Politischer Rahmen und gesetzliche Anforderungen
Der Klimaschutzbericht 2009 der Landesregierung benennt erstmals Handlungsfelder für Schleswig-Holstein, die besonders vom Klimawandel betroffen sein werden. Dazu zählen die Biologische Vielfalt, die Wasserwirtschaft, der Küstenschutz, die Land- und Forstwirtschaft, sowie der Tourismus und der Verkehr.
Die im Jahr 2017 erschienene Broschüre „Anpassung an den Klimawandel – Fahrplan für Schleswig-Holstein“ greift diese Handlungsfelder auf und beschreibt Maßnahmen und Wege, wie die Anpassung an die Folgen des Klimawandels in den für das Land besonders relevanten Handlungsfeldern umgesetzt werden könnte.
Seit Sommer 2023 wird eine Anpassungsstrategie mit konkreten Handlungszielen und Maßnahmen zur Klimaanpassung für Schleswig-Holstein entwickelt. Am Strategieerarbeitungsprozess wurde auch ein Klimaanpassungs-Expertinnen- und Expertennetzwerk mit knapp 30 Vertretenden aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft beteiligt.
Im Landesplanungsgesetz Schleswig-Holstein vom 27.1.2014 wurde in Paragraph 5 erstmals festgeschrieben, dass bei der regionalen und überregionalen Landschaftsplanung die räumlichen Erfordernisse des Klimaschutzes und die Anpassung an den Klimawandel bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen zu berücksichtigen sind.
Das im Dezember 2021 novellierte Energiewende- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein (EWKG) enthält neben Regelungen zum Klimaschutz auch eine Vorgabe zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. So ist in Paragraph 15 die Erarbeitung einer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen festgelegt. Aufgrund gesetzlicher Neuregelungen auf Bundesebene wie dem 2024 in Kraft tretenden Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG) wurden auch auf Landesebene Gesetzesanpassungen erforderlich. Vor diesem Hintergrund beschloss die Landesregierung von Schleswig-Holstein schon im Juni 2024 den Gesetzesentwurf zur zweiten Novelle des EWKG. Relevant für die Klimaanpassung sind insbesondere neue Regelungen für die Kreise und Kommunen Schleswig-Holsteins. So soll die Novelle unter anderem regeln, dass alle Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein bis 2029 eigene auf Klimarisikoanalysen oder vergleichbaren Entscheidungsgrundlagen basierende Klimaanpassungsstrategien erstellen müssen. Mit Darstellungen der Handlungsfelder und Maßnahmenkatalogen auf Kreisebene soll eine Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene gelegt werden. Gleichzeitig soll mit dem Gesetzesentwurf auch eine Grundlage zur Erfüllung der vom Bund auferlegten Berichtspflichten geschaffen werden. Das novellierte EWKG soll im ersten Quartal 2025 in Kraft treten.
Länderspezifische Anpassungsmaßnahmen
Eine tabellarische Auflistung von Schlüsselmaßnahmen wird Bestandteil der „Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels des Landes Schleswig-Holstein“ sein, die derzeit in Erarbeitung ist.
Schon jetzt setzt Schleswig-Holstein jedoch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel – insbesondere im Küsten- und Hochwasserschutz – um und verfolgt auch in anderen Handlungsfeldern konkrete Aktivitäten zur Klimawandelanpassung.
Der aktuelle „Generalplan Küstenschutz“ berücksichtigt den beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels. So werden zu verstärkende Landesschutzdeiche mit einem Klimazuschlag und einer Baureserve versehen. Die Deiche werden dabei um etwa einen halben Meter höher als aus heutiger Sicht notwendig verstärkt und erhalten zusätzlich eine deutlich flachere Außenböschung. Durch diese Maßnahmen wird ein meeresspiegelanstieg von 1,0 m berücksichtigt. Das heißt, der heutige Sicherheitsstandard ist auch bei einem um einen Meter höheren mittleren Meeresspiegelniveau noch gewährleistet. Wenn der Meeresspiegelanstieg höher als 1,0 m ausfällt, ermöglicht die flachere Außenböschung mit relativ wenig Aufwand eine weitere Erhöhung um bis zu einem Meter. In zwei Bauphasen kann somit ein Meeresspiegelanstieg von insgesamt bis zu 2,0 m ausgeglichen werden.
Angesichts des Klimawandels und des dadurch bedingten Meeresspiegelanstieges hat die Landesregierung 2015 die Weichen für die Zukunft des Wattenmeers in Schleswig-Holstein gestellt. Dazu beschloss das Kabinett die „Strategie für das Wattenmeer 2100“. Die Strategie soll dazu beitragen, das Wattenmeer bei den zu erwartenden Veränderungen durch den beschleunigten Meeresspiegelanstieg in seiner heutigen Struktur und mit seinen heutigen Funktionen zu erhalten.
Weiterhin will die Landesregierung mit einem im Jahr 2016 beschlossenen Warftverstärkungs- und Entwicklungsprogramm die Zukunft von Schleswig-Holsteins Halligen in Zeiten des Klimawandels sichern. Kern des Programmes ist eine nachhaltige Verstärkung der Halligwarften, damit die Halligen auch bei steigendem Meeresspiegel bewohnbar bleiben. Bisher wurden drei Warften zu sogenannten Klimawarften ertüchtigt, vier weitere sind in der Planung.
