schadorganismenbefalls durch, sodass in Zukunft voraussichtlich umfassendere und repräsentativere Aussagen zur Entwicklung des Schädlingsbefalls möglich sind. Eine Weiterentwicklung des Indikators möglichst hin zu einer bundesweiten Darstellung ist für den nächsten ⁠DAS⁠-Monitoringbericht 2027 geplant. Voraussichtlich ergeben sich umfangreiche inhaltliche und organisatorische Synergien mit den Erhebungen für die Indikatoren des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln 2013 sowie den Aktivitäten im Rahmen des Nationalen Monitorings der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften (MonViA).

 

Schnittstellen

LW-I-1 Verschiebung agrarphänologischer Phasen

LW-R-5 Pflanzenschutzmittel-Absatz und -Anwendung