Klimafolgen: Handlungsfeld Fischerei

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Der Klimawandel ist ein zusätzlicher Stressfaktor für die Fischbestände in Nord- und Ostsee.
Quelle: Susanne Kambor/KomPass

Generell werden durch den Klimawandel erhebliche negative Folgen für alle Arten der Fischerei erwartet. Für die Seefischerei sind insbesondere die zunehmende Erwärmung und Versauerung der Meere relevant. Für die Binnengewässerfischerei und die Fischzucht in Aquakulturen sind höhere Wassertemperaturen und die zunehmende Trockenheit von Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

 

Auswirkungen des Klimawandels auf Meere und die Seefischerei

Im maritimen Bereich müssen die Einflüsse des Klimawandels auf die Fischbestände (z. B. Verbreitung, Ertrag) grundsätzlich immer auch vor dem Hintergrund anderer Stressfaktoren wie Habitatverluste, Meeresverschmutzung und Fischerei betrachtet und beurteilt werden.

Stress durch erhöhte Meerwassertemperaturen: Fische werden als wechselwarme Tiere stark von der sie umgebenen Wassertemperatur beeinflusst. Für viele Fischarten bedeutet eine von ihrer spezifischen Optimumstemperatur abweichende Wassertemperatur Stress. Über einen längeren Zeitraum diesem Stress ausgesetzt werden Stoffwechsel und damit Wachstum, Reproduktion und Sterblichkeit der Fische beeinflusst. So bedingen erhöhte Wassertemperaturen schnelleres Wachstum, schnellere Eientwicklung und erhöhte Stoffwechselraten. Für Deutschland sind u.a. Änderungen der Wassertemperatur in der Nord- und Ostsee relevant. Im Zeitraum von 1969 bis 2017 hat sich die mittlere jährliche Oberflächentemperatur der Nordsee um 1,3 Grad erwärmt. Die absolute Erwärmung der Ostsee im Zeitraum von 1980 bis 2015 liegt für die westliche Ostsee bei 1,6 Grad an der Oberfläche sowie bei 1,9 Grad in 20 Meter Tiefe. Hier wird je nach ?⁠Klimaszenario⁠? angenommen, dass die Ostsee bis zum Ende des Jahrhunderts an der Oberfläche im Mittel um 2 bis 3 Grad wärmer sein wird und sommerliche Oberflächenwassertemperaturen über 18 Grad Celsius bis zu einem Monat länger auftreten könnten als bisher.

Auswirkungen auf die Phänologie von Fischen: Eine erhöhte Meerestemperatur kann die Phänologie von Fischen derart verändern, dass sich die zeitliche Synchronisation bestimmter Entwicklungsphasen auflöst. So bestimmt die Wassertemperatur im Frühling, wann die Laichwanderung des Atlantischen Herings (Clupea harengus) in die Ostsee beginnt und Heringsweibchen ihre Eier ablegen. Werden diese Wassertemperaturen früher im Jahr erreicht, entwickeln sich die Fischeier schneller und die Larven schlüpfen eher. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Laichwanderung und das „Startsignal“ zum Ablaichen in vergangenen Jahren im Kalender immer weiter nach vorne verschoben haben. Dies kann dazu führen, dass die Heringslarven bereits schlüpfen bevor die Frühjahrsplanktonblüte eingesetzt hat und damit würde ihnen kaum Planktonnahrung zur Verfügung stehen, d. h die Nahrungsbeziehung ist entkoppelt. Das mangelnde Nahrungsangebot führt zu einer erhöhten Belastung der Jungtiere in ihrer empfindlichsten Lebensphase und zum Absterben. Eine derartige asynchron verlaufende Entwicklung („Nahrungs-Mismatch“) ist, neben der intensiven Fischerei, eine der Erklärungen für die beobachteten Einbußen der Heringsbestände in der Ostsee seit den 1990er Jahren.

