Häufige Fragen zu Quecksilber

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Quecksilber gelangt vor allem durch den Verzehr von Fisch in den Körper
Quelle: Oliver Sved / Fotolia.com

Quecksilber ist ein Schwermetall. Es ist für den Menschen giftig. Hier erfahren Sie, wie Quecksilber in die Umwelt gelangt, wie es sich auf Umwelt und Mensch auswirkt und welche Maßnahmen helfen, den Eintrag von Quecksilber in die Umwelt zu reduzieren. Dabei wird auch beleuchtet, welche Rolle Kohlekraftwerke spielen.

Inhaltsverzeichnis

 

Wie kommt das Quecksilber in die Umwelt?

Quecksilber (chemisch Hg) ist ein natürlich vorkommender, nicht abbaubarer ⁠Stoff⁠. Quecksilber ist in der gesamten Umwelt vorhanden. In der ⁠Atmosphäre⁠ reagiert es kaum mit anderen Stoffen. So verteilt es sich mehr oder weniger gleichmäßig über große Entfernungen. Quecksilber durchläuft in der Umwelt viele Stoffkreisläufe zwischen den Luft, Wasser und Boden, ehe es in tiefen Sedimentschichten eingeschlossen wird oder stabile mineralische Verbindungen eingeht und so schließlich nicht weiter verteilt werden kann.

Quecksilber gelangt über verschiedene Wege in die Umwelt. Zum einen sind dies natürliche Quellen wie ⁠Erosion⁠, Vulkanausbrüche, Geysire oder wenn ⁠Biomasse⁠ verbrennt (z. B. Waldbrände, Steppenbrände), wodurch es aus gebundener Form wieder in die ungebundene Form übertritt. Zum anderen setzt der Mensch Quecksilber frei: Wir verbrennen fossile Brennstoffe für die Energieerzeugung (hauptsächlich Kohle), bauen Quecksilber ab und schürfen Gold bzw. bereiten es auf. Überall hier, aber auch durch andere Quellen, wie Zahnamalgam, wird Quecksilber in die Umwelt freigesetzt.

Einen Überblick über die Einträge von Quecksilber von Industriestandorten sowohl in die Luft als auch in Oberflächengewässer liefert das Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister (⁠PRTR⁠). In Deutschland melden die berichtspflichtigen Industriestandorte jährlich ihre Quecksilberemissionen an das PRTR. Grundlage hierfür ist die EU-Verordnung für die Errichtung eines Europäischen Schadstoffregisters (E-PRTR-Verordnung - EG-Verordnung Nr. 166/2006) und deren Umsetzung in deutsches Recht.

Die PRTR-Meldungen zu Quecksilber-Emissionen umfassen all die Standorte, die mehr als zehn Kilo Quecksilber pro Jahr in die Luft und / oder mehr als ein Kilo in das Wasser freisetzen. Die Emissionen aus Standorten, die unterhalb dieser Schadstoffschwellenwerte für Luft und Wasser liegen, müssen nicht an das PRTR gemeldet werden.

Tabelle 1 zeigt die Daten der PRTR-Meldungen für das Jahr 2013.

Aus den Branchen der „Papier- und Holzindustrie“, „Lebensmittelindustrie“, „Intensivtierhaltung und Aquakultur“ sowie „Sonstiger Industriezweige“ liegen keine PRTR-Meldungen zu Quecksilber-Emissionen vor.

Die in der PRTR-Berichterstattung für Deutschland betrachteten Betriebe haben für das Jahr 2013 insgesamt eine Freisetzung und Verbringung von über 7.500 kg Quecksilber gemeldet, davon 6.943 kg/a in die Luft, 422 kg/a in das Abwasser und 200 kg/a in die Gewässer, wobei 150 kg/a über Abwasserbehandlungsanlagen (Kommunale Kläranlagen) in die Gewässer gelangen.

Die Zahl der PRTR-Betriebe, die Quecksilber-Emissionen in die Luft meldeten, ging im Betrachtungszeitraum von 2007 bis 2013 kontinuierlich zurück. Auch die Quecksilber-Jahresfrachten reduzierten sich von 2007 bis 2013 um mehr als eine Tonne (Abbildung).

