Treffen starke Regenfälle oder starker Wind auf unbedeckten Boden, kann Bodenmaterial hangabwärts oder durch die offene Landschaft transportiert werden. Boden erodiert und wird an anderer Stelle abgelagert. Folge ist die Degradation fruchtbaren Bodens, den wir als Lebensgrundlage brauchen. Durch Erosion werden Böden in ihrer Funktion eingeschränkt, Gewässer belastet und Infrastrukturen geschädigt.
Grundsätzlich ist Erosion sowohl durch Wasser als auch Wind ein natürlich auftretender Prozess, ausgelöst von Faktoren wie Niederschlag, Wind, Gefälle und Erosionsanfälligkeit der Böden (siehe auch UBA-Themenseiten „Bodenerosion durch Wasser" und “Bodenerosion durch Wind"). Die Gefährdung der Böden durch Erosion unter ausschließlicher Berücksichtigung der natürlichen Einflussfaktoren wird als das potenzielle Erosionsrisiko bezeichnet. Die wichtigsten natürlichen Einflussfaktoren sind Beschaffenheit und Zusammensetzung des Bodens, die Geländebeschaffenheit und klimatische Bedingungen. Allerdings ist davon auszugehen, dass Erosion bei natürlich ausgebildeter ganzjähriger Pflanzenbedeckung nicht nennenswert auftritt. In den derzeit beobachtbaren Ausmaßen wird Bodenerosion in Mitteleuropa erst durch das menschliche Handeln möglich, in der Hauptursache durch den Anbau unserer Nahrungsmittel. In Kombination mit den natürlichen Einflussfaktoren spiegelt der bewirtschaftungsbedingte Einfluss ein Maß für das tatsächliche Erosionsrisiko.
Die wichtigsten bewirtschaftungsbedingten Einflussfaktoren sind die Struktur unserer Kulturlandschaft, die angebaute Kulturart bzw. die Fruchtartenwechsel, und die Bodenbearbeitung.
Große offene Anbauflächen mit fehlenden kleinräumigen Strukturen (Hecken, Grünstreifen, Baumreihen etc.) begünstigen erosive Prozesse.
Bei Kulturen mit einer im Jahresverlauf späten Entwicklung der Pflanzen oder mit einer Bepflanzung in großen Reihenabständen (wie Mais, Zuckerrüben) ist der Boden besonders im Winter, im Frühjahr und im Frühsommer überwiegend unbedeckt. Wind und Wasser können den Boden direkt angreifen und erodieren. Ohne flankierende Maßnahmen wie beispielsweise dem Anbau von Zwischenfrüchten, Unter- oder Mulchsaat, besteht bei diesen Kulturen ein deutlich erhöhtes Erosionsrisiko.
Die Intensität der Bodenbearbeitung ist ebenfalls essentiell. Diese beeinflusst sowohl die Bodenbedeckung hinsichtlich der Einarbeitung von Ernteresten als auch die Stabilität der Böden. Schonende, konservierende Bodenbearbeitungsformen fördern sowohl die Bodenbedeckung als auch die Bodenstabilität und damit zum Beispiel das Vermögen der Böden Wasser aufzunehmen und zu speichern. Das Erosionsrisiko sinkt.
Zusätzlich verstärken Klimaveränderungen das Erosionsrisiko. Insbesondere die steigende Wahrscheinlichkeit von auftretenden Trockenphasen, lokalen Starkregen und die Möglichkeit zunehmender mittlerer Windgeschwindigkeiten sind maßgeblich. Diese Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit, unsere Böden zukünftig noch stärker vor erosionsbedingten Verlusten und damit einhergehender Degradation zu schützen.
Auf Grund der natürlichen und klimatischen Gegebenheiten in Deutschland ist in den vorwiegend hügeligen Landschaften die Bodenerosion durch Wasser dominant, wohingegen besonders in den flacheren Regionen Norddeutschlands und küstennah Wind auch aufgrund der sandigen Böden als Auslöser von Erosion vorherrscht.
Was sind die Folgen von Bodenerosion?
