Trifft starker Wind auf nackten oder wenig bedeckten Boden, wird Bodenmaterial aufgewirbelt und teils über lange Strecken durch die offene Landschaft transportiert. Die Folge ist der schleichende Verlust von fruchtbarem Boden. Auf angrenzenden Flächen oder in benachbarten Ökosystemen kommt es zu Schäden. Akute Gefahrensituationen für Menschen zum Beispiel durch Sichtbehinderungen sind möglich.
Ist der Boden nicht durch eine geschlossene Vegetationsdecke – zum Beispiel auf Äckern – geschützt, können starke Winde Turbulenzen an der Erdoberfläche erzeugen, die die Bodenteilchen in Bewegung bringen und transportieren. Langfristige Folge ist der Verlust von Boden, einhergehend mit einer Verringerung der Bodenfruchtbarkeit und damit der Verringerung der Ertragsfähigkeit landwirtschaftlich genutzter Böden.
Bereits Windgeschwindigkeiten zwischen 6 bis 8 m pro Sekunde (mäßiger bis frischer Wind; gemessen in 10 Metern Höhe über Geländeoberfläche) gelten als auslösend für erosiven Bodenabtrag durch Wind (BMEL 2001). In Abhängigkeit von der Stärke des Windes und der Größe der Bodenpartikel erfolgt ihre Bewegung in Form von:
Springende und rollende Bodenteilchen werden häufig über kurze Distanzen an Windhindernissen abgelagert. Die feinen, meist fruchtbarsten Bodenbestandteile (Schluff, Tonminerale, Humus und Pflanzennährstoffe), können dagegen durch Suspension über weite Entfernungen transportiert werden. Sie gehen damit von der Fläche verloren, während die gröberen und humusarmen Bodenpartikel verbleiben. Das führt zur Schädigung der Bodenstruktur und der Bodenfunktionen wie des Wasser- und Nährstoffspeichervermögens und mündet in eine Minderung der Bodenfruchtbarkeit einhergehend mit einem Verlust an Biodiversität.
Am Ort der Ablagerung des transportierten Materials können Schäden zum Beispiel durch Pflanzenüberdeckung und Blattschliff entstehen (siehe Abbildung). An den feinen Partikeln können verstärkt Nähr- und Schadstoffe haften, die in angrenzenden sensiblen Landökosystemen oder Gewässern zu Schadstoffanreicherungen oder Eutrophierung beitragen können (siehe zum Beispiel Critical Loads). Winderosion kann im Akutfall aber auch unmittelbar für den Menschen gefährlich werden, zum Beispiel, wenn sich Staubwolken bilden, die zu massiven Sichtbehinderungen führen (Wurbs und Steininger 2017).
Was begünstigt die Erosion durch Wind?
Das Ausmaß der Winderosion ist regional beziehungsweise lokal abhängig von natürlichen, Standort-bedingten Faktoren. Dazu zählen:
Erodierbarkeit der Böden: Die Anfälligkeit der Böden für Erosion wird bedingt durch ihre Genese und ihre Zusammensetzung wie Bodenart und Humusgehalt des Oberbodens.
klimatische Bedingungen: Die Höhe der Niederschläge und ihre saisonale Verteilung haben unmittelbaren Einfluss auf die Bodenfeuchte. Trockenheit begünstigt Winderosion. Eine ebenfalls entscheidende Rolle spielen darüber hinaus die regional auftretenden Windgeschwindigkeiten. Sie bestimmen die erosive Wirksamkeit des Windes.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die sich auch gegenseitig beeinflussen können. Dazu zählen:
Bewirtschaftung/Bodenbedeckung: Die Art der Bewirtschaftung, wie Dauer und Zeitpunkt fehlender Bodenbedeckung durch Pflanzen und Pflanzenrückstände, hat einen großen Einfluss. Unbedeckte oder nur wenig bedeckte Böden bieten eine günstige Angriffsfläche für Winde und deren erosive Wirkung. Bereits eine Bodenbedeckung ab ca. 30 Prozent wirkt der Winderosion entgegen. Wohingegen eine geschlossene Bodenbedeckung die Angriffsmöglichkeit des Windes nahezu verhindert. Der Grad der Bodenbedeckung ist sowohl abhängig von den angebauten Fruchtarten (Wachstumszyklen) selbst als auch von konservierenden Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Zwischenfruchtanbau, Mulchen und dem Grad der Bodenbearbeitung.
Landschafts- und Agrarstruktur: Eine windoffene Agrar- und Landschaftsstruktur ohne ausreichende Windhindernisse begünstigt ebenfalls die erosive Wirkung des Windes. Laut Thünen Institut kann als grober Orientierungswert eine Anfälligkeit für Winderosion bei weniger als fünf Kilometer Flurelementen je Quadratkilometer angenommen werden.
