Ausschuss für Innenraumrichtwerte

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Der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) bewertet Schadstoffe in der Innenraumluft.
Quelle: falco / pixabay.com / CC0

Zur gesundheitlichen Bewertung der Innenraumluft setzt der AIR Richtwerte, hygienische Leitwerte sowie risikobezogene und vorläufige Leitwerte fest.

Inhaltsverzeichnis

 

Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR)

Die Innenraumluft ist ein relevanter Aufnahmepfad von Chemikalien. Zur Beurteilung der Innenraumluftqualität in öffentlichen und privaten Gebäuden setzt der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR), vormals Ad-hoc Arbeitsgruppe, gesundheitsbezogene Richtwerte sowie hygienische Leitwerte fest, die eine gesundheitliche Beurteilung von Konzentrationen einer Chemikalie in der Innenraumluft ermöglichen. Darüber hinaus leitet der AIR auch risikobezogene und vorläufige Leitwerte für ausgewählte krebserzeugende Chemikalien in der Innenraumluft ab. Der AIR besteht aus Expertinnen und Experten des Bundes und der einzelnen Bundesländer in Deutschland. Zusätzliche Expertinnen und Experten können für die Arbeit im AIR berufen werden.

Die Geschäftsstelle des AIR ist im Umweltbundesamt im Fachgebiet II 1.2 „Toxikologie, gesundheitsbezogener Umweltbeobachtung“ angesiedelt.

 

Definition von Innenraum

Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) definiert „Innenräume” als:

  • Private Wohnungen mit Wohn-, Schlaf-, Bastel-, Sport- und Kellerräumen, Küchen und Badezimmern
  • Arbeitsräume in Gebäuden, die im Hinblick auf gefährliche Stoffe nicht dem Geltungsbereich der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) unterliegen wie etwa Büroräume
  • Innenräume in öffentlichen Gebäuden (Krankenhäuser, Schulen, Kindertagesstätten, Sporthallen, Bibliotheken, Gaststätten, Theater, Kinos und anderen öffentliche Veranstaltungsräume)
  • Innenräume von Kraftfahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln
 

Richtwerte für die Innenraumluft

Die Menschen in Mitteleuropa halten sich heute durchschnittlich 90 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen auf. Pro Tag atmet der Mensch 10 bis 20 m3 Luft ein, je nach Alter und je nachdem, wie aktiv man ist. Die eingeatmete Innenraumluft kann eine Vielzahl von Schadstoffen enthalten, die unsere Gesundheit beeinflussen können. Deshalb ist es wichtig, die Innenraumluftqualität gesundheitlich bewerten zu können. Hierzu dienen Richtwertableitungen.

Die Vorgehensweise bei der Ableitung von Richtwerten des AIR ist in verschiedenen Basispapieren im Bundesgesundheitsblatt veröffentlicht.

Der AIR leitet zur gesundheitlichen Beurteilung zwei Richtwerte (Vorsorge- und Gefahrenrichtwert) ab:

Richtwert I (RW I - Vorsorgerichtwert) beschreibt die Konzentration eines Schadstoffes in der Innenraumluft, bei deren Einhaltung oder Unterschreitung nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei lebenslanger ⁠Exposition⁠ von empfindlichen Personen keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist.

beschreibt die Konzentration eines Schadstoffes in der Innenraumluft, bei deren Einhaltung oder Unterschreitung nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei lebenslanger Exposition von empfindlichen Personen keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Der RW I kann hiermit als Zielwert bei einer Sanierung dienen.

Richtwert II (RW II - Gefahrenrichtwert) ist ein wirkungsbezogener Wert, der sich auf die gegenwärtigen toxikologischen und epidemiologischen Kenntnisse zur Wirkungsschwelle eines Schadstoffes stützt. Er stellt die Konzentration eines Schadstoffes in der Innenraumluft dar, bei deren Erreichen oder Überschreiten unverzüglich Handlungsbedarf besteht. Diese Konzentration ist geeignet, v.a. die Gesundheit empfindlicher Personen einschließlich Kinder, insbesondere bei Daueraufenthalt in den Räumen, zu gefährden. Der Richtwert II steht im direkten Bezug zu den Bauordnungen der Länder, in denen es heißt: „Bauliche Anlagen müssen so beschaffen sein, dass Gefahren durch chemische, physikalische oder biologische Einflüsse nicht entstehen.“

Die vom AIR abgeleiteten Innenraumrichtwerte wurden 2022 vom österreichischen Bundesministerium für ⁠Klimaschutz⁠, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in ihre Richtlinie zur Bewertung der Innenraumluft aufgenommen.