Direkte Folge von Bodenerosion auf den betroffenen Flächen (On-site) ist mittel- bis langfristig eine Verringerung der Bodenmächtigkeit (Abbildung 1). Dabei geht, insbesondere auf den Kuppen oder am Oberhang, nährstoffreicher, humushaltiger Oberboden verloren, der wichtig für die Sicherung der landwirtschaftlichen Erträge ist. Durch diesen Verlust werden die natürlichen Bodenfunktionen wie das Wasser- und Nährstoffspeichervermögen sowie die Fähigkeit, Schadstoffe zu filtern und abzubauen, beeinträchtigt. Das gefährdet langfristig unsere Ernährungssicherheit, da fruchtbarer Boden schneller verloren geht, als neuer Boden entstehen kann. Boden entwickelt sich sehr langsam. Es dauert mindestens 100 Jahre bis ein Zentimeter humoser Boden entsteht – der kann jedoch bei einem einzigen starken Gewitterregen durch Erosion verloren gehen. Seit Beginn der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Menschen sind vielerorts Bodenverluste von mehreren Dezimetern keine Seltenheit.
Das durch Wasser oder Wind transportierte Bodenmaterial kann darüber hinaus durch Ablagerungen am Unterhang oder in Senken sowohl benachbarte Ackerflächen als auch benachbarte Land- und Gewässerökosysteme und Infrastrukturen (Off-Site) schädigen:
Auf Ablagerungsflächen können Verschlämmungen sowie die Überdeckung von Pflanzen Ernteerträge mindern.
Die an die Bodenpartikel gebundenen Nähr- und Schadstoffe können in benachbarten Land- und Gewässerökosystemen zu einer Schadstoffanreicherung und Eutrophierung beziehungsweise Versauerung beitragen. In besonders sensiblen Gewässern kann das dazu führen, dass die Ziele der EU Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht werden (siehe auch die UBA-Themenseite: „Wasserrahmenrichtlinie“).
Das abgelagerte Bodenmaterial kann an anthropogenen Infrastrukturen wie Siedlungs- und Verkehrsflächen, Kanalisationen und Stauhaltungen hohe Sachschäden verursachen.
Um langfristig unsere Ernährungssicherheit zu gewährleisten, muss es Ziel aller Akteure (Bund, Länder, Land- und Wasserwirtschaft) sein, unsere Böden vor schädlichen Veränderungen und damit auch vor Erosion zu bewahren. Dafür müssen das tatsächliche Erosionsrisiko eingeschätzt, Erosionsereignisse erfasst und erosionsmindernde Maßnahmen ergriffen werden. So können landwirtschaftlich genutzte Flächen sowohl On-site als auch Off-site vor den Schäden durch Erosion bewahrt werden. Darüber hinaus werden benachbarte sensible Ökosysteme (Land, Gewässer) aber auch Infrastrukturen vor Material- und Schadstoffeintrag geschützt.
Erosion erkennen und erfassen
Bodenerosion tritt sehr unregelmäßig und räumlich begrenzt auf. Das macht es anspruchsvoll, den Vorgang zu beobachten, zu dokumentieren, zu bilanzieren und in seinen Auswirkungen zu bewerten. Erosion erfolgt entweder wenig sichtbar und schleichend, verbunden mit flächigem Bodenverlust oder sie tritt zum Beispiel verursacht durch Starkregen, deutlich sichtbar, mess- und kartierbar in linienhafter Form als Rillen (zwei bis zehn Zentimeter), Rinnen (zehn bis 40 Zentimeter) bis hin zu Gräben (größer als 40 Zentimeter) auf (Abbildungen).
Um lokal den tatsächlichen Bodenabtrag durch Wasser oder Wind zu ermitteln, bedarf es einer Erfassung der Erosionsereignisse. Die zweckmäßigste Methode ist die standardisierte Kartierung. Dabei sollten sowohl die Erosionsformen On-site als auch die Ablagerungsformen Off-site erfasst und dokumentiert werden. Für eine bundesweit harmonisierte einheitliche Erfassung stehen Kartieranleitungen als Arbeitshilfen für den bodenschutzrechtlichen Vollzug sowohl für Wassererosion (DWA 2021) als auch Winderosion (LABO 2018) zur Verfügung. Die Kartierung ist allerdings mit erheblichem Aufwand verbunden und derzeit bundesweit nur stichprobenartig möglich.
Für die regionale und überregionale Betrachtung, unter anderem zur Ausweisung der Erosionsgefährdung durch Wasser und Wind, werden Modelle beziehungsweise entsprechende methodische Ansätze genutzt. Diese kommen sowohl auf Ebene der Bundesländer unter anderem als Grundlage für den Vollzug als auch bundesweit für die überregionale Bewertung des Bodenzustands zur Anwendung. Bundesweit wurde für die Ausweisung der Winderosion das methodische Vorgehen nach DIN 19706:2013-02 verwendet (siehe auch UBA-Themenseite „Bodenerosion durch Wind“) und für Wassererosion die Allgemeine Bodenabtragsgleichung (ABAG) (siehe auch UBA-Themenseite „Bodenerosion durch Wasser“).
