FW-R-4 + 5: Rohholzverwendung und Holzbauquote
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Der Waldumbau und die großen Mengen an Kalamitätsholz gerade in den letzten Jahren bringen neue Herausforderungen für den Holzmarkt. Es sollten aus Klimaschutzgründen möglichst stoffliche Holzverwendungen gefunden werden, und dies möglichst auch inländisch. Vor allem beim Laubholz besteht mit Blick auf die noch immer deutlich überwiegende energetische Verwendung die Notwendigkeit, weitere stoffliche Nutzungspotenziale zu erschließen.
Der Bausektor spielt für die stoffliche Holzverwendung eine bedeutende Rolle. Vor allem im Wohngebäudebereich nimmt die Holzverwendung zu. Es sind aber auch noch viele Potenziale ungenutzt, insbesondere im Bereich der Nichtwohngebäude. Aufgrund seiner günstigeren Eigenschaften wird bisher überwiegend Nadelholz verbaut. Die konstruktive Verwendung von Laubholz steht hingegen noch am Anfang.
Sowohl der Waldumbau hin zu vitaleren und klimastabileren Wäldern als auch die Kalamitäten der letzten Jahre (siehe Indikator FW-I-5) haben erhebliche Auswirkungen auf den Holzmarkt. Insgesamt ist die Holzentnahme aus den deutschen Wäldern seit 1994 gestiegen, zuletzt vor allem beim Nadelholz. Dies spiegelt die umfangreichen Bemühungen wider, Holz aus standortuntauglichen Nadelbaumbeständen und von Kalamitätsflächen in eine „kontrollierte Nutzung“ zu bringen. Dies ist dann möglich, wenn die Kapazitäten der holzverarbeitenden Industrie durch die anfallenden Rohholzmengen nicht überlastet werden. Eine solche Überlastung äußert sich in steigenden Lagerbeständen und / oder Ausfuhren und führt in der Regel zu einem Preisverfall des Rohholzes. Die deutlich höheren Nadelholzausfuhren von 2019 bis 2021 deuten darauf hin, dass die großen Mengen von Kalamitätsholz nicht vollständig von der holzverarbeitenden Industrie in Deutschland aufgenommen werden konnten. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, inwieweit auf Kalamitätsflächen vermehrt auf eine passive Totholzanreicherung, also ein Verzicht auf Räumung, hingewirkt werden könnte, sofern direkte Gefahren für den Wald- und Gesundheitsschutz sowie die Verkehrssicherung ausgeschlossen sind.
Der Waldumbau zielt auf stärker gemischte Bestockungen, in denen insbesondere standortangepasste Laubbaumarten eine bedeutendere Rolle spielen. Damit ist für den Holzmarkt der Zukunft – wenn auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung – ein höheres Laubholzaufkommen zu erwarten. Für dieses Laubholz muss ein vermehrter Absatz und zwar möglichst auf dem inländischen Holzmarkt gefunden werden. Hierfür sind neue Nutzungspotenziale für Laubholz zu erschließen, die Forschung zu forcieren und die Holzverarbeitung in den Sägewerken weiterzuentwickeln. Aus Sicht des Klimaschutzes muss es bei der Laubholznutzung vermehrt um die stoffliche Nutzung gehen, denn Holz soll als langfristige Kohlenstoffsenke wirksam werden. Aktuell wird Laubholz allerdings zu mehr als 70 % energetisch genutzt. Brennholz, Hackschnitzel und Pellets zur Erzeugung von Strom und Wärme sind inzwischen ein Massenprodukt. Mit der energetischen Nutzung sollen fossile Energieträger ersetzt und Treibhausgas-Emissionen reduziert werden, was aber dazu führt, dass das zuvor im Holz gespeicherte CO2 wieder in die Atmosphäre freigesetzt wird. Für die langfristige Kohlenstoffbindung sind daher stoffliche Verwendungen des Laubholzes in langlebigen Produkten zu bevorzugen. Zwischen Klimaschutz, Klimaanpassung und der Entwicklung des Holzmarkts gibt es also enge Zusammenhänge.
Die vermehrte stoffliche Verwendung von Laubholz ist nach wie vor eine Herausforderung. Bauprodukte aus Laubholz sind zwar in der Entwicklung, bisher aber nur in begrenztem Umfang zugelassen. Insgesamt ist der konstruktive Laubholz-Bauholz-Markt noch jung. Für eine breitere Anwendung von Laubholz gibt es noch weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarf, und es müssen weitere Erfahrungen gesammelt werden. Auch mit Blick auf den Innenausbau ist die Situation herausfordernd, da derzeit eher Trends zu perfekt holzimitierenden Böden und großvolumigen leichten Möbeln dominieren.
Insgesamt steigt die Holzbauquote, allerdings erlaubt die Statistik bisher keine Differenzierung der Laub- und Nadelholzanteile in den Bauprodukten. Im Jahr 2021 wurde gemessen an der Anzahl der Baugenehmigungen ein Fünftel aller Wohngebäude überwiegend mit Holz gebaut. Der Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei Mehrfamilienhäusern steigt die Holzverwendung zwar ebenfalls, aber auf einem noch deutlich niedrigeren Niveau. Im Nichtwohnbereich ist die Holzbauquote stark vom Zubau einzelner Gebäude(-komplexe) in Holzbauweise geprägt. So ließ beispielsweise in 2018 die Fertigstellung zweier Großprojekte (Ferienanlagen) mit insgesamt 680 Gebäuden in Holzbauweise die Holzbauquote über 20 % ansteigen120.
Um beim Laubholz eine Trendumkehr zu mehr stofflicher Nutzung zu erreichen, gilt es über den Bausektor hinaus gemäß den Zielen der Nationalen Bioökonomiestrategie121 weitere stoffliche Verwendungen zu erschließen. So wird ein relevantes Einsatzpotenzial für Laubholz in der Substitution unter anderem von erdölbasierten Kunststoffen oder von Metallen durch biogene Rohstoffe gesehen. Die Einsatzmöglichkeiten reichen bis hin zu Bekleidung und Heimtextilien, die aus holzbasierten Cellulosefasern gefertigt werden. Dies ist insofern von steigendem Interesse, als infolge des Klimawandels die Anbaubedingungen für Baumwolle schlechter werden und die Holzfaserproduktion damit grundsätzlich konkurrenzfähiger wird.
120 - FNR – Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. 2019: Charta für Holz 2.0 – Kennzahlenbericht 2019 Forst & Holz, 48 S. https://www.fnr.de/fileadmin/charta-fuer-holz/dateien/service/mediathek/WEB_BMEL_Kennzahlenbrosch%C3%BCre_WPR_091019.pdf
121 - BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung & BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hg.) 2020: Nationale Bioökonomiestrategie. Berlin, 64. S. https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/nationale-biooekonomiestrategie-1759084