Der Energiesektor setzt am meisten Quecksilber in die Luft frei: 73 Prozent fallen dort an. Innerhalb des Energiesektors spielen Kraftwerke („Wärmekraftwerke und andere Verbrennungsanlagen mit einer FeuerungsWärmeLeistung von > 50 MW“) eine Rolle, sie setzen 5.000 kg/a frei.

Ins Wasser gelangt das Quecksilber aus Anlagen hauptsächlich aus der Branche der „Abwasser- und Abfallbehandlung“. Sie sind für 75 Prozent des gemeldeten Gesamteintrages verantwortlich. Hauptverursacher innerhalb dieser Branche sind die „Kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Leistung von >100.000 Einwohnergleichwerten“ mit einem Eintrag von 150 kg Quecksilber im Jahr 2013. Wir gehen aber davon aus, dass diese Zahl deutlich zu hoch ist, da sie überwiegend auf veralteten Emissionsfaktoren beruht, die aufgrund zu geringer Messempfindlichkeit geschätzt wurden und so zu hohe Werte ergeben. Neuere Untersuchungen mit empfindlicheren Analysenverfahren ergeben eine Abschätzung von deutlich weniger, nämlich etwa 17 kg Quecksilberemission aus allen Kläranlagen in Deutschland.

Das Quecksilber in den deutschen Oberflächengewässern stammt aus einer Reihe von Quellen und wird über unterschiedliche Pfade eingetragen. Die im PRTR gemeldeten Emissionen beschreiben nur einen kleinen Teil der Gesamteinträge in die Gewässer. Der weit überwiegende Anteil des Quecksilbers gelangt über andere Prozesse von Acker- und Siedlungsflächen in die Oberflächengewässer. Diese sowohl aus natürlichen als auch anthropogenen Quellen in die Luft abgegebenen Quecksilberemissionen lagern sich mit dem Niederschlag regional und überregional auf der Landoberfläche ab. Von dort gelangen sie über unterschiedliche Eintragspfade (z.B. Erosion, Straßenabläufe usw.) in die Oberflächengewässer. 

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Wie sehr ist die Umwelt durch Quecksilber belastet?

Wie ist unsere Luft belastet?

Quecksilber liegt in der ⁠Atmosphäre⁠ in unterschiedlichen Formen vor: als elementares gasförmiges Quecksilber, in Form gasförmiger Quecksilberverbindungen sowie gebunden an Staubpartikeln. Wie lange diese drei Quecksilberarten in der Atmosphäre bleiben, ist sehr unterschiedlich. Genauso wie sie sich chemisch-physikalisch verhalten.

Das elementare gasförmige Quecksilber bleibt bis zu einem Jahr und länger in der Erdatmosphäre. Mit den Luftströmungen wird es in diesem Zeitraum über Landesgrenzen und Kontinente hinweg transportiert. Es kann mehrmals den Globus umrunden und wird dabei weiträumig verteilt. Während das elementare gasförmige Quecksilber nahezu wasserunlöslich ist, sind andere gasförmige Quecksilberverbindungen oft wasserlöslich und gelangen deshalb recht schnell mit dem Niederschlag auf die Erdoberfläche (siehe auch Kapitel ⁠Deposition⁠). Auch Staubpartikel sinken je nach Größe mit den an sie gebundenen Quecksilberteilchen früher oder später auf die Erdoberfläche.

Die Hintergrundkonzentration von gasförmigem elementarem Quecksilber in der Atmosphäre ist auf der Nordhalbkugel seit etwa 30 Jahren mehr oder weniger gleich hoch. Sie liegt bei ca. 1,5 - 1,7 Milliardstel Gramm pro Kubikmeter Luft (ng/m3). Das bestätigen auch die langjährigen Messungen des Umweltbundesamtes an vier Hintergrundmessstationen seines Luftmessnetzes.

Die mittlere Konzentration des partikelgebundenen Quecksilbers an der ⁠UBA⁠-Hintergrundmessstation Waldhof liegt bei 7 - 11 Billionstel Gramm pro Kubikmeter Luft (pg/m3). Dessen Anteil am gesamten Quecksilber in der Luft beträgt somit weniger als 1 Prozent.

