Bodenerosion durch Wasser

Ein unbedeckter Boden ist der Energie des Wassers bei starken und langanhaltenden Regenfällen ungeschützt ausgesetzt. Das Wasser transportiert den Boden unwiederbringlich hangabwärts. In der Folge geht fruchtbarer Boden und damit die Ertragsfähigkeit auf den Ackerflächen verloren. Zusätzlich kann das erodierte Material und die daran gebundenen Nähr- und Schadstoffe unsere Gewässer belasten.

Inhaltsverzeichnis

Bei ⁠Starkregen⁠, insbesondere nach längerer Trockenheit, kann ungeschützter Boden auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ohne ausreichende Pflanzenbedeckung abgetragen werden. Die Bodenpartikel werden in flächenhaften und/oder linienhaften Formen hangabwärts verfrachtet. Je nach Intensität eines Regenereignisses wird das Material über kurze oder lange Distanzen transportiert. Dabei kann es bis in angrenzende Gewässer oder auf benachbarte Landflächen gelangen (Abbildung 1). Linienhafte Formen orientieren sich meist an ⁠Abfluss⁠- und Tiefenlinien sowie an Fahr- und Bearbeitungsspuren.

In Mitteleuropa sind Bilder komplett erodierter Landoberflächen derzeit unbekannt. Jedoch tritt Bodenerosion durch Wasser auf vielen landwirtschaftlich genutzten Flächen wie Ackerflächen, Flächen mit Dauerkulturen z.B. Weinbau und Obstbau in Deutschland auf.

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Erosionsgeschehens bei Wassererosion (On-site Erosionsformen und Off-site Ablagerung)
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Erosionsgeschehens bei Wassererosion

(On-site Erosionsformen und Off-site Ablagerung)

Quelle: Stephan Marahrens / Umweltbundesamt
 

Was begünstigt die Erosion durch Wasser?

Die natürliche Erosionsanfälligkeit der Böden (potenzielle ⁠Erosion⁠), das heißt, die Bodenarten, der Gehalt an Humus und die Durchlüftung, sowie die Geländebeschaffenheit und klimatische Faktoren bestimmen natürlicherweise das Gefährdungspotential für die erodierende Wirkung des Wassers. Der entscheidende Faktor für das Ausmaß der Bodenerosion ist jedoch die landwirtschaftliche Nutzung durch den Menschen. Fruchtfolgegestaltung, Bearbeitungsintensität und Bearbeitungsrichtung sowie die Schlaggröße und die die damit verbundene Hanglänge entscheiden über die Höhe der Bodenerosion.

  • Erodierbarkeit der Boden: Besonders Böden mit hohen Anteilen feiner Partikel wie der ⁠Korngröße⁠ „Schluff“ (vorherrschend in Lössböden), sind sehr erosionsanfällig. Höhere Humusgehalte und ein höherer Anteil an Steinen auf der Oberfläche bieten Schutz vor den auftreffenden Regentropfen. Darüber hinaus sorgt ein aktives Bodenleben für viele senkrechte Bodenporen und stabile Gefüge. Kleine Röhren, zum Beispiel von Regenwürmern, können die Versickerung des Regenwassers beschleunigen und den ⁠Abfluss direkt auf der Oberfläche⁠ und damit die Erosion verringern.
  • Geländebeschaffenheit: Grundsätzlich tragen Böden in Hanglagen ein deutlich höheres Risiko zu erodieren. Aber schon ab einem Gefälle von zwei Prozent kann Bodenerosion einsetzen. Neben dem Gefälle ist die Hanglänge entscheidend. Je länger das Wasser ohne Barrieren und Hindernisse fließen kann, desto größer wird das Risiko. Bei starkem Gefälle haben aber auch geringe Fließstrecken ein hohes Risiko.
  • Klimatische Bedingungen: Sowohl langanhaltende Niederschläge mit geringer Intensität als auch die Häufigkeit von Stark- und Gewitterregen sind ausschlaggebend für die Erosion.

Grundsätzlich gilt: Starke Regenfälle in Verbindung mit sehr erosionsanfälligen Böden in ungeschützten Hanglagen bedeuten ein hohes Risiko für Erosion durch Wasser.

Wichtige bewirtschaftungsbezogene Einflussfaktoren spiegeln sich letztlich im Grad der Bodenbedeckung und der Art und Intensität der Bodenbearbeitung. Sie geben ein Maß für das tatsächliche Erosionsrisiko.