Stress durch Sauerstoffmangel und ⁠Eutrophierung⁠: In unmittelbarer Verbindung zur Wassertemperatur steht die Sauerstoffverfügbarkeit für die Meerestierwelt. Mit steigender Temperatur nimmt die Gaslöslichkeit ab, im Gegensatz dazu steigt jedoch der Bedarf an Sauerstoff für den Stoffwechsel. Die Zahl der küstennahen Gewässer mit Sauerstoffmangel und sogenannte „tote Zonen“ weiten sich aus und beeinträchtigen die Küsten-Ökosysteme und die Fischereiwirtschaft. Für die „toten Zonen“ in den küstennahen Gewässern ist der Nährstoffeintrag vom Land eine der Hauptursachen. Von der hohen Nährstoffbelastung (Eutrophierung) der Küstengewässer profitieren fädige Braunalgen (z.B. der Gattungen Pilayella und Ectocarpus), die sich massenhaft ausbreiten können. Diese Algen wachsen auf den Seegräsern und Laichkräutern, die die wichtigsten Heringslaichbetten bilden. Die Pflanzenbetten werden dadurch langfristig geschädigt. Die Braunalgen profitieren zudem von milden Wintertemperaturen.

Stress durch Meeresversauerung: Steigt der Kohlendioxidgehalt in der ⁠Atmosphäre⁠, nehmen die Meere mehr ⁠Kohlendioxid (CO2)⁠ auf. In der Folge sinkt der ⁠pH-Wert⁠ des Meerwassers, die Meere versauern. Seit Beginn der industriellen Revolution sind die Meere um fast 30 Prozent saurer geworden, der durchschnittliche pH-Wert der Meeresoberfläche ist von 8,2 auf 8,1 gesunken. Bis zum Jahr 2100 wird der pH-Wert der Ozeane voraussichtlich um weitere 0,3 bis 0,4 Einheiten sinken und das Meerwasser so um 100 bis 150 Prozent saurer werden. Fische gelten als relativ unempfindlich gegenüber der ⁠Versauerung⁠. Dennoch könnte sie sich direkt auf das Verhalten und die Physiologie von Fischen auswirken. Sinkt der pH-Wert des Meerwassers, so sinkt auch der pH-Wert in den Körperflüssigkeiten der meisten Lebewesen und es kann zu einem Säureungleichgewicht kommen. Fische können ihren Säurehaushalt innerhalb von Stunden oder Tagen regulieren. Das kostet allerdings Energie, die für das Wachstum und die Fortpflanzung fehlen kann. Die Versauerung der Meere stellt eine Gefahr für kalkbildende Lebewesen dar (z.B. schalenbildendes Plankton). Durch saures Wasser wird die Bildung von Innenskeletten oder Schutzhüllen aus Calciumcarbonat (Kalk) erschwert, die Schalen und Kalkskelette dieser Meeresbewohner werden dünner oder lösen sich womöglich auf. Da diese Organismen eine Grundlage der Nahrungspyramide im Meer sind, ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die Nahrungskette im Meer mit Folgen auch für die Fischpopulationen.

Veränderung der Artenzusammensetzung und räumlichen Verteilung von Fischen: Durch die Veränderung der Meerestemperatur könnten Werte erreicht werden, die außerhalb der ökologischen Präferenz der Fischarten liegen. Hierdurch ergeben sich Veränderungen in der Fischartenzusammensetzung und der Verteilung der Fischarten, wie sie bereits in der Nord- und Ostsee zu beobachten sind. Als offenes Randmeer des Atlantiks bietet die Nordsee generell den Fischarten mehr Möglichkeiten, ihre Lebensräume mit den klimawandelbedingten steigenden Meereswassertemperaturen zu verschieben. So ist zu beobachten, dass sich der Lebensraum kälteliebender Fischarten, z. B. Kabeljau (Gadus morhua), Atlantische Makrele (Scomber scombrus), Lodde (Mallotus villosus), Seelachs (Pollachius virens) und Blauer Wittling (Micromesistius poutassou) in Richtung Pol und damit in kühlere Regionen verschiebt. Auch der Scholle (Pleuronectes platessa) ist die „Kinderstube“ Wattenmeer zu warm geworden. Die Jugendstadien wandern bereits in die Nordsee ab. Hingegen ermöglicht der Anstieg der Wassertemperaturen und das Ausbleiben sehr kalter Winter wärmeliebenden Fischarten aus südlicheren Meeresgebieten die Einwanderung, Überwinterung und Fortpflanzung in der Nordsee. Hierzu gehören z. B. der Seehecht oder Hechtdorsch (Merluccius merluccius), die Sardine (Sardina pilchardus), die Sardelle (Engraulis encrasicolus), die Rote Meerbarbe (Mullus barbatus) und der Wolfsbarsch (Dicentrarchus labrax). In der Ostsee könnte der kälteliebende Dorsch, für viele Fischereibetriebe der westlichen Ostsee eine zentrale Einkommensquelle, nach Norden in Richtung Arktis auswandern. Dagegen können andere Fischarten in die Ostsee einwandern und dort heimisch werden. Die Dicklippige Meeräsche (Chelon labrosus) zieht mittlerweile regelmäßig im Frühjahr aus der Nordsee ein, wenn das Wasser sich bei 11 Grad einpendelt, bleibt bis zum Herbst und wandert dann wieder zurück zum Laichen in die Nordsee. Auch Sardelle, Sardine, Rote Meerbarbe und Dorade wandern mehr und mehr um Jütland (Dänemark) herum in die Ostsee ein. In der Ostsee breitet sich zudem seit den letzten Jahrzehnten die Schwarzmund-Grundel (Neogobius melanostomus) in riesigen Mengen aus. Ihre natürlichen Verbreitungsgebiete sind die Küstenbereiche des Schwarzen und Kaspischen Meeres. Die Grundel ist gegenüber Temperaturschwankungen, geringem Sauerstoffgehalt sowie unterschiedlich hohem Salzgehalt tolerant. Aufgrund ihrer Ausbreitungsfreudigkeit und Fortpflanzungspotenz gilt sie als invasive Art, die gegenüber vielen heimischen Arten als Nahrungs- und Raumkonkurrent auftritt. Das Bundesamt für Naturschutz hat die Schwarzmund-Grundel bereits 2010 als invasive Art in die Schwarze Liste invasiver Arten aufgenommen.

