Hintergrund der nationalen Klimaschutzbeiträge
Das 2015 verabschiedete Übereinkommen von Paris (ÜvP) gibt einen Fünf-Jahres-Zyklus vor, um Klimaschutzambitionen Schritt für Schritt zu erhöhen. Teil dieses Ambitionsmechanismus ist die sogenannte Globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake – GST). Mit ihr werden zum einen rückblickend Fortschritte und Lücken und zum anderen vorausschauend Lösungen und Umsetzungsmöglichkeiten für wirksamen Klimaschutz identifiziert. Diese Erkenntnisse sollen dann wiederum Impulse für ambitionierte nationale Klimaziele und die internationale Zusammenarbeit liefern.
Die Klimaschutzziele werden in sogenannten nationalen Beiträgen der Vertragsstaaten vorgelegt (Nationally Determined Contributions – NDC). Für das Jahr 2025 sind die Vertragsstaaten des ÜvP aufgefordert, ein NDC mit einem Klimaziel für das Jahr 2035 vorzulegen. Eine Anleitung für die Informationen, die in den NDCs enthalten sein sollen, beinhaltet das sogenannte Kattowitzer Regelbuch (Entscheidungen der Weltklimakonferenz COP24). Besonders wichtig: Die NDCs sollten beschreiben, inwieweit die Ergebnisse der Globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake – GST) berücksichtigt wurden. Die Vertragsstaaten haben sich mit dem Abschluss des ersten GST im Jahr 2023 die Aufgabe gegeben, ihre neuen NDCs an einer Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau auszurichten.
Konkrete Forderungen zur Treibhausgasminderung im ersten GST sind die Verdreifachung des Ausbaus erneuerbarer Energien bis 2030, die Verdopplung der jährlichen Energieeffizienzsteigerung bis 2030, sowie die beschleunigte Abkehr von fossilen Brennstoffen. Des Weiteren soll der natürliche Klimaschutz gestärkt und die globale Entwaldung bis 2030 beendet und umgekehrt werden. Auch die Kreislaufwirtschaft soll gemäß des ersten GSTs einen verstärkten Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten.
Stand der aktuellen Klimaschutzbeiträge bis 2030
Die Umsetzung der für das Zieljahr 2030 eingereichten Klimaschutzbeiträge (NDCs) würden bis 2030 einen Rückgang der Treibhausgasemissionen von 2,6 Prozent gegenüber 2019 bedeuten (UNFCCC Sekretariat NDC Synthesebericht 2024). Vergleicht man diese Zahlen mit den Aussagen des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC), wird deutlich, wie weit man mit diesen Plänen von den Zielen des Übereinkommens von Paris entfernt ist: Eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit kann nur erreicht werden, wenn die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent gegenüber 2019 zurückgehen. Die unter den aktuellen NDCs zu erwartenden Treibhausgasemissionen würden in dieser Dekade 86 Prozent des mit 1,5 Grad beziehungsweise 37 Prozent des mit 2 Grad Erderwärmung kompatiblen Kohlenstoffbudgets verbrauchen. Würden die Pläne nach aktuellem Stand umgesetzt, wäre das globale Kohlenstoffbudget, mit dem das Pariser Klimaziel von 1,5 Grad in Reichweite gehalten werden kann, im Jahr 2030 also zum größten Teil aufgebraucht.
So steuert die Welt laut UNEP Emissions Gap Report 2024 auf einen Temperaturanstieg von 2,6 bis 3,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu, es sei denn, die Länder verstärken ihre Maßnahmen und leisten mehr als sie bisher in ihren NDCs für 2030 unter dem Übereinkommen von Paris versprochen haben. Die Emissionen müssen bis 2030 gegenüber 2019 um mindestens 28 Prozent gegenüber aktuellen Politikszenarien gesenkt werden, um auf einen 2-Grad-kompatiblen Pfad zu gelangen beziehungsweise um mindestens 42 Prozent im Vergleich zu aktuellen Politikszenarien, um auf einen 1,5-Grad-kompatiblen Pfad zu gelangen. Bei aktuellen Politikszenarien, die im UNEP Emissions Gap Report 2024 berechnet wurden, handelt es sich um Emissionsszenarien, die auf der Annahme beruhen, dass keine weiteren Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden, die nicht bereits angestoßen, gesetzlich vorgeschrieben oder geplant wurden. Zwischen den bislang in einzelnen Ländern politisch umgesetzten und geplanten Klimaschutzmaßnahmen und den aktuell eingereichten Klimazielen der Länder bis 2030 zeigt sich eine beachtliche Lücke (die sogenannte Umsetzungslücke).