  • Bodenbedeckung: Bewirtschaftungsbedingt unbedeckte oder nur wenig bedeckte Böden bieten eine günstige Angriffsfläche für Wasser und dessen erosive Wirkung. Bereits eine Bodenbedeckung ab circa 30 Prozent wirkt der Wassererosion entgegen (siehe auch ⁠UBA⁠-Themenseite „Erosion – jede Krume zählt“ ).
  • Bodenbearbeitung: Mit steigender Intensität der Bodenbearbeitung steigt das Risiko für Erosion. Eine nichtwendende Bearbeitung belässt mehr Erntereste auf dem Boden, die vor der Aufprallenergie des Wassers schützen können. Auch wird die Bodenstruktur zum Beispiel in Form senkrechter Röhren für die Versickerung des Regenwassers und die Bodenstabilität geschützt. Die Bearbeitungs- und Anbaurichtung ist ebenfalls wichtig. Bearbeitung in Richtung des Gefälles fördert Erosion, während eine hangparallele Bearbeitung den Boden schützt. Dies gilt besonders für die Fahrspuren auf einer Ackerfläche (Abbildung 2, Abbildung 3, Abbildung 4).

Die natürliche (potenzielle) Erosionsanfälligkeit eines Standortes und die bewirtschaftungsbedinge Erosionsgefährdung bilden eine Einheit. Insbesondere auf natürlicherweise erosionsanfälligen Böden ist eine erosionsmindernde Bewirtschaftung essentiell um der Bodendegradation vorzubeugen.

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Wie viel Boden geht in Deutschland durch Wasser verloren?

Jährlich werden im Mittel für Deutschland insgesamt rund 25 Millionen Tonnen Boden durch ⁠Erosion⁠ durch Wasser abgetragen. Davon rund 22 Millionen Tonnen von Ackerflächen und 1,4 Millionen Tonnen von Weinbauflächen. Der Rest ist auf Erosion v.a. von Waldflächen und offenen Flächen, wie Gebirgsflächen zurückzuführen.

Zur bundesweiten Betrachtung der Erosionsgefährdung durch Wasser auf Ackerflächen sowie zur Bilanzierung der langjährigen mittleren jährlichen Bodenabträge durch Flächen- und Rillenerosion (Tonnen pro Hektar pro Jahr) wird die allgemein anerkannte „Allgemeine Bodenabtragsgleichung (ABAG; engl.: USLE)“ verwendet. Die ABAG berücksichtigt sowohl die natürlichen Einflussfaktoren zur Ausweisung der potentiellen Bodenabtragsgefährdung (Bodeneigenschaften, ⁠Klima⁠ und Geländebeschaffenheit) als auch den Einfluss der Bewirtschaftung wie die angebauten Kulturen und die Bearbeitung (siehe Abbildung). Die geowissenschaftlichen und bodenkundlichen Institutionen weisen in der Regel die potenzielle Erosionsgefährdung aus. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist hier zuständig. Zurzeit liegt eine Auswertung auf Basis der BÜK 1.000 vor (BGR - Potentielle Gefährdung (bund.de)).

Im Auftrag des ⁠UBA⁠ wurde in Kooperation der VisDat geodatentechnologie GmbH und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) deutschlandweit der tatsächliche mittlere langjährige Bodenabtrag unter Verwendung der Allgemeinen Bodenabtragsgleichung (ABAG) neu berechnet.  Der Ansatz basiert auf aktuell bundesweit harmonisiert vorliegenden möglichst hoch aufgelösten Datengrundlagen. Als wichtige Datengrundlagen wurden verwendet:

  • Bodenübersichtskarte im Maßstab 1:200.000 (BÜK200) von der BGR
  • Niederschlagserosivität des Deutschen Wetterdienstes (DWD, RADKLIM im 1 Kilometer Raster); Auerswald et al. 2019 und Fischer et al. 2019
  • Geländemodell im 10 Meter Raster des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG)
  • Informationen zur Bewirtschaftung (Fruchtarten und Anteil konservierender Bodenbearbeitung)

Bundesweit können die Ergebnisse der Bodenabtragsberechnung in der räumlichen Auflösung eines 10 Meter Rasters ausgegeben werden (siehe Abbildungen).

Die detaillierte Beschreibung der Datengrundlagen, methodischen Ansätze und Ergebnisse ist im Abschlussbericht des Forschungsvorhabens (Phosphoreinträge in die Gewässer bundesweit modellieren) veröffentlicht. Eine räumliche Darstellung (Karte) der abgeleiteten Faktoren der Allgemeinen Bodenabtragsgleichung (ABAG) einschließlich der Ergebnisse ist auf unterschiedlichen Aggregationsebenen einsehbar unter diesem Link.

 
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Schutz vor Erosion ist auch Gewässerschutz

Ein nicht unbedeutender Teil des von den landwirtschaftlich genutzten Flächen abgetragenen Bodens wird in angebundene Oberflächengewässer eingetragen und kann dort zu Problemen führen. Neben dem Eintrag von am Bodenmaterial haftenden Schadstoffen, können die Sedimentmengen selbst zum Beispiel in Stauhaltungen hohe Kosten verursachen.

