Deutschland hat das Ziel, den Gewässerzustand von Nord- und Ostsee zu verbessern. Diese Aufgabe fordert nicht nur behördlichen Einsatz: Alle Bürgerinnen und Bürger können – privat, im Verein oder Unternehmen – zu einer Verbesserung des Zustandes unserer Meere und Küsten beitragen. So sollen sie zukünftig den vielfältigen Pflanzen und Tieren wieder einen gesunden Lebensraum bieten.
Der gute Zustand der Meere ist ein Ziel der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), für das auch Deutschland sich aktiv einsetzen muss. Als Partner sind die betroffenen Küstenbundesländern und die Bundesbehörden im Umweltbereich, also auch das Umweltbundesamt (UBA), daran beteiligt, gemeinsam Ideen und Lösungskonzepte zu erarbeiten.
Die Meere unterliegen einer intensiven und vielfältigen Nutzung durch den Menschen. Schifffahrt, Fischerei, Wassersport und Strandtourismus springen als erstes ins Auge. Das Meer spielt auch eine große Rolle für verschiedene Formen der Energiegewinnung, als Nahrungsquelle oder für den Abbau von Rohstoffen.
Belastungen der Meeresgewässer haben oft ihren Ursprung an Land. Auch Regionen, die weiter von der Küste entfernt sind, können für die Verschmutzung der Meere mitverantwortlich sein. Denn die Meere sind über die Flüsse mit dem Landesinneren verbunden. Auch über die Luft können schädliche Stoffe in die Meere gelangen.
Eine Herausforderung im Meeresschutz: Die Ursachen und die Folgen von verschmutzten Meeren sind selten einem Staat allein zuzuordnen. Die Kooperation möglichst vieler Anrainern der Meere ist notwendig, um die verschiedenen Einflüsse sichtbar zu machen und gemeinsame Aktionen zum Erfolg zu führen.
UBA-Erklärfilm: Meeresschutz
Die europäische Strategie für Meere im guten Zustand
Die MSRL setzt seit 2008 dem Schutz der Meere auf europäischer Ebene einen Rahmen. Durch sie haben sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um spätestens im Jahr 2020 einen guten Umweltzustand aller europäischer Meeresgewässer zu erreichen und zu erhalten, den Schutz und die Erhaltung auf Dauer zu gewährleisten und eine künftige Verschlechterung zu vermeiden. Die Beschreibung dieses guten Umweltzustands findet anhand von elf Themenfeldern („Deskriptoren“) statt. Jeder Mitgliedsstaat definiert Umweltziele, die es durch die Umsetzung der MSRL zu erreichen gilt. Unter Leitung des Bundesumweltministeriums engagiert sich das UBA zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) und weiteren Bundesbehörden sowie den Küstenbundesländern für die Verbesserung des Zustands der Meere.
Die nationale Berichterstattung im Jahr 2018 zum Zustand der Meere an die europäische Kommission ist gleichzeitig der Start des zweiten Zyklus in der Umsetzung der MSRL. Die Öffentlichkeit war aufgefordert, zu den von Bund und Ländern erstellten Berichten zum Zustand der deutschen Meeresgewässer, der Festlegung des guten Zustands sowie der Umweltziele Stellung zu nehmen. Die Öffentlichkeitsbeteiligung endete am 31. August 2018. Die Berichte werden Ende 2018 hier veröffentlicht.
Nachfolgend werden fünf Themenfelder im Meeresschutz kurz beschrieben, welche negative Einflüsse des Menschen auf die Meeresökosysteme und so auch auf die Lebewesen in Nord- und Ostsee charakterisieren.
Schaumberge an den Meeresküsten
Was ist das Problem?
Eutrophierung bedeutet, dass zu hohe Nährstoffeinträge (Stickstoff und Phosphor) negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben können. Solche Folgen werden unterschiedlich intensiv sichtbar, zum Beispiel als trübes Wasser durch Algenblüten, im Verlust der Artenvielfalt und in der Veränderung der Artenzusammensetzung sowie als Sauerstoffmangel durch bakteriellen Abbau von Algenblüten (unter Verbrauch von Sauerstoff). Je nach Algenarten können Massenvorkommen einzelliger Algen Stoffe freisetzen, welche die Wasserqualität verschlechtern oder auch Schaumberge im Uferbereich entstehen lassen.
