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ENTWURF - Naturbasierte Klimaanpassung in Kommunen

Grünanlage mit Gewässer in der Stadt Leipzig.
© Martina Schikore / Fotolia.com

Kommunen suchen nach nachhaltigen und kosteneffizienten Lösungen, um sich besser an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Dabei gewinnen naturbasierte Ansätze (engl. Nature-based Solutions; NbS) an Bedeutung. NbS nutzen die Kräfte der Natur, um Herausforderungen in Städten, wie Klimaanpassung, Klimaschutz, Artenvielfalt, Gesundheit, soziale Integration und Katastrophenschutz, zu bewältigen.

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist naturbasierte Klimaanpassung?

Die Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) definiert NbS als Maßnahmen, die natürliche oder veränderte Ökosysteme schützen, erhalten, wiederherstellen und nachhaltig nutzen. Diese Maßnahmen adressieren gleichzeitig soziale, wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen effizient.

NbS haben in der Regel ein primäres Ziel (z. B. ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠, ⁠Klimaschutz⁠, Erhalt der biologischen Vielfalt, Hochwasserschutz) und gewisse Zusatznutzen. Sie sind also per Definition multifunktional. Naturbasierte Klimaanpassung umfasst NbS, mit dem primären Ziel, die Folgen des Klimawandels auf Menschen und Ökosysteme abzumildern. Solche NbS, die zur kommunalen Klimaanpassung beitragen, fördern gleichzeitig städtische ⁠Biodiversität⁠ und helfen bei der Lösung anderer gesellschaftlicher Herausforderungen. Denn NbS verbessern die Lebensqualität, fördern die psychische und physische Gesundheit und stärken den sozialen Zusammenhalt in Stadtteilen. Das gelingt durch zugängliche Grünflächen, Gewässer sowie Erholungs- und Freizeitangebote.

Neben dem sozialen Nutzen haben NbS auch einen ökologischen und einen ökonomischen Nutzen. NbS fördern die biologische Vielfalt, schaffen neue Lebensräume und werten bestehende Grünflächen auf. Außerdem stärken sie die Wirtschaft, indem sie grüne Arbeitsplätze schaffen, Geschäftsmöglichkeiten eröffnen und Abwasser- sowie Energiekosten senken.

 

Naturbasierte Klimaanpassung in der kommunalen Praxis

Kommunen haben bei der Planung und Umsetzung von naturbasierter Klimaanpassung eine Schlüsselrolle. Sie sind verantwortlich dafür, NbS auf öffentlichen Flächen umzusetzen und zu pflegen. Außerdem schaffen sie den Rahmen für die Umsetzung durch Dritte, etwa durch kommunale Raum- und Fachplanungen. Kommunen überwachen zudem durch entsprechende Monitoring- und Evaluierungssysteme, wie wirksam die umgesetzten Maßnahmen sind.

Naturbasierte Klimaanpassung fördert die behördenübergreifende Zusammenarbeit und kann komplexe gesellschaftliche Herausforderungen kosteneffizient adressieren. Da NbS als multifunktionale Lösungen oft sichtbare und vielfältige Vorteile bieten, motivieren sie die Bevölkerung, sich an Planungs- und Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Die Planung und Umsetzung von NbS stellt Kommunen jedoch auch vor Herausforderungen. NbS erfordern einen langfristigen Planungshorizont und oft mangelt es Kommunen an personellen und finanziellen Ressourcen, um NbS umzusetzen. Überdies erweist sich häufig die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren und Disziplinen, die für die Planung und Umsetzung multifunktionaler NbS notwendig ist, als schwierig. Um den langfristigen Erfolg zu sichern, ist es entscheidend, Akzeptanz zu schaffen und die Bevölkerung aktiv einzubeziehen.