Neue Klimaschutzbeiträge kompatibel mit 1,5 Grad
Der sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) stellt fest, dass zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels ein Rückgang globaler Treibhausgasemissionen von 60 Prozent bis 2035 gegenüber 2019 nötig wäre. Gegenüber aktuellen Politikszenarien müssten die Emissionen bis 2035 um mindestens 57 Prozent im Vergleich zu 2019 gesenkt werden, um auf einem 1,5-Grad-kompatiblen Pfad zu gelangen. Ausgehend von verstärkten Klimaschutzmaßnahmen ab dem Jahr 2024, wäre ein jährlicher globaler Rückgang der Emissionen von 7,5 Prozent nötig, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu überschreiten. Diese Zahlen müssen in die Ausgestaltung der neuen NDCs einfließen, um das 1,5-Grad-Ziel von Paris in Reichweite zu halten.
Die Ziele in den NDCs sollten transparent, das heißt ohne Schlupflöcher, wirtschaftsweit, alle Sektoren und Treibhausgase umfassend und mit einem absoluten, quantifizierbaren Zielwert zum Ausstoß von Treibhausgasen formuliert werden. Sie sollten klar beschreiben, mit welchen Maßnahmen und Politiken Klimaschutzbeiträge umgesetzt werden, die einerseits einen fairen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten und andererseits die Ziele der globalen Bestandsaufnahme widerspiegeln.
Zusätzlich zu den NDCs ruft das Übereinkommen von Paris alle Vertragsstaaten dazu auf, langfristige Niedrigemissionsstrategien (long-term low greenhouse
gas emission development strategies – LT-LEDS) auszuarbeiten. Nachdem viele Länder diese Langfriststrategien in den letzten Jahren eingereicht haben, wird nun erwartet, dass die neuen NDCs einen Meilenstein zur Erreichung dieser Langfriststrategien darstellen.
Arbeiten des UBAs zu NDCs auf internationaler Ebene
Das Umweltbundesamt (UBA) ko-koordiniert auf Fachebene den Austausch der NDC-Expert*innen der EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission innerhalb der internationalen Klimaverhandlungen.
Im NDC-Zyklus von 2020/2021, in dem NDCs mit dem Zieljahr 2030 vorgelegt wurden, entwickelte das Umweltbundesamt eine Methode zur systematischen Analyse der NDC-Ausgestaltung. Diese ermöglichte auch einen Vergleich zu vorherigen NDCs. Anhand der Methode wurden im Projekt NDCs aus 20 verschiedenen Ländern untersucht. Die Analyse zielte darauf ab, alle Elemente zu erfassen, die unabdingbar für die Ambitionssteigerung sind. Dazu zählen die Ambitionssteigerung von Treibhausgas-Minderungsanstrengungen sowie Vollständigkeit, Umsetzbarkeit und Transparenz von Klimaschutzzielen. Ziel war es zum einen, die Ambitionen, Anstrengungen und Ausrichtung der Klimaschutzpläne von Ländern differenziert einzuordnen und somit eine Lücke bereits bestehender NDC-Analyseinstrumente zu schließen. Zum anderen kann die Analysemethode bei der Ausarbeitung neuer NDCs genutzt werden, um sicherzustellen, dass alle wichtigen Elemente im NDC enthalten sind. Die Projektergebnisse sind hier auf der Projektwebseite verfügbar und in einer Infografik zusammengefasst.