Bei der Berechnung des Sedimenteintrags in Oberflächengewässer werden neben den Bodenabträgen von landwirtschaftlich genutzten Flächen auch die von Flächen entweder mit natürlicher Vegetationsbedeckung oder ohne Vegetationsbedeckung (z.B. alpine Bereiche) berücksichtigt (siehe Abbildung). Ausgehend von den Bodenabträgen werden Faktoren berücksichtigt wie natürliche und infrastrukturelle Barrieren, die Gewässerdistanz und die Anbindungswahrscheinlichkeit der betrachteten Fläche an ein Gewässer. Bei fehlender Anbindung erfolgt kein Sedimenteintrag in ein Gewässer, sondern eine Ablagerung zum Beispiel auf benachbarten Landflächen.

Deutschlandweit werden etwa 6 Prozent des abgetragenen Bodens, das sind circa 1,6 Millionen Tonnen, in Oberflächengewässer eingetragen. Davon stammen 1,4 Millionen Tonnen von Ackerflächen und rund 62.000 Tonnen von Weinbauflächen.

Die Ergebnisse werden nach Verknüpfung mit Informationen zur Nähr- und Schadstoffbeladung der Bodenpartikel auch für die bundesweite Stoffeintragsmodellierung mit dem Instrument MoRE (Modelling of Regionalized Emissions) verwendet (siehe ⁠UBA⁠-Themenseite „Stoffeinträge in Gewässer“).

Mittlerer langjähriger Sedimenteintrag in die Oberflächengewässer durch Wassererosion (von landwirtschaftlich genutzten Flächen, natürlich bedeckten und offenen Flächen) nach Gebel et al. 2021, mit Detailansicht (rechts oben); Flächen, für die kein Sedimenteintrag modelliert wurde erscheinen weiß
Mittlerer langjähriger Sedimenteintrag in die Oberflächengewässer durch Wassererosion

(von landwirtschaftlich genutzten Flächen, natürlich bedeckten und offenen Flächen) nach Gebel et al. 2021, mit Detailansicht (rechts oben); Flächen, für die kein Sedimenteintrag modelliert wurde erscheinen weiß

Quelle: https://visdat.de/viewer_sediment/
 

Maßnahmen zum Schutz vor Erosion durch Wasser

Zur Vermeidung von Bodenerosion durch Wasser existiert eine Vielzahl an pflanzenbaulichen und betrieblichen Maßnahmen im Rahmen der „Guten fachlichen Praxis“ nach § 17 des Bundesbodenschutzgesetztes (BBodSchG). Allerdings sind diese Maßnahmen weder im Bundesbodenschutzgesetz noch in der Bundesboden- und Altlastenverordnung ausreichend konkretisiert.

Auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) werden, bezogen auf den Erhalt von Direktzahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt unter anderem Mindestanforderungen zum Erosionsschutz auf gefährdeten Flächen in den so genannten Standards zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in "gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand" (kurz GLÖZ) gelistet.

Eine wirksame Einzelmaßnahme zur Reduktion der Bodenerosion, um bis zu 50 % gegenüber der konventionellen, wendenden Bodenbearbeitung ist die dauerhaft konservierende Bearbeitung, die ständig weiterentwickelt wurde und inzwischen den Stand der Technik darstellt.

Die Veränderungen unseres Klimas mit sich ändernden Niederschlagsmustern und Niederschlagsintensitäten haben auch Folgen für unsere Böden. Dadurch stellen sich zunehmend höhere Anforderungen auch an die Vorsorge gegen Bodenerosion. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) hat sich dem Thema mit einem Positionspapier gewidmet. 

Szenarienrechnungen zu den Auswirkungen des Klimawandels zeigen, dass steigende Bodenabträge zum Beispiel in Folge zunehmender Niederschlagsintensitäten oder einer Verschiebung der Vegetationszeiträume auf Grund einer Veränderung des Jahresganges der Temperatur durchaus mit bekannten Maßnahmen, wie Bearbeitung quer zum Hang, möglichst ganzjährige Bodenbedeckung und Verringerung der Feldgröße, zumindest teilweise kompensiert werden können.

Literatur

Auerswald K., Fischer F.K., Winterrath T., Brandhuber R. (2019): Rain erosivity map for Germany derived from contiguous radar rain data. Hydrol. Earth Syst. Sci., 23, S. 1819–1832.

Fischer F.K., Winterrath T., Junghänel T., Walawender E., Auerswald (2019): Mean annual precipitation erosivity (R factor) based on RADKLIM Version 2017.002

Gebel, M.; Allion, K.; Plambeck, N. O.; Fuchs, S.; Ullrich, A. (2021): Deutschlandweite hochaufgelöste Modellierung von Sedimenttransfers in die Oberflächengewässer zur Ableitung partikelgebundener Phosphoreinträge. In: KW - Korrespondenz Wasserwirtschaft 14 (7), S. 413–417.