 

Typen naturbasierter Lösungen für die städtische Klimaanpassung

Es kann grob zwischen den folgenden vier Typen naturbasierter Klimaanpassung unterschieden werden:

  1. Schutz, Wiederherstellung und Schaffung von Grünflächen im urbanen Raum,
  2. Pflanzung von Stadtbäumen,
  3. Verbesserung des städtischen Wassermanagements und
  4. Begrünung von Fassaden und Dächern.

Städtische NbS reichen von einzelnen kleinen Maßnahmen an Gebäuden oder Straßen, wie Fassadenbegrünung oder einzelnen Bäumen, bis hin zu großangelegten, systematischen Entwicklungen von NbS in einem städtischen Gebiet, wie die strategische Pflanzung von Bäumen als ökologisches Netzwerk, Gestaltung von Parks oder die großflächige Renaturierung von Bächen.

Infografik zu multifunktionalen urbanen naturbasierten Lösungen und ihren Wirkungen. Die Wirkungen umfassen z.B. eine Verbesserung der Luftqualität sowie Lärmreduktion, aber auch Hitzereduktion durch Evapotranspiration.
Multifunktionale urbane naturbasierte Lösungen und ihre Wirkungen
Quelle: Ecologic Institut

1. Grünflächen im urbanen Raum

Grünflächen in Städten, wie Parks und Wälder oder neugestaltete und aufgewertete Brachflächen, senken die Luft- und Oberflächentemperatur im Vergleich zu versiegelten Flächen erheblich. Dadurch mildern sie den städtischen Hitzeinseleffekt.

Praxisbeispiel: Die Stadt Wien hat im Rahmen ihrer Urban Heat Island Strategy zahlreiche NbS umgesetzt, um die städtische Erwärmung zu verringern. Dazu gehören die Begrünung von Straßen und Freiflächen sowie die Umwandlung von Brachflächen in „städtische Wildnis“.

2. Pflanzung von Stadtbäumen

Das Pflanzen von Stadtbäumen und anderen Gehölzen entlang von Straßen, auf Plätzen und Parkplätzen hilft, den Regenwasserabfluss bei ⁠Starkregen⁠ zu verringern. Das Rückhaltevermögen hängt von der Anzahl, Dichte, Größe, Art und Anordnung der Bäume ab. Stadtbäume speichern zudem Kohlenstoff (u. a. abhängig von Art, Alter und offenem Boden), verbessern die Luftqualität und beeinflussen das Mikroklima positiv. Sie spenden Schatten, senken die Lufttemperatur und mindern so den Hitzeinseleffekt.

Praxisbeispiel: Die Stadt Leipzig erweitert mit ihrem Straßenbaumkonzept Leipzig 2030 den Baumbestand und macht ihn zu einem wichtigen Teil der grünen Infrastruktur.

3. NbS zur Verbesserung des städtischen Wassermanagements

NbS für ein verbessertes Wassermanagement in Städten umfassen unter anderem Flussrenaturierungen, die Wiederöffnung verrohrter Wasserläufe, Ufervegetationsstreifen, Rigolen, Feuchtgebiete und durchlässige Beläge. Diese Maßnahmen sind oft Teil von Schwammstadtkonzepten. Der Rückbau versiegelter Flächen im öffentlichen und privaten Raum ermöglicht die Umsetzung solcher Lösungen. Ziel ist es, den Oberflächenabfluss zu steuern, das Risiko von Überschwemmungen bei Starkregen zu senken und den Wasserhaushalt der Landschaft zu regulieren. Studien zeigen zudem die positiven Effekte grüner Maßnahmen, wie Ufervegetationsstreifen, auf die Wasserqualität von Oberflächengewässern und können traditionelle Lösungen oft sinnvoll ergänzen. Sie können die ⁠Verdunstung⁠ fördern und dabei helfen, den Hitzeinseleffekt in Städten zu reduzieren. Zudem bieten diese NbS Lebensraum für verschiedene Tier- und Pflanzenarten.