Was tun - damit wir keine Bodenkrume mehr verlieren?
Ein bundesweiter Rahmen für bodenschutzrechtliche Anforderungen wird durch das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) sowie die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) gespannt. Hier finden sich unter anderem Anforderungen zum Schutz der Böden vor beziehungsweise der Gefahrenabwehr von Bodenerosion. Bezogen auf die bewirtschaftungsbedingten Faktoren gibt das BBodSchG (Vierter Teil „Landwirtschaftliche Bodennutzung“) mit den Grundsätzen der „Guten fachlichen Praxis (gfP)“ im § 17 die Richtschnur vor und verpflichtet die Landwirtschaft zur Vorsorge und zur Vermeidung von Bodenerosion. Adressiert werden hier die Notwendigkeit einer standortangepassten Bewirtschaftung sowie der Erhalt naturbetonter Strukturelemente der Feldflur zur vorsorglichen Vermeidung schädlicher Bodenerosion.
Voraussetzung für die Umsetzung einer standortangepassten Bewirtschaftung ist die Einschätzung der Erosionsgefährdung auf den betreffenden Flächen. Diese Abschätzung einschließlich der notwendigen Maßnahmen kann ein Landwirt entweder selber ermitteln oder bei Bedarf durch entsprechende Beratung nach § 17 BBodSchG erhalten. In vielen Bundesländern existieren dazu Verfahren.
In der BBodSchV Teil sechs § 9 sind ergänzende Vorschriften für die Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenveränderungen auf Grund von Bodenerosion durch Wasser festgehalten.
Die Umsetzung und die Kontrolle der bundesweiten Anforderungen, das bedeutet die Übertragung in die landwirtschaftliche Praxis, liegt in der Verantwortung der Bundesländer. Allerdings zeigt sich an dieser Schnittstelle, dass es in der bestehenden Bundesgesetzgebung Defizite gibt. Ein Defizit, welches in den Vollzug wirkt ist, dass bisher die Grundsätze der Guten fachlichen Praxis (gfP) nicht weiter konkretisiert beziehungsweise mit verbindlichen Standards unterlegt sind. Das macht eine Kontrolle der Einhaltung der Grundsätze unmöglich. Darüber hinaus ist eine Kontrolle der Einhaltung der vorsorgenden Empfehlungen im Vollzug bisher auch nicht vorgesehen. Somit wird zwar der Schutz vor Bodenabtrag rechtlich eingefordert, die Durchsetzung der Vorsorge im Bereich der landwirtschaftlichen Bodennutzung sieht das bestehende bodenschutzrechtliche Instrumentarium aber bisher nicht vor.
Weiterhin sind im Bereich der EU-Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe die Regelungen der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung (AgrarZahlVerpflV) zu beachten. Sie regelt national die Gewährung von Fördermitteln der gemeinsamen EU Agrarpolitik (GAP) im Rahmen der Cross-Compliance (CC) Bestimmungen. Je nach Gefährdung der Flächen eines Betriebes ist beispielsweise die Zahlung von Fördermitteln an bestimmte Auflagen zur Vermeidung von Bodenverlusten gebunden. Grundsätzlich ist das Instrument geeignet, Vorsorgemaßnahmen zu fördern. Derzeit stellen die Auflagen jedoch nur einen Mindeststandard dar, da der allgemein verfügbare Stand der Technik in der „Guten fachlichen Praxis“ nach § 17 BBodSchG eine wirksamere Vorsorge garantiert. Die Erfüllung der Auflagen ist zudem freiwillig und vom Bundes-Bodenschutzgesetz losgelöst, dessen Grundsätze verpflichtend sind. Geeignete Bodenbearbeitungstechniken und eine Vielzahl an Handlungsempfehlungen leisten einen wichtigen Beitrag für den Schutz des Bodens vor Erosion.
Wirksame Maßnahmen im Kontext der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung sind bekannt und umfänglich beschrieben, unter anderem herausgegeben vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL 2015, BMEL 2016). Wichtig sind Bewirtschaftungsformen zur Erhöhung des Grades der Bodenbedeckung durch Pflanzen und Pflanzenreste. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nennt hier eine Faustzahl von ganzjährig mindestens 30 Prozent Bodenbedeckung, die gegeben sein sollte. Zum Erhalt der Aggregatstabilität der Böden sollten konservierende Bewirtschaftungsformen Anwendung finden. Dies sollte einhergehen mit unterstützenden Maßnahmen zur Erhöhung der strukturellen Vielfalt in der Agrarlandschaft (Landentwicklung und Flurneuordnung).
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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