Wie weit sind Kommunen bei der Anpassung an den Klimawandel?

Das Bild zeigt einen angelegten kleinen See mit Grünanlagen und Häusern im Hintergrundzum Vergrößern anklicken
Kommunale Klimaanpassung: Der Krupp-Park in Essen verbessert das Stadtklima und sammelt Regenwasser
Quelle: Stephanie Neumann

Mit welchen Maßnahmen setzen Kommunen Klimaanpassung bereits um? Was hindert sie daran, sich stärker auf Klimafolgen vorzubereiten? Auf diese und weitere Fragen haben Kommunen bei einer Befragung des Deutschen Instituts für Urbanistik im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) geantwortet.

Inhaltsverzeichnis

 

Kommunale Klimaanpassung: Von der Nische auf dem Weg zum Mainstream

Die Ergebnisse der Studie "Wirkung der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) für die Kommunen" zeigen deutlich: Immer mehr Kommunen engagieren sich in der Klimaanpassung. Sie werden vor allem dann aktiv, wenn sie selbst von extremen Wetterereignissen betroffen waren. Darüber hinaus handeln Kommunen, wenn die Führungskräfte innerhalb der Verwaltung und Politik von der Notwendigkeit des Handelns überzeugt sind und sie Schnittstellen zu ohnehin bearbeiteten Themen sehen. Damit Kommunen Maßnahmen zur Klimaanpassung auf den Weg bringen können, ist konzeptionelle Vorarbeit erforderlich. 40 Prozent der befragten Kommunen geben an, einen politischen Beschluss zur Erarbeitung von Anpassungsstrategien oder -konzepten vorliegen oder in Arbeit zu haben. 46 Prozent haben eine verwaltungsinterne Bestandsaufnahme zur Klimaanpassung durchgeführt oder arbeiten daran. Immerhin haben bereits 27 Prozent der Antwortenden einen Beschluss gefasst oder sind dabei, einen solchen zu erstellen, um vorhandene Anpassungsstrategien oder -konzepte umzusetzen. Erfreulich ist, dass die Mehrheit der befragten Kommunen bereits Maßnahmen zur Klimaanpassung planen oder umsetzen. Abbildung 1 zeigt die am häufigsten genannten Maßnahmen.

Die Tabelle listet die genannten Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel auf. Von 182 Antworten wurden 10 Maßnahmen am häufigesten genannt. Dazu gehören "Wärmedämmung bei Gebäuden" (73%, 132 Nennungen), Klimaangepasste, standortgerechte Baumarten- und Pflanzenwahl (65%, 119 Nennungen), Ökologischer Hochwasserschutz (62%, 113 Nennungen)
Abbildung 1: Am häufigsten genannte, umgesetzte oder geplante Klimaanpassungsmaßnahmen
Quelle: UBA 2019
 

Deutsche Anpassungsstrategie wirkt positiv auf die Kommunen

Viele Kommunen bestätigen, dass die Deutsche ⁠Anpassungsstrategie⁠ (⁠DAS⁠) dazu geführt hat, Klimaanpassung in der Verwaltung und auch in der Kommunalpolitik bekannter zu machen. Dabei setzen vor allem die Informationsangebote und Fördermöglichkeiten des Bundes zur Klimaanpassung wichtige Impulse für die Kommunen. Durch die Umfrage wurde jedoch auch deutlich, dass den Kommunen die Nutzung des vorhandenen Wissens und der Fördermöglichkeiten erleichtert werden sollte.

Die folgende Abbildung 2 gibt einen Einblick, welche Förder- und Informationsangebote des Bundes durch Kommunen genutzt werden oder zumindest bekannt sind. Besonders wahrgenommen werden demnach die Förderangebote der Kommunalrichtlinie des Bundes und des DAS-Förderprogramms, die ⁠UBA⁠-Informationstools Klimalotse und Tatenbank sowie der Monitoringbericht zur DAS.

Die Wahrnehmung der Kommunen ist, dass eine freiwillige Umsetzung der Klimaanpassung deutlich langsamer voran kommt als eine verpflichtende. 74 Prozent der befragten Kommunen geben an, dass sie Klärungsbedarf sehen, ob die Klimaanpassung zu den kommunalen Pflichtaufgaben gehört und wie dafür eine angemessene Finanzierung der anfallenden Aufgaben zu lösen sei. Darüber hinaus macht eine europaweite Studie anhand von 885 analysierten Städten sehr klar, dass Anpassungspläne fünfmal häufiger in Ländern entwickelt werden, in denen sie für die Kommunen verpflichtend sind – beispielsweise in Dänemark, Frankreich, der Slowakei und Großbritannien (vgl. Reckien et al. 2018).

Balkendiagramm mit Ergebnissen zu der Frage, welche Methoden und Instrumente aus dem Kontext der DAS und des Aktionsplans in den Kommunen bekannt sind und angewandt werden. Die Kommunalrichtlinie des BMU ist 49% bekannt und wird von 19% angewandt, das BMU DAS-Förderprogramm ist 39% bekannt und wird von 6% angewandt, der Online Leitfaden "Klimalotse" ist 32% bekannt und wird von 8% angewandt.
Abbildung 2: Bekanntheit und Anwendung der Methoden und Instrumente der DAS und dem Aktionsplan
Quelle: UBA 2019
 

Herausforderungen für kommunale Klimaanpassung: Finanzierung, Wissen und Akzeptanz

Auch wenn viele Kommunen bereits aktiv Klimaanpassung voranbringen, so zeigen die Ergebnisse auch, dass zumindest für ein Drittel der befragten Kommunen Klimaanpassung noch gar keine Rolle spielt. Bei diesen liegt noch kein politischer Beschluss, kein Maßnahmenprogramm und auch kein anderes Konzept oder Instrument zur Klimaanpassung vor beziehungsweise ist nichts dergleichen geplant. Ergänzt wird dieses Bild durch die Tatsache, dass ein Drittel der befragten Kommunen keine Personalkapazitäten für kommunale Klimaanpassung zur Verfügung hat. Nur wenige haben mehr als eine Vollzeitstelle für dieses Thema ausgewiesen.

