Stresstest Stadt – wie resilient sind unsere Städte?

Hintergrund und Ziele

Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab einen praxisorientieren Impuls zu geben. Schwerpunkt liegt darauf, die Kommunikation in den Städten und Gemeinden über Risiken und ⁠Resilienz⁠ zu initiieren. Es geht dabei nicht um einen empirisch abgesicherten Bericht über die Resilienz deutscher Städte. Das Test-Konzept ist vielmehr als Hilfestellung für Kommunen gedacht, die sich strategisch mit Fragen der Resilienz auseinandersetzen möchten. Der Stresstest kann und will keine fachlichen Detailanalysen zu den adressierten Themenbereichen ersetzen.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • länderübergreifend
Bundesland
  • Bundesweit

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

In Kapitel 2 des Berichts werden die Krise der Energieversorgung, ⁠Starkregen⁠ und die thermische Belastung als Beispiele für Stresstest-Klimaszenarien angewendet. 

Die ausgewählten Stressszenarien stellen mögliche, auf die Stadt zukommende negative Veränderungen dar, deren Ursachen nicht auf der kommunalen Ebene zu beeinflussen sind. Wesentliche Auswahlkriterien sind die Relevanz für die Stadtentwicklung, die didaktische Vermittelbarkeit (Robustheit und ⁠Anpassungsfähigkeit⁠) sowie die Signifikanz und die Intensität. Eine statistische Risikobewertung hinsichtlich Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit liegt der Auswahl indes nicht zugrunde. Als weitere Kriterien sind die Informationslage und die Datenverfügbarkeit sowie die Operationalisierbarkeit im Rahmen des Modells der funktionalen Stadt für die Auswahl und die Beschreibung der Szenarien von Bedeutung. Grundsätzlich ist das Konzept des Stresstests über die getroffene Auswahl hinaus erweiterbar. 

Die Bewertung der ⁠Resilienz⁠ erfolgt in ausgewählten Bereichen der Stadt anhand von Deskriptoren (vgl. Abbildung 4 im Bericht). Zur besseren Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit der Ergebnisse werden für die Erfassung der Auswirkungen der verschiedenen Krisen und Katastrophen und letztlich für die Bewertung der Resilienz die jeweils am stärksten betroffenen Deskriptoren ausgewählt. Negative Wirkungen können die urbanen Grundfunktionen dann beeinträchtigen, wenn die Deskriptoren, die je nach Stressszenario mit unterschiedlichen Indikatoren operationalisiert werden, nicht ausreichend robust und anpassungsfähig sind.

Krise der Energieversorgung

Die Sicherung der Energieversorgung ist für die Funktionsfähigkeit einer Stadt essenziell. Dies betrifft die Stromversorgung und die Bereitstellung von Wärme für Haushalte sowie ⁠Prozesswärme⁠ für Industrie gleichermaßen. Da in Deutschland und Europa immer weniger Energierohstoffe gefördert werden, spielen Energieimporte eine zentrale Rolle. 

Die Versorgungssicherheit hängt daher unmittelbar von der Verlässlichkeit der Lieferungen ab, die überwiegend aus Staaten außerhalb der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA stammen. Die Energieversorgung in Deutschland basiert aber zu einem erheblichen Anteil auf fossilen Brennstoffen. Zugleich wird die Energiewende vorangetrieben mit Anpassungserfordernissen an die überregionalen und auch an die lokalen Netze. Bereits kurzfristige Stromausfälle führen zu hohen volkswirtschaftlichen Schäden, längerfristige Stromausfälle zu krisenhaften Situationen, da nach und nach alle kritischen Infrastruktursysteme ausfallen (Informations- und Kommunikationssystem, Transport und Verkehrssystem mit allen Verkehrsträgern, Gesundheitssystem). Je höher in einer Stadt die spezifischen Verbrauchswerte in den Deskriptoren Wirtschaftsstruktur (z. B. Anteil energieintensive Industrie, Strombedarf pro Kopf), und technische Infrastruktur, insbesondere im Verkehrswesen (z. B. Modal Split etc.) sind, desto stärker wären sie von möglichen Verknappungen und Preisanstiegen der fossilen Energieträger aber auch von Stromausfällen betroffen.