Höhere Sturmflutwasserstände und ein beschleunigter Meeresspiegel betreffen nicht nur die Nordseeküste und das Wattenmeer, sondern auch die Ostseeküste. Deshalb wird bis 2025 die Strategie „Entwicklung Ostseeküste 2100“ erarbeitet. Ziel dieser gemeinsam von Küstenschutz, Tourismus und Naturschutz zu erstellenden Strategie ist eine Ostseeküste, die nachhaltig und langfristig auf einen stärkeren Meeresspiegelanstieg und höhere Sturmflutwasserstände eingestellt ist.
In Schleswig-Holstein liegt etwa ein Fünftel der Landesfläche unter Normalhöhennull. Diese als Niederungen bezeichneten Gebiete werden zu großen Teilen aktiv über Schöpfwerke und Siele entwässert, was durch den ansteigenden Meeresspiegel der Nord- und Ostsee, zunehmende Niederschlagsmengen, insbesondere im Winter, und häufigere Dauer- und Starkregenereignisse zunehmend erschwert wird. Mit der „Strategie für die Zukunft der Niederungen bis 2100“ wird nun ein generationsübergreifender Anpassungsprozess initiiert, in dem die eng miteinander verknüpften Akteure und Handlungsfelder der Wasser- und Landwirtschaft, des Natur-, Gewässer- und Klimaschutzes sowie der Raumplanung und Landentwicklung zusammengeführt werden. Gemeinsam wurden Ziele und Maßnahmen erarbeitet, um die Niederungen zukunftsfest und klimaangepasst zu entwickeln. Die Strategie wurde im Jahr 2024 fertiggestellt und veröffentlicht. Im Rahmen von Pilotprojekten werden in bestimmten Niederungsregionen bereits Maßnahmen erarbeitet und in den kommenden Jahren umgesetzt.
Die Folgen des Klimawandels wirken sich auf die biologische Vielfalt in Schleswig-Holstein aus. Um Ökosysteme, Arten und Lebensräume zu schützen und ihre Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu fördern, wurde die „Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Schleswig-Holstein“ im Oktober 2021 veröffentlicht. Der Schutz von Ökosystemen wie Wäldern, Mooren und Niederungen, hat nicht nur positive Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, sondern durch die Speicher- und Pufferfunktionen für Kohlenstoffdioxid und Wasser auch auf den Klimaschutz und die Klimawandelfolgenanpassung.
Schleswig-Holstein ist mit etwa 11,5 % Waldfläche an der Landesfläche das waldärmste Bundesland. Ein Teil der Wälder besteht aus reinem Nadelwald (33 %), der vor allem in Dürresommern durch akute Probleme wie Massenvermehrungen von Borkenkäfern (betrifft überwiegend Fichtenwald) und anderen Insekten oder durch Sturmereignisse besonders gefährdet ist. Damit die Wälder Schleswig-Holsteins den Herausforderungen des Klimawandels standhalten können, müssen diese in standortgerechte, widerstandsfähige und strukturreiche Mischwälder umgebaut werden.
Das im August 2020 verabschiedete Programm „Biologischer Klimaschutz durch Moorschutz und Neuwaldbildung“ fördert neben dem Moorschutz auch die Naturwaldneuwaldbildung und den Waldumbau auf Moorböden sowie die Umwandlung von Acker in extensiv genutztes Dauergrünland. Ziel des Programms ist es, die natürliche Senkenfunktion von Mooren, Wäldern und Böden in Schleswig-Holstein wiederherzustellen und so bis 2030 bis zu 717.500 t CO2-Äq. pro Jahr einzusparen. Neben dem Gewinn für den Klimaschutz bringen die Maßnahmen auch wichtige Synergien für den Biodiversitäts-, Gewässer- und Bodenschutz mit sich.
Lokale Maßnahmen
In folgenden Kommunen liegen Anpassungsstrategien oder -konzepte vor:
Beispiele für Stakeholder-Beteiligung:
- Beirat Integriertes Küstenschutzmanagement: In diesem bereits 1999 gegründeten Ministerbeirat werden die Stakeholder für den Küstenschutz: die Kommunalverbände, die Wasser- und Bodenverbände sowie die Naturschutzverbände, regelmäßig (zweimal im Jahr) vom zuständigen Minister über strategische Aspekten des Küstenschutzes wie die Klimaanpassung informiert. Die Verbände können hier aus ihrer Sicht wichtige Themen einbringen und diesen mit den Vertretern des Landes (Natur- und Küstenschutz) erörtern.
- Bürgermeistergespräch Halligen 2050: Unter dem Vorsitz des zuständigen Abteilungsleiters im Ministerium werden die Halligbürgermeister regelmäßig (mehrmals jährlich) über den Fortschritt des Warft-Verstärkungsprogramms informiert. Fragen, Sorgen und Forderungen der Halligbevölkerung werden hier adressiert und soweit möglich geklärt.
Beteiligung an EU Programmen
Das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein unterstützt das Interreg-Projekt „ClimatePol“ als Netzwerkpartner. Ziel des Projekts ist es u. a. das Klimawandelwissen in der Grenzregion zusammenzutragen und grenzüberschreitende Lösungen auf regionaler und kommunaler Ebene zur Verfügung zu stellen, um die Entwicklung der Projektregion in Richtung einer klimarobusten Region zu unterstützen.