Abgeleitete Richtwerte I und II des AIR für Schadstoffe in der Innenraumluft

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Hygienische Leitwerte für die Innenraumluft

Hygienische Leitwerte werden festgelegt, wenn praktische Erfahrungen wiederholt gezeigt haben, dass mit steigender Konzentration eines Innenraumschadstoffes die Wahrscheinlichkeit für Beschwerden oder nachteilige gesundheitliche Auswirkungen zunimmt, der Kenntnisstand aber nicht ausreicht, um rein toxikologisch begründete Richtwerte abzuleiten. Für Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Feinstaub (Particulate Matter - PM 2,5) wurden daher folgende Leitwerte festgelegt.

Hygienische Leitwerte für die Innenraumluft

Leitwerte für die Innenraumluft
Leitwerte für die Innenraumluft
Quelle: Umweltbundesamt hygienische_leitwerte.pdf

Da die Innenraumluft zahlreiche organische Verbindungen enthalten kann, für die nicht alle Beurteilungswerte vorliegen, empfiehlt der AIR die Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (TVOC) als ersten wichtigen Untersuchungsparameter einer ⁠VOC⁠-Gesamtbelastung in der Innenraumluft heranzuziehen. Zwar ist mit dem TVOC-Wert keine gesundheitliche Bewertung möglich, dennoch dient dieser als relevanter ⁠Indikator⁠ zur Einordnung der Gesamtbelastung der Innenraumluft mit und der ⁠Exposition⁠ der Raumnutzenden gegenüber VOC und sollte bei Innenraumluftmessungen berücksichtigt werden. Aus Gründen der Vorsorge sollten auffällig hohe TVOC-Konzentrationen oberhalb von 950 µg/m3 (entspricht dem 95. ⁠Perzentil⁠ der in der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit von 2014 bis 2017 (GerES V) ermittelten Datenbasis) in der Innenraumluft für Raumnutzende vermieden werden. Detaillierte Hinweise zum genauen Vorgehen und mögliche Maßnahmen beim Überschreiten finden sich im 2025 veröffentlichten Leitfaden.

 

Risikobezogene Leitwerte für krebserzeugende Stoffe in der Innenraumluft

Um eine gesundheitliche Bewertung von krebserzeugenden Stoffen (sog. Kanzerogenen) in der Innenraumluft zu ermöglichen, sind Messdaten der Innenraumluft zum Vorkommen der Chemikalie in der Innenraumluft erforderlich. Dies wird in Form des 95. Perzentils (auch Referenzwert genannt) erfasst und spiegelt damit eine sogenannte Hintergrundbelastung der Chemikalie in der Innenraumluft wieder. Außerdem sind toxikologische und/oder epidemiologische Daten zur Expositions-Risikobeziehung erforderlich. Bei der Bewertung von Kanzerogenen ist es wichtig zu wissen, welcher Wirkungsmechanismus dem krebserzeugenden ⁠Stoff⁠ zugrunde liegt. Wenn eine relevante Studie zur Expositions-Risikobeziehung identifiziert werden kann, soll diejenige Konzentration des krebserzeugenden Stoffes in der Innenraumluft ermittelt werden, die nach lebenslanger ⁠Exposition⁠ mit einem theoretischen Krebsrisiko von 10-6 verbunden ist. Dies entspricht 1 Erkrankungsfall pro 1.000.000 Personen bezogen auf eine lebenslange Exposition gegenüber der errechneten Innenraumschadstoff-Konzentration. Diese errechnete Konzentration wird mit dem aktuellen Referenzwert aus den vorliegenden Innenraummessdaten verglichen. Liegt die aus der Expositions-Risikobeziehung abgeleitete Konzentration oberhalb des (möglichst) aktuellen Referenzwertes, wird sie als risikobezogener Leitwert für die Bewertung verwendet. Ist die Konzentration des Referenzwertes mit einem höheren theoretischen Risiko als 10-6 verknüpft, wird ein vorläufiger Leitwert anhand des Referenzwertes in der Innenraumluft festgelegt. Vorläufige Leitwerte weisen aus Sicht des Gesundheitsschutzes immer auf einen allgemeinen Bedarf für Minimierungsstrategien hin.

