WW-I-4: Hochwasser

Zu Niedrigwasser kommt es vor allem im Sommer und Frühherbst, wenn Niederschläge länger ausbleiben.zum Vergrößern anklicken
Schwere Hochwasserereignisse kommen immer wieder vor, auch wenn die Anzahl statistisch nicht zunahm.
Quelle: Seewald / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

WW-I-4: Hochwasser

Die Zeitreihen zum Hochwassergeschehen sind durch einzelne Hochwasserereignisse im Winter- und Sommerhalbjahr geprägt. Signifikante Trends gibt es nur in wenigen Fällen. Je nach Witterungskonstellation ergeben sich räumliche Schwerpunkte des Hochwasserauftretens. In der Regel sind davon aber mehrere Flussgebiete betroffen. Aufgrund der eingeschränkten Pegelauswahl für den ⁠Indikator⁠ werden nicht alle Hochwasserereignisse erfasst.

Das Säulendiagramm zeigt für die Jahre 1961 bis 2021 die Anzahl der Hochwassertage im hydrologischen Winterhalbjahr (1. November des Vorjahres bis 30. April) und im hydrologischen Sommerhalbjahr (1. Mai bis 31. Oktober) jeweils für das Flussgebiet der Donau, der Elbe, des Rheins, der Eider und der Weser.
WW-I-4: Hochwasser

Das Säulendiagramm zeigt für die Jahre 1961 bis 2021 die Anzahl der Hochwassertage im hydrologischen Winterhalbjahr (1. November des Vorjahres bis 30. April) und im hydrologischen Sommerhalbjahr (1. Mai bis 31. Oktober) jeweils für das Flussgebiet der Donau, der Elbe, des Rheins, der Eider und der Weser. Der Verlauf des Indikators ist durch einzelne Hochwasserereignisse geprägt, die in der Regel mehrere Flussgebiete beeinflussten. Signifikante Trends liegen nur für das hydrologische Sommerhalbjahr an den Flussgebieten der Elbe und Weser vor, an denen die Anzahl der Hochwassertage zwischen 1961 und 2021 gesunken ist.

Quelle: Abflusspegel der Länder

Hochwasserereignisse – nur wenige signifikante Trends


Im Vergleich zu den Schwankungen und Veränderungen des mittleren Abflusses (siehe ⁠IndikatorWW-I-3) sind Hochwasserereignisse stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit, da sie Menschen und Sachgüter ganz unmittelbar treffen können.

Die Zeitreihe seit 1961 macht deutlich, dass das Hochwassergeschehen von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Dies gilt sowohl für das Ausmaß von Hochwasserereignissen als auch deren jahreszeitliche Verteilung. Für den Indikator wurden für 75 über die Flussgebiete Deutschlands verteilte Pegel die Hochwassertage ausgewertet. Hochwassertage sind Tage, an denen der mittlere Tagesabfluss höher ist als der für den jeweiligen Pegel ermittelte mittlere Hochwasserabfluss (MHQ) der Referenzperiode 1961–1990. Der MHQ wird differenziert für das hydrologische Winterhalbjahr (1. November des Vorjahres bis 30. April) und das Sommerhalbjahr (1. Mai bis 31. Oktober) aus den jeweils höchsten Abflüssen (HQ) der einzelnen Halbjahre berechnet. Mittelt man die Anzahl der Hochwassertage über alle betrachteten Pegel eines Flussgebiets, wird deutlich, auf welche Flussgebiete sich das Hochwassergeschehen in welchen Jahren jeweils konzentriert hat. Hochwasserereignisse können durch regional begrenzte Witterungskonstellationen ausgelöst werden. Im Sommer sind dies in der Regel über mehrere Tage anhaltende Regenfälle oder Starkregenereignisse, die häufig sehr lokal begrenzt auftreten. Im Winter führen über mehrere Tage bis Wochen anhaltende Niederschläge oder häufig auch Tauwetterlagen verbunden mit Regenfällen zu Hochwasser, da es unter diesen Bedingungen innerhalb weniger Stunden zum ⁠Abfluss⁠ großer Wassermengen kommen kann.

Unter den Sommerhochwasserereignissen nach der Jahrtausendwende treten insbesondere die Jahre 2002 und 2013 hervor. Das Hochwasser im August 2002 betraf innerhalb Deutschlands vor allem das Elbe- und Donaugebiet. Es wurde durch tagelange extreme Regenfälle verursacht und führte zu wochenlangen Hilfseinsätzen, um die Flutkatastrophe zu bewältigen. Auch das Hochwasser Ende Mai und Anfang Juni 2013 wurde durch mehrtägige Regenfälle ausgelöst. Stark betroffen waren neben Deutschland und Österreich auch weitere Länder in Mittel- und Osteuropa. Der Mai des Jahres 2013 gehörte zu den niederschlagsreichsten seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen. Im Jahr 2017 sorgte im Juli das Tiefdruckgebiet Alfred für mehrtägige Regenfälle und führte vor allem im Harz und Harzvorland zu Hochwasser. Entsprechend war auch das Flussgebiet der Weser am stärksten betroffen.