Indikator⁠ aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Verbreitung warmadaptierter mariner Arten

 

Auswirkungen des Klimawandels auf Binnengewässer

Bei Binnengewässern sind Auswirkungen des Klimawandels auf den Fischbestand in Fließgewässern (Flüsse und Bäche) und Standgewässern (Seen) zu unterscheiden. Vor allem steigende Temperaturen und zunehmende Niedrigwasserphasen sowie Änderungen in der Zusammensetzung und räumlichen Verteilung der Fischarten wirken sich auf die Fischbestände und damit auf die Binnenfischerei aus. In Binnenseen wird zudem das Schichtungsverhalten von Oberflächen- und Tiefenwasser beeinflusst.

Stress durch erhöhte Wassertemperaturen: Auch in Fließ- und Standgewässern können höhere Wassertemperaturen zu einem verstärkten Stress bei Fischen führen. Dies betrifft besonders die Zeit der Fortpflanzung und das Frühstadium eines Fischlebens als Embryo. Schon eine Abweichung von + 0,5 Grad Celsius vom oberen Temperaturgrenzwert (im Sommer 21,6 Grad Celsius) kann zu einer Beeinträchtigung der Bachforellenbestände führen, die eher kühle und sauerstoffreiche Fließgewässer bevorzugen. Hohe Wassertemperaturen beeinflussen zudem die Atmung der Fische. Die Erwärmung verringert die Gaslöslichkeit des Wassers, wodurch die Sauerstoffkonzentration im Wasser sinkt und ein höheres Risiko von Fischsterben durch Sauerstoffmangel resultiert. In Binnenseen sind Fischarten, die eher kälteliebend und sauerstoffbedürftig sind, wie Felchen (Coregonus-Arten) und die Quappe (Lota lota) durch steigende Wassertemperaturen in ihrer Populationsdynamik betroffen. So scheint sich die Quappe im Bodensee schon seit einigen Jahren nicht mehr zu reproduzieren. Im Ei-Stadium ist sie besonders temperatursensitiv. Bereits Temperaturen von sechs bis sieben Grad Celsius schaden der Eientwicklung in frühen Stadien und können zu Totalausfällen führen.