Risikobezogene Leitwerte für die Innenraumluft

Risikobezogene Leitwerte für krebserregende Stoffe
Risikobezogene Leitwerte für die Innenraumluft
Quelle: Umweltbundesamt risikobezogene_leitwerte.pdf
 

Geruchsleitwerte für die Innenraumluft

Das Auftreten unüblicher oder unangenehmer Gerüche in der Luft von Wohnungen, Schulen, Büroräumen oder anderen Innenräumen kann bei Raumnutzenden zu Besorgnis über eine ⁠Exposition⁠ gegenüber Chemikalien mit möglichen gesundheitlichen Auswirkungen führen. Beschwerden über eine Geruchsbelästigung sind häufig Anlass für Innenraumluftmessungen. Zur Überprüfung der Plausibilität von Beschwerden über eine Geruchsbelästigung stellt der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) sogenannte Geruchsleitwerte (GLW) für verschiedene geruchlich relevante Innenraumschadstoffe zur Verfügung.

Bei Erreichen oder Überschreiten eines GLW wird ein abgestuftes Maßnahmenkonzept empfohlen, um die Geruchsbelastung zu minimieren. Wurden Maßnahmen zur Reduktion der Geruchsbelastung umgesetzt, wird als Erfolg oder Misserfolg der Maßnahmen allein die Tatsache bewertet, ob weiterhin Beschwerden über eine Geruchsbelästigung bestehen. Einzelheiten zum Vorgehen können im Geruchsleitwerte-Konzept unter dem Reiter "Bewertungskonzepte" eingesehen werden.

Der AIR weist darauf hin, dass immer die Tabelle mit den aktuellen Geruchsleitwerten auf dieser Website gültig ist, da diese im Rahmen von neuen wissenschaftlichen und analytischen Erkenntnissen aktualisiert wird. Tritt im Rahmen einer Innenraumluftmessung ebenfalls eine Überschreitung von Richtwerten oder risikobezogenen Leitwerten auf, so weist der AIR darauf hin, dass Maßnahmen nach diesen Konzepten vorrangig zu behandeln sind.

Die Geruchsleitwerte eignen sich nicht für eine Freigabemessung. Der Abgleich von Messergebnissen mit Geruchsleitwerten ist nur in den Fällen gerechtfertig, in denen Raumnutzende eine Beschwerde über eine Geruchsbelastung geäußert haben.

Eine objektive Methode zur Untersuchung der Hedonik eines Geruchsstoffs, d. h. ob der Geruch angenehm oder unangenehm ist, bietet die Methode der Polaritätenprofile (VDI 3940/Blatt 4, 2010). Diese Untersuchung geschieht in der Regel mit ausgewählten und trainierten Prüfpersonen. Die Bewertung der Prüfpersonen spiegelt jedoch nicht unbedingt die Wahrnehmung des betroffenen Raumnutzenden wider. Je nach Situation oder auf Basis individueller Erfahrungen kann auch ein Geruch, den die meisten Menschen als angenehm empfinden, für manche Menschen äußerst belästigend sein. Außerdem liegen objektive Daten zur Hedonik nur für wenige Geruchsstoffe vor. Daher wurde die Hedonik bei der Festlegung der Geruchsleitwerte nicht explizit berücksichtigt. Die Hedonik ist jedoch implizit enthalten, da das Konzept der Geruchsleitwerte nur zur Anwendung kommt, wenn Beschwerden über eine Geruchsbelästigung vorliegen.

Der AIR zielt nicht darauf ab geruchsfreie Räume zu schaffen. Das Konzept dient zur Bewertung von Innenraumluftmessergebnissen, wenn der Anlass der Messung eine Beschwerde über eine Geruchsbelästigung war. Aus diesem Grund legt der AIR für die Abteilung der Geruchsleitwerte eine Intensitätsstufe von 3 (deutlicher Geruch) zugrunde.

Geruchsleitwerte für die Innenraumluft

 

Sitzungsprotokolle des AIR

Die jeweiligen Sitzungsprotokolle des AIR sind auf der Homepage des ⁠UBA⁠ öffentlich zugänglich. Sie finden die Sitzungsprotokolle unter dem Reiter „Sitzungsprotokolle“ auf dieser Seite.

Dokumente zu bereits abgeleiteten Richtwerten, Bewertungskonzepten und Sitzungsprotokollen.