Zum jüngsten großen Winterhochwasser kam es im Januar 2011 mit räumlichem Schwerpunkt im Elbe- und Maingebiet, aber auch die anderen großen Flussgebiete waren betroffen. Dem Hochwasser ging ein vergleichsweise niederschlagsreicher Dezember voraus, in dem sich auch in tieferen Lagen erhebliche Schneehöhen akkumulierten. So war eine beachtliche Wassermenge in der Schneedecke gespeichert, als ab der zweiten Januarwoche mit einem atlantischen Tiefausläufer starkes Tauwetter einsetzte, das zu einem raschen Abschmelzen der Schneedecken auch im Bergland führte. Dem Tauwetter folgten unmittelbar mehrere Regengebiete mit ergiebigen Niederschlägen.

Die schwere Hochwasserkatastrophe im Juli 2021, bei der in Deutschland über 180 Menschen ihr Leben verloren und die vor allem die Länder Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch Bayern und Sachsen betraf, spiegelt sich im Indikator nicht mit außergewöhnlich hohen Werten wider. Dies liegt darin begründet, dass der Indikator darauf ausgerichtet ist, regionale ⁠Flusshochwasser⁠ abzubilden und daher Daten von (⁠anthropogen⁠ möglichst unbeeinflussten) Pegeln mittlerer Einzugsgebietsgröße nutzt. Für kleinräumige Hochwasserereignisse oder Sturzfluten ist die Dichte der berücksichtigten Pegel nicht ausreichend. So sind die von der Katastrophe besonders betroffenen Landkreise in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mit der dem Indikator zugrunde gelegten Pegelauswahl kaum abgedeckt. Daten der Ahr beispielsweise, deren Hochwasser im Ahrtal zu gravierenden Schäden führte, fließen in den Indikator nicht ein.

Insgesamt zeigt die Entwicklung der Hochwassertage für die bisherige Zeitreihe sowohl für das Sommer- als auch für das Winterhalbjahr in den Flussgebieten nur sehr wenige signifikante Trends. Die Entstehung des Hochwassers hängt stets mit besonderen Witterungskonstellationen zusammen, die aber bisher nicht systematisch und regelmäßig wiederkehrend auftreten. Auch zur Verteilung der Hochwassertage auf das hydrologische Winter- und Sommerhalbjahr lässt sich bisher kein Trend feststellen. Die Ereignisse treten in beiden Halbjahren auf, etwas vermehrt im Winter. An Weser und Elbe ist die Anzahl der Sommerhochwasser rückläufig. Hier scheinen sich die im Sommer abnehmenden Niederschläge schon im Hochwassergeschehen niederzuschlagen.

Ein einzelnes Hochwasserereignis lässt sich nicht mit dem ⁠Klimawandel⁠ erklären. Atmosphärenbedingungen und Großwetterlagen, die die Bildung von Hochwasser begünstigen, weisen eine große Variabilität auf. Mit der Erwärmung kann die ⁠Atmosphäre⁠ grundsätzlich mehr Wasserdampf speichern, also Feuchtigkeit aufnehmen, und das Potenzial für ⁠Starkregen⁠ nimmt zu. Westwindlagen im Winter könnten künftig ebenso zunehmen wie die Häufigkeit und Ausprägung von sogenannten Vb-Zugbahnen im Sommer. Bei diesen Wetterlagen verlagern sich Tiefdruckgebiete vom Mittelmeer, wo sie sich mit Wasserdampf aufladen, nach Mitteleuropa. Häufig ziehen sie östlich an den Alpen vorbei und regnen sich dann an den östlichen Mittelgebirgen und dem östlichen Alpenvorland ab. Die die Vb-Zugbahn verursachende ⁠Wetterlage⁠ kann lange Zeit stationär bleiben und für Dauerregen oder auch Hitzewellen sorgen.

Neben dem Klimawandel beeinflussen allerdings auch zahlreiche andere Entwicklungen das Hochwassergeschehen. Zunehmende Versiegelung (siehe Indikator RO-R-5) und Bodenverdichtung in den Einzugsgebieten sowie Begrenzungen natürlicher Überflutungsflächen und Eindeichungen (siehe Indikatoren BD-R-2 und RO-R-6) führen zu höheren und schnelleren Abflüssen in den Flüssen.