Veränderung der thermischen Struktur und Sauerstoffverhältnisse von Binnenseen: Eine der deutlichsten Auswirkungen der Klimaerwärmung auf tiefe Binnenseen betrifft deren thermische ⁠Schichtung⁠. Tiefe Seen zeichnen sich im Sommer durch unterschiedlich warme Wasserschichten aus: oberflächennahes warmes Wasser (Epilimnion) schichtet sich über das kalte Tiefenwasser (Hypolimnion). In der kalten Jahreszeit wird diese Schichtung aufgehoben. Durch Zirkulation erfolgt ein Eintrag von Sauerstoff in das Tiefenwasser, die Seen sind durchmischt. Durch die Folgen des Klimawandels verlängert sich die Schichtungsdauer. Die Schichtung beginnt früher im Jahr und wird stabiler. Der sonst stattfindende vertikale Austausch zwischen den Schichten nimmt ab. Während der Schichtungsphase wird nur das Oberflächenwasser mit atmosphärischem Sauerstoff versorgt. Im Tiefenwasser verbleibt lediglich der Sauerstoff, der nicht durch Abbauprozesse verbraucht wird. Für den Bodensee konnte gezeigt werden, dass vertikale winterliche Durchmischungen bereits heute seltener stattfinden und dazu öfter schwach bzw. unvollständig bleiben. Dieser Trend wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen. Durch höhere Wassertemperaturen und Nährstoffkonzentrationen werden im Oberflächenwasser größere Biomassen durch Algen gebildet. Diese sinken nach Ihrem Absterben in das Tiefenwasser und werden dort unter Sauerstoffverbrauch zersetzt. So sinkt der Sauerstoffgehalt des Tiefenwassers und es bilden sich sauerstofffreie (anaerobe) Zonen im Hypolimnion. Infolgedessen können durch chemische Prozesse zuvor im Sediment gebundene Nährstoffe (z. B. Phosphor) freigesetzt werden. Dies führt zu einer „internen Düngung“ und damit zu einer Verschlechterung der Wasserqualität. Unter zukünftig wärmeren Klimaszenarien bedeutet dies, dass externe Nährstofffrachten (z.B. durch die Landwirtschaft) in Standgewässer noch stärker als bislang verringert werden müssen, um den Effekt der „internen Düngung“ zu kompensieren.

Algenblüten: Höhere Wassertemperaturen, eine längere Schichtungsdauer sowie hohe Nährstoffkonzentrationen im Oberflächenwasser begünstigen die Entwicklung von ⁠Cyanobakterien⁠ (Blaualgen). Aufgrund ihrer oftmals fädigen Struktur und der Tendenz, Kolonien zu bilden, entziehen sie sich weitgehend dem Fraßdruck durch das Zooplankton. Cyanobakterien können so an der Wasseroberfläche dichte Blütenteppiche („Algenblüten“) bilden. Die meisten Cyanobakterien sind für den Menschen harmlos, können jedoch den Freizeitwert eines Sees als Badegewässer stark einschränken. Einige Gattungen der Cyanobakterien produzieren allerdings eine Reihe von sekundären Stoffwechselprodukten, die toxisch wirken und Fische schädigen können. Einige der Toxine können auch für Menschen gesundheitsgefährdend sein und bei Badenden allergische Hautreaktionen und Entzündungen hervorrufen.

Stress durch Trockenheit und Starkniederschläge: Infolge hoher Wasserverdunstung in Hitzeperioden sowie sehr geringer Sommerniederschläge kann es in kleinen Fließgewässern zu kritisch geringen Wasserständen kommen. In Extremfall fallen die Gewässer trocken, was zu katastrophalen Entwicklungen der Fischbestände und des gesamten Ökosystems führen kann. Durch die reduzierte Wasserführung kann sich die Durchgängigkeit und Vernetzung der Gewässerlebensräume verringern, insbesondere in kleineren Oberläufen. Für wandernde Fischarten hat dies negative Auswirkungen auf das Laichgeschäft. In Flachseen kann es während der Niedrigwasserphasen zu einer beschleunigten Verlandung von strukturierten Uferbereichen kommen und damit zu einem Verlust wichtiger Reproduktions- und Jungfischhabitate. Niedrige Wasserstände können zudem den Prädationsdruck durch fischfressende Tiere (z. B. Kormoran) erhöhen und so zu weiteren Schäden an Fischbeständen führen. Die kommerzielle Fischerei ist in diesen Randbereichen durch die niedrigen Wasserstände stark eingeschränkt. Durch Starkregenereignisse kann es in Fließ- und Standgewässern zu erhöhter Wassererosion und in Folge zu einem erhöhten Eintrag von Feinsedimenten in die Fließgewässer kommen. Dieser Eintrag führt in Fließgewässern zu einer verstärkten Verdichtung bzw. „Verstopfung“ des Kieslückensystems der Gewässersohle und somit zu einem Verlust von Lebensräumen und Laichplätzen (z.B. für kieslaichende Forellenarten). In Binnenseen können erhöhte Einträge von organischen Substanzen und Nährstoffen die Algenentwicklung und bakterielle Aktivität befördern und zu einem Sauerstoffmangel führen.