Wie gelangen die übermäßigen Nährstoffe in Nord- und Ostsee?
Die Ursachen für das Überangebot von Nährstoffen im Meer liegen zu einem großen Teil in der zu hohen und oft unsachgemäßen Ausbringung von Gülle durch die konventionelle Landwirtschaft. Stickstoff aus Abwässern sowie Abluft der Massentierhaltung und aus Auswaschungen aus übermäßig gedüngten Böden gelangt dann in das Gewässersystem. Auch kommunale Kläranlagen können eine Eintragsquelle sein. Stickstoffhaltige Abgase aus Industrie, Straßen- und Schiffsverkehr gelangen über die Niederschläge in die Gewässer. So werden die Nährstoffe über die Flüsse ins Meer eingetragen und können ein Überangebot im Meer mit den oben beschriebenen Folgen verursachen.
Wer kann was tun?
Ein Umdenken im Management der Landwirtschaft ist notwendig, um das Zuviel an Nährstoffeinträgen in Gewässer zu vermeiden. Diese Veränderungen sind nur zu schaffen, wenn auch Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Bedarf an Fleisch (und dessen Qualität) und auch an anderen Grundnahrungsmitteln kritisch prüfen. Zusätzlich sind technische Optimierungen zur Minderung von Stickstoff in der Luft und im Wasser sinnvoll, zum Beispiel durch Filterung der Abgase von Stallungen der Massentierhaltung und Fahrzeugen oder auch durch Optimierung von Kanalisation und Betrieb von Kläranlagen.
Arzneimittel sind wichtig für die medizinische Versorgung. Doch in der Umwelt haben sie bedeutende Nebenwirkungen und können Pflanzen und Tieren schaden. Wirkstoffe in Arzneimitteln sind biologisch hochaktive und oft sehr stabile und somit langlebige Stoffe. Zum Beispiel können Hormonpräparate die Fortpflanzung von Fischen beeinträchtigen, psychotherapeutische Mittel zu Verhaltensänderungen bei Fischen führen und Antibiotika das natürliche Wachstum von Algen hemmen.
Wie gelangen Arzneimittel in Nord- und Ostsee?
Arzneimittelwirkstoffe werden vom menschlichen Körper oft unverändert wieder ausgeschieden. Viele Tonnen der Wirkstoffe von Humanarzneimitteln und deren Abbauprodukte kommen mit dem Abwasser alljährlich in die Kläranlagen. Im Klärprozess werden aber nicht alle Wirkstoffe zurückgehalten und gelangen über den Kläranlagenablauf in die angeschlossenen Gewässer und schließlich auch in die Meere. In Deutschland wurden bereits über 400 unterschiedliche Arzneimittelrückstände in Wasser und Boden nachgewiesen.
Wer kann was tun?
Unsachgemäß über den Ausguss oder die Toilette entsorgte Medikamente gelangen zusätzlich in das Abwasser. Entsorgen Sie unverbrauchte Medikamente in der Restmülltonne, bei Schadstoffsammelstellen oder in Apotheken! Jede und jeder Einzelne kann mit der richtigen Entsorgung alter Medikamente auch etwas Gutes für die Meere tun.
Müll im Meer, der von Kunststoffen dominiert wird, stellt eine großflächige Bedrohung für Lebewesen und Lebensräume dar. Insbesondere das Verstricken und Strangulieren in Müllteilen, aber auch die Aufnahme und das Verschlucken von Müllpartikeln, inklusive Mikroplastik (Kunststoffpartikel kleiner fünf Millimeter), können Meereslebewesen nachhaltig und bis hin zum Tod schädigen. Während der Zersetzung geben Kunststoffe zudem giftige und hormonell wirksame Zusatzstoffe, wie Weichmacher oder Flammschutzmittel, in die Meere oder den Organismus ab, der sie aufnimmt. Noch nicht geklärt sind die damit verbundenen Auswirkungen für die menschliche Gesundheit, wenn zum Beispiel häufig Meeresfrüchte oder Meeresfisch mit Magen-Darm-Trakt gegessen werden. Fakt ist aber: Müll im Meer verursacht hohe Kosten! So müssen zum Beispiel Kommunen an den Küsten regelmäßig Strandreinigungen durchführen. Müll verunreinigt aber auch Fischfänge und gefährdet die Navigationssicherheit auf See, wenn sich beispielsweise Schiffspropeller in Netzresten verheddern.