Praxisbeispiel: Im Stadtviertel Østerbro hat die Stadt Kopenhagen unter anderem innovative Maßnahmen zur Bewältigung von Starkregenereignissen umgesetzt und setzt dabei sowohl auf naturbasierte als auch auf „graue Maßnahmen“, die sich gegenseitig ergänzen. Es wurden durchlässige Oberflächen, Gründächer und Regenwassersammelsysteme installiert, um Regenwasser nachhaltig zu managen. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, Überflutungen zu minimieren, die ⁠Grundwasserneubildung⁠ zu unterstützen und so die städtische Umgebung resilienter gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu machen.

4. Dach- und Fassadenbegrünung

Dach - und Fassadenbegrünungen können das Wasser- und Wärmemanagement in dicht besiedelten Gebieten verbessern, ohne viel Platz zu benötigen. Grüne Dächer halten Regenwasser zurück und verringern das Überschwemmungsrisiko bei Starkregen. Grüne Fassaden senken die Lufttemperatur und den Energiebedarf und verbessern die Luftqualität (EEA 2021). Eine ökologische Gestaltung von Dach- und Fassadenbegrünungen fördert gleichzeitig die Biodiversität, da sie Rückzugsorte für Vögel und Insekten in dicht bebauten Gebieten schaffen. Begrünte Dächer können zudem als „Dachgarten“ genutzt werden und den sozialen Austausch fördern.

Praxisbeispiel: Die Stadt Hamburg hat 2014 eine Gründachstrategie verabschiedet. Das Ziel es ist, mindestens 70 Prozent sowohl der Neubauten als auch der geeigneten zu sanierenden, flachen oder flach geneigten Dächer zu begrünen. Bis 2024 unterstützt die Behörde für Umwelt, ⁠Klima⁠, Energie und Agrarwirtschaft das Projekt mit 3,5 Mio. Euro.

Luftbild eines Stadtquartiers mit Grünanlagen und Solarpanelen auf den Dächern.

Einbettung in die kommunale Praxis

Naturbasierte Lösungen (NbS) bieten viele gesellschaftliche Vorteile, wie Klimaanpassung, Förderung der Biodiversität und Verbesserung der Lebensqualität. Ihre Integration in die kommunale Planung wird jedoch durch strukturelle und rechtliche Barrieren erschwert. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Lösungsansätze und erläutert den gesetzlichen Rahmen für die Umsetzung und Förderung von NbS. weiterlesen

Hochhaus mit Begrünung durch Balkonpflanzen.

Finanzierung und Förderung

Die Umsetzung von naturbasierten Lösungen (NbS) für Klimaanpassung in Kommunen kann auf unterschiedlichen Wegen finanziert werden, wie zum Beispiel Umweltabgaben, Förderprogramme, Finanzierungsmodelle oder Kooperation mit privaten Akteuren. Die vielfältigen ökonomischen, ökologischen und sozialen Vorteile sprechen für Investitionen in NbS und tragen zur nachhaltigen Entwicklung von Kommunen bei. weiterlesen

Zwei Personen hocken, ins Gespräch vertieft, in einer Gartenanlage.

Zusammenarbeit und Partizipation

Um multifunktionale naturbasierte Lösungen (NbS) erfolgreich zu planen und umzusetzen, bedarf es oft einer umfassenden Zusammenarbeit über verschiedene Ämter und Fachbehörden hinweg. Zudem sind synergetische Ansätze und partizipative Methoden zur Einbindung der Zivilgesellschaft und von Verbänden entscheidend. weiterlesen

Eine Person in grünen Gummistiefeln und roten Schutzhandschuhen entnimmt einem Gewässer eine Wasserprobe. Im Vordergrund sind Wasserpflanzen zu sehen.

Monitoring und Evaluierung

Monitoring- und Evaluierungssysteme sind entscheidend, um die Wirksamkeit und den Fortschritt von naturbasierten Lösungen (NbS) in der Klimaanpassung zu messen. Sie liefern eine evidenzbasierte Grundlage für informierte Entscheidungen und sichern eine langfristige Anpassung an den Klimawandel. weiterlesen

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