Veränderung der Zusammensetzung und räumlichen Verteilung von Fischarten: In Fließgewässern kann es durch höhere Wassertemperaturen zu einer rückläufigen Verbreitung von kälteliebenden Fischarten der Familie der Salmoniden oder Lachsfische, z. B. Bachforelle (Salmo trutta), Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) Bachsaibling (Salvelinus fontinalis), Äsche (Thymallus thymallus) sowie Coregonen-Arten (z.B. Felchen, Maräne) kommen. Damit verbunden wäre eine verringerte fischereiliche Nutzbarkeit dieser Bestände. Auch andere kälteliebende Fischarten wie Quappe (Lota lota), Groppe (Cottus gobio) und Strömer (Telestes souffia) bevorzugen sommerkühle Seen bzw. kühle Flüsse als idealen Lebensraum. Es ist davon auszugehen, dass mit zunehmender Erwärmung der Fließgewässer sich langfristig die für kälteliebende Fischarten geeigneten Lebensräume in höhere Lagen und tiefere Gewässerabschnitte verschieben werden. In anderen Regionen, wo es diese Ausweichmöglichkeiten nicht gibt, werden diese Arten drastisch abnehmen. Auf der anderen Seite werden wärmetolerante Fischarten von erhöhten Wassertemperaturen in Fließ- und Standgewässern profitieren und ihre Lebensräume ausweiten können, z. B. Karpfen (Cyprinus carpio), Bitterling (Rhodeus amarus), Rotauge (Rutilus rutilus), Gründling (Gobio gobio), Ukelei (Alburnus alburnus), Brachse (Abramis brama) und Wels (Silurus glanis). Bei Fischarten in Standgewässern sind weiträumige Zu- und Abwanderungsmöglichkeiten aufgrund der oftmals isolierten Gewässerlage problematischer. Ihnen bleiben meist nur Wechsel zwischen den Lebensräumen innerhalb eines Gewässers. Fischarten mit einer breiten Temperaturtoleranz, wie beispielsweise viele Cypriniden (Karpfenartige), werden sich in Standgewässern weiter ausbreiten, während Bestände von kaltliebenden Fischarten (z. B. Maräne, Renke, Felchen) hingegen auf lange Sicht zurückgehen bzw. regional erlöschen könnten.

Indikator⁠ aus dem ⁠Monitoring⁠ zur ⁠DAS⁠: Vorkommen wärmeliebender Arten in Binnengewässern – Fallstudie

Ausbreitung invasiver Fischarten: Bedingt durch klimatische Veränderungen können sich gebietsfremde Fischarten in Fließgewässern etablieren und ausbreiten. Hierzu zählt beispielsweise der Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva), der ursprünglich aus Ostasien stammt und mittlerweile in ganz Deutschland verbreitet ist. Er konkurriert mit heimischen Tieren um Nahrung, verdrängt Weißfischarten wie das Moderlieschen (Leucaspius delineatus) oder den Bitterling. Im Winter ernährt er sich parasitisch vom Muskelfleisch von Karpfen und Schleie und fügt ihnen mitunter tiefe Wunden zu. Ein weiterer Vertreter einer invasiven Art ist der Gemeine Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus), der ursprünglich im Osten Nordamerikas beheimatet ist. Als Nahrungs- und Lebensraumkonkurrent sowie Laichräuber ist er eine Gefährdung für den heimischen Fischbestand. Mit der Aufnahme in die Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung der EU im Jahr 2019 ist der Handel mit der Art in der Europäischen Union verboten.

Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten: Steigende Wassertemperaturen werden sich auch auf die Ausbreitung und Häufigkeit von Fischkrankheiten auswirken. Die proliferative Nierenkrankheit bei Fischen wird durch das parasitisch lebende Nesseltier Tetracapsuloides bryosalmonae hervorgerufen. Es befällt Forellenfische (Salmoniden), Äschen und Hechte in Wildbeständen und Aquakulturen und kann zu drastischen Reduzierungen der Bestände führen. Als weitere Fischkrankheit kann die Fisch-Furunkulose auftreten, die durch das Bakterium Aeromonas salmonicida hervorgerufen wird und besonders Bachforelle und Saibling befällt. Sie tritt bei allen Altersklassen und gehäuft im Sommer bei hohen Wassertemperaturen, Sauerstoffmangel und anderen Stressfaktoren auf. Die Süßwasser-Aal-Rotseuche, hervorgerufen durch das Bakterium Aeromonas hydrophila, tritt in flachen und nährstoffreichen Seen mit hoher Bestandsdichte bei Wassertemperaturen oberhalb von 24 °C bei Aalen auf.

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Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischzucht in Aquakulturen

Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischzucht in Aquakulturen betrifft in Deutschland insbesondere die Forellen- und Karpfenzucht. Dabei spielen Faktoren wie Erhöhung der Wassertemperaturen, die Verringerung des Sauerstoffgehaltes, die Zunahme von Extremwetterereignissen (z. B. Trockenperioden, Starkregenereignisse) sowie die Verbreitung von Pathogenen und Parasiten eine wesentliche Rolle.

Stress durch erhöhte Wassertemperaturen und niedrigem Sauerstoffgehalt: Bei Fischarten, die wie die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) kühles sauerstoffreiches Wasser benötigen, ist davon auszugehen, dass steigende Wassertemperaturen in Aquakulturen Stress bei den Fischen auslösen und damit negative Auswirkungen auf die Fischzucht haben. Der Stress kann zu Fischkrankheiten und erhöhter Mortalität führen. In wärmerem Wasser ist das Pflanzenwachstum begünstigt. Die zunehmende ⁠Biomasse⁠ verbraucht, wenn sie abstirbt, bei den Abbauprozessen den im Wasser gelösten Sauerstoff. In Folge kann es zu Sauerstoffmangelsituationen für Fische kommen. Für die Karpfenteichwirtschaft sind die steigenden Wassertemperaturen voraussichtlich sogar förderlich, da der Karpfen (Cyprinus carpio) ein wärmeliebender Fisch ist und keine übermäßig hohen Ansprüche an den Sauerstoffgehalt in den Aquakulturteichen hat. Höhere Temperaturen führen zu einem schnelleren Wachstum und damit zu einer Ertragssteigerung für die Fischwirte.

Stress durch Extremwetterereignisse: In Folge steigender Temperaturen, Hitzeperioden und verminderter Niederschläge sinken die Teichpegel in den Aquakulturen. Dabei kann es bei hohen Lufttemperaturen nicht nur zu einer noch schnelleren Erwärmung des Wassers kommen, sondern auch zu erhöhten Nährstoff- und Schadstoffkonzentrationen, da Stoffeinträge weniger verdünnt werden. Dies kann sich schädlich auf den Fischbestand auswirken. Im Extremfall sind vorzeitige Notabfischungen notwendig. Durch das Einspeisen von kühlem sauerstoffreichen Wasser in die Fischzuchtanlagen während Hitzeperioden werden die Wasserpegel hoch und die Wassertemperaturen niedrig gehalten. Dies setzt jedoch eine permanente Verfügbarkeit von kühlem Wasser voraus. Problematisch wird es für Aquakulturbetriebe, wenn die Verlängerung bestehender bzw. der Erwerb neuer Wasserrechte nicht möglich ist. Eine Verlagerung von Fischzuchten an neue Standorte in größerem Rahmen ist eher unwahrscheinlich, da auch die Genehmigung von neuen Standorten in vielen Regionen Deutschlands restriktiv gehandhabt wird. Bei weiter ansteigenden Temperaturen könnte somit die Fischzucht in Aquakulturen in Teilen Deutschlands unwirtschaftlich werden, da die Versorgung mit kühlem sauerstoffreichen Wasser zunehmend aufwändig wird. Doch auch ein Zuviel an Wasser, verursacht durch Dauerregen oder Starkregenereignisse, kann Schäden an Aquakulturen verursachen. So kann es in Folge von Überschwemmungen, Sturzfluten, aufsteigendem Grundwasser, überlaufender Kanalisationen, Hangrutschungen und Verschlammungen zu Schäden an Teichen, Gebäuden, maschinellen Anlagen, Futtermitteln sowie an den Fischbeständen selbst kommen.