Wie gerät der Müll in Nord- und Ostsee?
Ein Teil des Meeresmülls stammt aus der Schifffahrt, der Fischerei oder der Offshore-Industrie. Auch Müll, der an Stränden achtlos liegengelassen wird, gelangt oft direkt ins Meer. Müll aus Städten kann zum Beispiel durch Wind und Regen in Bäche und Flüsse bis zum Meer getragen werden. Das passiert besonders häufig in Regionen der Welt, die noch über keine geregelte Abfallentsorgung oder nur offene Deponien an Land verfügen, ist aber auch bei uns keine Seltenheit. Niederschläge werden ungeklärt in die Meere eingeleitet und mit Ihnen zum Beispiel Müll aus Straßengräben oder auch Abrieb von Autoreifen. Mikroplastik, das durch das tägliche Waschen aus Kosmetika und Textilien ins Haushaltsabwasser gelangt, kann bislang in den Kläranlagen nicht vollständig herausgefiltert werden. Somit hat ein großer Teil des Mülls und der Plastikpartikel schon einen weiten Weg hinter sich, wenn er ins Meer gelangt.
Wer kann was tun?
In den letzten zehn Jahren hat das Bewusstsein für die Ausmaße der Bedrohung durch Meeresmüll zugenommen. Der im Jahr 2016 unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerium, Umweltministerium Niedersachsen und UBA gegründete „Runde Tisch Meeresmüll“ gibt auf nationaler Ebene die Möglichkeit, Industrie, Forschung, Umweltverbände und Politik zusammenzubringen und Lösungen zu forcieren. Aber auch jede und jeder Einzelne trägt Verantwortung: die Vermeidung von Einwegplastik ist oft leicht machbar, da es beispielsweise Mehrweggeschirr, -taschen oder auch Mehrwegflaschen als Alternative gibt. Aber auch der sorgsame Umgang mit Abfällen und die Vermeidung von achtlos fallengelassenem Unrat, zum Beispiel die Entsorgung von Zigarettenkippen in einen Mülleimer statt achtlos auf der Straße oder in die Natur, sind wichtige Maßnahmen für die Verbesserung des Zustands der Meere.
Interessante Aspekte sind auch im Projekt „Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll“ von BildungsCent e.V. aufbereitet (gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit).
Zu viel Lärm im Meer
Was ist das Problem?
Unterwasserlärm kann Meereslebewesen, insbesondere in Form von zeitweiser oder permanenter Beeinträchtigung ihres Gehörs, schädigen, sie aber auch in ihrer Kommunikation und Orientierung beeinträchtigen, was bis zu Strandungen führen kann. Besonders betroffen sind Wale und Delfine, aber auch beispielsweise Fische oder Tintenfische werden durch Lärm beeinflusst. Daher werden in Meeresgebieten weltweit die örtliche Lärmbelastung ermittelt und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Tierwelt untersucht.
Wie kommt der Lärm in Nord- und Ostsee?
Natürliche Geräusche wie Wind und Wellenbewegung bilden den Hintergrundschall im Meer. Dazu gesellen sich in zunehmendem Maße menschliche Lärmquellen. Kontinuierlicher Lärm wird vor allem durch die Schifffahrt verursacht. Dazu kommen impulshafte Signaleinträge, die z.B. von militärischen und zivilen Sonaren stammen oder während der Rammarbeiten zur Errichtung von Offshore-Windkraftanlagen entstehen.
Wer kann was tun?