Für das Stressszenario Krise der Energieversorgung wird angenommen:

  • Da immer mehr „schwankende Strommengen“ aus erneuerbaren Energien ins Netz eingespeist werden, sinkt die Sicherheit der Stromversorgung. 
  • Trotz der aktuell hohen Netzstabilität können zukünftig Risiken aufgrund der Transformation des Energiesystems nicht ausgeschlossen werden.  Insbesondere die bestehende Abhängigkeit Deutschlands von Erdgas-, Mineralöl- und Steinkohlenlieferungen vor allem aus Drittstaaten einschließlich Russland stellen ein strategisches Risiko dar.
  • Aufgrund der notwendigen Backup-Kapazität durch Gaskraftwerke im Zuge der Energiewende könnte sich die Abhängigkeit von Risiko behafteten Erdgasimporten weiter erhöhen.

Starkregen

Starkregenereignisse dauern i. d. R. nur kurz an und betreffen im Gegensatz zum Hochwasser meist ein kleineres Gebiet. Trotzdem können durch Starkregen hohe Schäden auftreten und in Stadtgebieten zumindest kurzfristig urbane Grundfunktionen erheblich belasten. Insbesondere ist die technische Infrastruktur (Straßen, öffentlicher Nah- und Fernverkehr) während eines Starkregenereignisses nicht bzw. nur sehr eingeschränkt funktionsfähig. Neben diesem eher kurzfristigen Stress führt Starkregen zu physischen Schäden an der technischen Infrastruktur und an Immobilien (Wohngebäude, öffentliche Gebäude), die zu einer finanziellen Belastung der privaten sowie öffentlichen Haushalte führen.

Für das Stressszenario Starkregen wird angenommen:

  • Die seltenen (Regenmengen >= 10 mm/1 Std. oder >= 20 mm/6 Std.) aber auch die außergewöhnlichen Starkregenereignisse (Regenmengen >= 25 mm/1 Std. oder >= 35 mm/6 Std.) werden zukünftig zunehmen.
  • Da die Kanalsysteme in Deutschland nur für normale Niederschläge (Bemessungsregen, definiert mit einer Wiederkehrzeit von bis Tn = 5 Jahre) ausgelegt sind, führen Regenereignisse mit einer Wiederkehrzeit von Tn > 5 Jahre zu einem Überstau der Kanalisation und demzufolge zu Überflutungen.
  • Aufgrund der prognostizierten Temperaturerhöhungen im Rahmen des Klimawandels werden sowohl die Eintrittswahrscheinlichkeit von Starkregenereignissen (Tage mit Starkniederschlag > 10 mm) als auch die Stärke des Niederschlags (mm pro Zeiteinheit) deutlich zunehmen. Im Extremfall können die derzeit noch als selten eingestuften Regenereignisse zukünftig zum „häufigen Regenereignis“ werden.

Thermische Belastung

Die im Gegensatz zum Starkregen eher schleichende Naturgefahr der ⁠Hitzewelle⁠ wirkt sich vornehmlich über die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung auf die Funktionsfähigkeit der Stadt aus. Insbesondere sind durch thermische Belastungen Senioren und Kleinkinder sowie die entsprechenden sozioökonomischen Infrastrukturen (Kindergarten, Seniorenheime etc.) betroffen. Die Funktion „Gesundheit der Bevölkerung“ ist Bestandteil des Deskriptors Umwelt. Indirekt können sich Hitzewellen zudem auf die Elektrizitäts- (durch den Ausbau von Klimaanlagen) und die Wasserversorgung (durch längere Trockenperioden) einer Stadt auswirken.

Für das Stressszenario thermische Belastung wird angenommen:

  • Städte sind aufgrund des Stadtklimas besonders stark von Temperaturerhöhungen betroffen (Hitzeinseln in Städten).
  • Die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung sind auch in den mittleren Breiten von Temperaturerhöhungen nachweislich negativ beeinflusst. 
  • Aufgrund der prognostizierten Erderwärmung ist mit einer Wahrscheinlichkeit von > 90 % mit höheren Maximumtemperaturen, einer Erhöhung der Anzahl von heißen Tagen sowie Hitzewellen zu rechnen (konservative ⁠Prognose⁠ mit Temperaturerhöhungen von ca. 2 Grad). 
  • Bei extremerem Ausfall des Klimawandels (Temperaturerhöhung von ca. 4 Grad) ist auch in den mittleren Breiten mit langandauernden trockenen Sommern und Dürreperioden zu rechnen.
Parameter (Klimasignale)
  • Hitzewellen
  • Sturzfluten

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Das Projekt des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ wurde vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (⁠BMUB⁠) durchgeführt.

Projektleitung 

Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung

Beteiligte/Partner 

 

  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
  • empirica AG
  • gaiac - Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V. an der RWTH Aachen
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Handlungsfelder:
 Gebäude  Energieinfrastruktur  Handlungsfeldübergreifend  Sonstige