Der Klimawandel hat in Deutschland bereits zu einer deutlichen Temperaturzunahme geführt. So lag die Mitteltemperatur im vergangenen Jahrzehnt rund 2°C über dem vorindustriellen Niveau und acht der zehn heißesten Sommer seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 wurden in den letzten 30 Jahren verzeichnet. Der Artikel fasst den aktuellen Wissensstand zu Hitze und ihren gesundheitlichen Auswirkungen für Deutschland zusammen, geht auf Anpassungsmaßnahmen ein und gibt einen Ausblick auf Umsetzungs- und Forschungsfragen: Journal of Health Monitoring | S4/2023 | Hitze in Deutschland: Gesundheitliche Risiken und Maßnahmen zur Prävention
Hitze
Der menschliche Organismus ist in der Lage sich an Extremwetterereignisse anzupassen. Dazu wird abhängig von der Temperatur am Aufenthaltsort eine entsprechende Bekleidung und eine angepasste Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme benötigt. Hitze bzw. Hitzewellen können den menschlichen Körper an seine Belastungsgrenze bringen.
Seit dem extremen Hitzesommer 2003 war Deutschland mehrfach von länger andauernden Extremhitzeereignissen betroffen. Derartige Hitzewellen fordern generell deutlich mehr Opfer als Hochwasser, Stürme oder Erdbeben. Die gesundheitliche Wirkung von extremer Hitze ist abhängig von der Häufigkeit, Intensität und Dauer ihres Auftretens. Die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit reichen von einer verminderten Leistungsfähigkeit über thermisch bedingte Erkrankungen wie Sonnenstiche, Hitzestress, Ohnmacht, Hitzekrämpfe und Hitzschläge bis hin zum hitzebedingten Tod. In der Bevölkerung gibt es vulnerable Gruppen, die besonders bei dem Auftreten von Hitzeextremen gefährdet sind. Hierzu zählen ältere Menschen mit stark eingeschränkter Gesundheit, Säuglinge, (Klein-) Kinder und kranke Menschen.
Bereits eingetretene Auswirkungen
In den vergangenen 100 Jahren reduzierte sich in den meisten Regionen Europas die Anzahl der Frosttage. Gleichzeitig nahm die Anzahl an heißen Tagen mit Temperaturen über 30 °C zu. Neben den oben beschriebenen thermisch bedingten Erkrankungen leiden Patienten*innen während extremer Hitze häufiger an Störungen des Elektrolythaushaltes, akuten Nierenfunktionsstörungen oder Beeinträchtigungen der Atmungsfunktion. Städte und städtische Ballungsräume sind schon heute besonders von Hitze betroffen, da dort viele Flächen versiegelt sind, Gebäude Wärme speichern und nachts abstrahlen sowie oftmals Schneisen für eine kühlende Luftzirkulation fehlen. Dadurch kann die Durchschnittstemperatur in Innenstädten um mehr als 10 °C über dem Umland liegen. Es besteht darüber hinaus eine Wechselwirkung zwischen der Außenlufttemperatur und der Luftschadstoffbelastung (Ozon, Feinstaub). Bei Hitzeextremen, wie im Jahr 2003, fallen hohe Lufttemperaturen zumeist mit einer entsprechend hohen Ozon- und Feinstaubbelastung zusammen.
Zu erwartende Auswirkungen
Das „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC) ging 2013 davon aus, dass die globale Durchschnittstemperatur – je nach angenommenem Emissionsszenario – bis zum Jahr 2100 um 1,4 bis 5,8 °C steigen wird. Dementsprechend würden die Minimal- und Maximaltemperaturen ansteigen, die Anzahl heißer Tage und Hitzewellen zunehmen sowie Frosttage und Kältewellen abnehmen. Die Auswirkungen auf Deutschland können sich regional sehr unterschiedlich darstellen, mit einer voraussichtlich stärkeren Temperaturzunahme in Südwest- und Ostdeutschland.
Je nach Temperaturanstieg und der Anzahl an heißen Tagen pro Jahr ist mit einer höheren hitzebedingten Mortalitätsrate zu rechnen, insbesondere bei älteren Bevölkerungsgruppen, wie eine Analyse für den Zeitraum 2001-2015 gezeigt hat. Erste Schätzungen für Deutschland prognostizieren für die Jahre 2071-2100 einen Anstieg der hitzebedingten Sterberate um jährlich bis zu 8 500 zusätzliche Todesfälle im Vergleich zu 2010. Davon sind städtische Lebensräume besonders betroffen. Bei einer Zunahme von Hitzeextremen ist das gesundheitliche Risiko für die urbane Bevölkerung erhöht.