Die zunehmende Belastung der Meere durch Unterwasserlärm ist zwar kein neues Thema, jedoch wurde die Brisanz dieses Problems erst spät erkannt. Erste belastbare Überwachungsmethoden werden derzeit getestet. Umgehend wirksam wären Anpassungen in der Schifffahrt wie Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verlagerung von Schifffahrtsrouten oder zeitlich und räumlich definierte Fahrverbote für Schiffe, um mehr Ruhe für Meereslebewesen zu schaffen. Lärmeinträge können auch durch den Einsatz geeigneter Technik vermieden oder vermindert werden. Technische Ideen für leisere Schiffsmotoren und Schiffsschrauben sind in der Entwicklung und Erprobung. Im Bereich der Offshore-Arbeiten gibt es inzwischen verschiedene Methoden, um impulshaften Rammschall während der Bauarbeiten zu verringern oder durch alternative Methoden zu vermeiden. Es besteht in jedem Falle weiterhin Forschungsbedarf.
Weitergehende Informationen zur Wirkung von Unterwasserschall auf die Natur finden Sie beim Bundesamt für Naturschutz.
Die „Aliens“ sind unter uns
Was ist das Problem?
Die Ansiedlung von nicht-einheimischen oder sogar invasiven Arten (Neobiota; im Englischen auch „Alien Species“ genannt) kann, zum Beispiel durch Konkurrenz um Nahrung oder Platz, ein erheblicher Gefährdungsfaktor für Pflanzen und Tiere in den Meeren sein. Neue Arten haben manchmal das Potenzial, einheimische Organismen zu schädigen oder zu verdrängen und so den gesamten Lebensraum zu verändern. Abhängig von der Art, dem Ausmaß der Ausbreitung über die Zeit und der Empfindlichkeit des jeweiligen Lebensraums können sich neue Tiere oder Pflanzen aber auch ohne direkt sichtbare negative Folgen für einheimische Arten ansiedeln. Wie sich eine Art in dem neuen Lebensraum verhält, ist schwer vorherzusagen. Daher ist das primäre Ziel, möglichst wenige Lebewesen unabsichtlich oder absichtlich in unsere Meere einzutragen.
Wie kommen neue Arten in Nord- und Ostsee?
Die lange Zeit etwas versteckten Eintragspfade neuer Arten sind mit dem Ballastwasser von Transportschiffen oder der Anheftung an Bootsrümpfen bei zunehmendem Schiffsverkehr verknüpft. Ein weiterer Weg für nicht-einheimische Arten in die Region von Nord- und Ostsee kann die Ausbreitung über Importe für die sich stärker entwickelnde Aquakultur oder Muschelzucht sein. Die durch die globale Klimaveränderung erhöhte Wassertemperatur und die fehlenden Eiswinter begünstigen maßgeblich Ansiedlungsprozesse wärmeliebender Arten an unseren Küsten. Kälteliebende Arten treten oft die „Flucht“ nach Norden an.
Wer kann was tun?
Zur Unterbindung der unbeabsichtigten Einschleppung nicht-einheimischer Arten ist vornehmlich die Schifffahrt im Fokus. Das im September 2017 in Kraft getretene globale Ballastwasserübereinkommen schreibt eine Abtötung der Organismen vor, die sich im Ballastwasser der Schiffe befinden, bevor das Wasser wieder abgelassen wird. So soll der Transfer der Arten quer durch die Ozeane oder auch innerhalb kleinerer Meeresgebiete minimiert werden. Aber auch der Schiffsrumpf kann zur Verbreitung von Arten - über ihren natürlichen Ausbreitungsradius hinaus - beitragen. Maßnahmen zur Reinigung der Schiffshaut oder des Ballastwassers sollten dann aber möglichst keine weiteren negativen Auswirkungen durch die verwendeten Chemikalien bedingen. Dazu besteht teilweise noch Forschungsbedarf.
Weitere Informationen zu den nicht-einheimischen Arten unserer Meere finden Sie beim Bundesamt für Naturschutz und auf der Webseite der nationalen Neobiota-Plattform für Nord- und Ostsee.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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