Darin zeigt sich auch die Kluft zwischen kleineren Kommunen und Großstädten. Letztere können im Regelfall mehr Personal zur Klimaanpassung aufbauen. Für kleinere Kommunen ist das oft gar nicht möglich. Klimaanpassung muss in diesen Fällen innerhalb der vorhandenen Kapazitäten mitbearbeitet werden. Eine umfassendere strategische Bearbeitung ist in diesen Fällen nicht zu leisten und Klimaanpassung kann dann nur punktuell umgesetzt werden.
Dementsprechend sehen die Kommunen knappe Ressourcen zur Vorbereitung und zur Umsetzung von Klimaanpassung als das stärkste Hemmnis. Weitere Barrieren liegen vor, wenn Erfahrungen mit der Klimaanpassung fehlen oder die Datengrundlagen nur unzureichend verfügbar sind. Zudem bremst eine geringe Akzeptanz in der Bevölkerung, bei der lokalen Politik oder in der Verwaltung Klimaanpassungsaktivitäten aus.

 

KomPass unterstützt und vernetzt die Kommunen vielfältig

Gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst hat ⁠KomPass⁠ im Auftrag der Bundesregierung das Klimavorsorgeportal als zentralen Wegweiser zu Klimainformationsangeboten entwickelt. Kommunen sind hier eine zentrale Zielgruppe. Weitere eigene Informationsdienste des UBAs wie der Klimalotse und die Tatenbank unterstützen Kommunen bei der Erstellung von Anpassungskonzepten und zeigen Beispiele für erfolgreich umgesetzte Maßnahmen. Dies wird praktisch ergänzt beispielsweise durch Leitfäden zur Aufstellung von Hitzeaktionsplänen und für Gestaltungsmöglichkeiten in der räumlichen Planung, die in enger Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten im ⁠UBA⁠ bereitgestellt werden. Zusätzlich fördert das Bundesumweltministerium kommunale Leuchtturmvorhaben mit dem Förderprogramm für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.

KomPass bietet vielfältige Vernetzungs- und Beteiligungsformate für Kommunen an: In Stakeholderdialogen können sich kommunale Vertreterinnen und Vertreter zu spezifischen Themen informieren und austauschen – beispielsweise zu öffentlicher Gesundheitsvorsorge, klimarobustem Sanieren oder Risikomanagement in der Planung. In Ideen- und Kooperationsbörsen entwickeln Teilnehmende aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Behörden und Wissenschaft dabei gemeinsam konkrete Maßnahmen für ihre Gemeinde oder Region. Solche Maßnahmen können zum Wettbewerb „Blauer Kompass“ eingereicht werden. Dieser zeichnet innovative lokale und regionale Anpassungsmaßnahmen aus und stellt sie einem breiten Publikum vor.

Orientiert an den ermittelten Bedarfen der Kommunen wird KomPass seine Unterstützungsangebote, Informationen und Instrumente stetig wissens- und forschungsbasiert weiterentwickeln. So sollen einerseits Vulnerabilitäten und Handlungserfordernisse abgeschätzt und andererseits Anpassungsfähigkeiten von lokalen Akteuren gestärkt werden, um Schäden begrenzen, ⁠Klimafolgen⁠ bewältigen und Chancen nutzen zu können. Ein Forschungsziel besteht darin, die Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen zu messen und Handlungsalternativen zu bewerten. Zentrale Fragen widmen sich in diesem Kontext der Wirkungsanalyse von Informationstools. Auf dieser Grundlage werden bestehende Informationsangebote weiterentwickelt, um diese noch nutzergerechter aufzubauen und mehr interaktive Komponenten zu integrieren.

 

 

Quellen

Diana Reckien, Monica Salvia, Oliver Heidrich , Jon Marco Church, Filomena Pietrapertosa, Sonia De Gregorio-Hurtado, Valentina D'Alonzo, Aoife Foley, Sofia G. Simoes, Eliska Krkoska Lorencov, Hans Orru, Kati Orru, Anja Wejs, Johannes Flacke, Marta Olazabal, Davide Geneletti, Efren Feliu, Sergiu Vasilie, Cristiana Nador, Anna Krook-Riekkola, Marko Matosovic, Paris A. Fokaides, Byron I. Ioannou, Alexandros Flamos, Niki-Artemis Spyridaki, Mario V. Balzan, Orsolya Fülop, Ivan Paspaldzhiev, Stelios Grafakos, Richard Dawson (2018): How are cities planning to respond to climate change? Assessment of local climate plans from 885 cities in the EU-28 In: Journal of Cleaner Production 191, S. 207-219.

Umweltbundesamt (2019): Umfrage Wirkung der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) für die Kommunen. Climate Change 01/2019.

Autoren: Andreas Vetter, Andrej Lange (Umweltbundesamt)

Dieser Artikel wurde als Schwerpunktartikel im Newsletter ⁠Klimafolgen⁠ und Anpassung Nr. 59 veröffentlicht. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

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