Klimaveränderungen: Die Zunahme von Trockenphasen, die eine sinkende Bodenfeuchte bedingen, und eine Zunahme der mittleren Windgeschwindigkeiten begünstigen Erosion durch Wind.
Wo ist die Gefährdung durch Winderosion in Deutschland am höchsten?
Für die regionale Ausweisung der Gefährdung durch Winderosion sind Modellaussagen notwendig. Für die bundesweite Betrachtung wurden unter anderem methodisch die Verfahren nach DIN 19706:2013-02 herangezogen. Eine detaillierte Beschreibung der verwendeten Datengrundlagen, der methodischen Vorgehensweise und eine Diskussion der Ergebnisse finden sich im UBA-Bericht „Bundesweite Gefährdung der Böden durch Winderosion…“ (Wurbs und Steininger 2017).
Die Ergebnisse zeigen, dass in Deutschland bedingt durch die Zusammensetzung der Böden und unter Berücksichtigung der mittleren Windgeschwindigkeiten die Gefährdung durch Winderosion im Norden, auf den ackerbaulich genutzten mittleren und leichten Tieflandstandorten, am höchsten ist. Hohe und sehr hohe Gefährdungsstufen finden sich in größeren Teilen Schleswig-Holsteins, Mecklenburg-Vorpommerns und im westlichen Niedersachsen (Abbildung 1). Die ackerbaulich genutzten Flächen im Norddeutschen Tiefland, in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen zeigen mittlere Gefährdungsstufen.
Die natürliche Erosionsgefährdung kann in einem weiteren Schritt mit den Informationen zu Schutzwirkungsstufen von Windhindernissen wie Baumreihen und Hecken verknüpft werden um die potentielle Erosionsgefährdung durch Wind auszuweisen (Abbildung 2). Basis sind Informationen zu den Hauptwindrichtungen zur Abschätzung der Luv und Lee Effekte und zu mittleren Hindernishöhen. Flächen mit hoher bis sehr hoher potentieller Gefährdung finden sich vor allem in Schleswig-Holstein und im westlichen Niedersachsen.
Da die Bewirtschaftung von Ackerflächen insbesondere über den Faktor Bodenbedeckung eine wichtige Rolle spielt wurde in einem weiteren Schritt deutschlandweit auch die bewirtschaftungsbezogene Erosionsgefährdung durch Wind ausgewiesen. Grundlage waren die regional angebauten Fruchtartenanteile auf den ackerbaulich genutzten Flächen. Für das Jahr 2010 zeigt sich, dass auf rund 68 Prozent der Anbaufläche eine mittlere bis sehr gute bewirtschaftungsbezogene Schutzwirkung erreicht wird. Auf rund32 Prozent der Anbauflächen liegt jedoch nur eine geringe bis sehr geringe Schutzwirkung vor. Dabei konzentrierten sich teilweise Anbausysteme mit hoher Gefährdung auf Standorten mit hoher natürlicher Winderosionsgefährdung.
Maßgebend für den Erosionsschutz im Rahmen der landwirtschaftlichen Nutzung sind die Grundsätze und Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis im Bodenschutz (gfP) nach §17 Absatz 2 Nummer 4 und 5 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG):
Bodenabträge werden durch eine standortangepasste Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, möglichst vermieden,
die naturbetonten Strukturelemente der Feldflur, insbesondere Hecken, Feldgehölze, Feldraine und Ackerterrassen, die zum Schutz des Bodens notwendig sind, sollen erhalten werden.
Sowohl ein mehr an Vielfalt in Fragen der Bewirtschaftung (weitere, vielfältigere Fruchtfolgen, Anbau von Zwischenfrüchten, Untersaaten) als auch eine größere strukturelle Vielfalt sowohl in der Agrarlandschaft selbst (Anlage von Erosionsschutzstreifen, Windschutzpflanzungen oder Agroforstsysteme) als auch Nutzungsumwidmungen und die Anlage von Biotopen wie Blühstreifen leisten einen Beitrag für effizienten Erosionsschutz.
Besonders mit Blick auf die prognostizierten Klimaveränderungen sind zunehmende Anstrengungen in der Umsetzung vorsorgender Maßnahmen zum Schutz vor erosivem Bodenverlust geboten. Modellbetrachtungen in ausgewählten Testgebieten zeigen, dass durch klimabedingte Einflüsse wie zunehmende Trockenheit und zunehmende mittlere Windgeschwindigkeiten ein Anstieg der natürlichen Erosionsgefährdung durch Wind zu erwarten ist. Dem kann nur mit strukturellen Anpassungen auf den Flächen und Anpassungen in der Art der Bewirtschaftung und der Anbausysteme entgegengewirkt werden.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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