Von der Luft auf den Boden

Mit dem Niederschlagswasser gelangt Quecksilber (insbesondere wasserlösliche gasförmige Quecksilberverbindungen, aber auch partikelgebundenes Quecksilber) aus der Atmosphäre auf die Erdoberfläche. Dieser Vorgang heißt nasse Deposition. An drei norddeutschen Hintergrundmessstationen des UBA-Luftmessnetzes ist die nasse Quecksilber-Deposition seit den 1990er Jahren rückläufig. Zu Beginn der 1990er Jahre gelangten mit dem Niederschlagswasser noch rund 10 Millionstel Gramm Quecksilber pro Jahr auf einen Quadratmeter (µg Hg/m2a), 2010 waren es nur noch etwa 40 Prozent davon (4 µg Hg/m2a).

Insgesamt gelangten in Deutschland im Jahr 2010 5,4 Tonnen Quecksilber aus der Luft auf den Boden. Das ergaben Modellrechnungen des internationalen Luftüberwachungsprogramms EMEP. Davon stammten 3,2 Tonnen Quecksilber aus direkten anthropogenen, also menschengemachten Emissionen aus der EMEP-Region (davon 2,1 Tonnen aus Deutschland). Die restlichen 2,2 Tonnen Quecksilber stammten aus natürlichen, globalen und historischen Emissionsquellen (das heißt 38 Prozent der Gesamtdeposition).

Die Quecksilber-Gesamtdepositionen in Deutschland lagen im Jahr 2010 größtenteils im Bereich von 12 bis 30 µg Hg/m², die höchsten Depositionen (ca. 40 bis 44 µg Hg/m²) traten in Westdeutschland (NRW), die niedrigsten Depositionen (ca. 8 bis 12 µg Hg/m²) vorwiegend in Norddeutschland auf. Für den Zeitraum 1990 bis 2010 wurde mit dem EMEP-Modell ein Rückgang der mittleren Quecksilber-Gesamtdeposition in Deutschland um ca. 55 Prozent von 34 µg Hg/m² im Jahr 1990 auf 15 µg Hg/m² im Jahr 2010 berechnet.

Wie sind unsere Flüsse und Seen belastet?

Das Umweltbundesamt nimmt mit der Umweltprobenbank seit den 1990er-Jahren regelmäßig Proben von Brassen (Abramis brama) in den drei großen Flussgebieten Rhein (mit Saar), Elbe (mit Mulde / Saale) und Donau sowie in zwei Seen (Belauer See, Stechlinsee). Diese Proben aus tierischem Gewebe werden Biota-Proben genannt. Untersucht werden Mischproben, die aus Filets von acht bis zwölf Jahre alten Fischen zusammengesetzt sind. Die Proben zeigen, dass die Quecksilberbelastung in den untersuchten Seen geringer ist als in Rhein, Elbe und Donau. In den Flussgebieten zeigen sich in den letzten Jahren kaum signifikante Entwicklungen. Zuletzt gab es in den 1990er-Jahren deutliche Rückgänge der Quecksilbergehalte in den Fischen der Elbe. Die Belastung etablierte sich dann – im Vergleich zu den Fischen der anderen Flussgebiete – auf einem höheren Niveau.

Das Umweltqualitätsziel der ⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ für Quecksilber in Fischen liegt bei 20 ng/g Frischgewicht. Die Fischproben der beiden Seen im Norden Deutschlands liegen im Bereich dieser Norm. Brassen aus den großen Flussgebieten allerdings verfehlen das Umweltqualitätsziel um den Faktor 5-16.

Die Ergebnisse lassen sich im Detail auf www.umweltprobenbank.de recherchieren.

Das Umweltbundesamt bekommt von den Bundesländern für ausgewählte Messstellen auch die Schwebstoffdaten von Fließgewässern. Die höchsten mittleren Quecksilberkonzentrationen in Schwebstoffen liegen an Wupper, Schwarzbach, Saale, Oker, Mulde und Elbe unterhalb der Saale vor. In den großen Flüssen zeigen die Schwebstoffe der Elbe – analog zu den abnehmenden Konzentrationen in Brassen – an den meisten Messstellen ebenfalls abnehmende Trends. Die Elbe hat unter den großen Flüssen ein höheres Belastungsniveau, gefolgt von Oder, Rhein, Weser und Donau.

Die Hauptursache für die hohen Quecksilbergehalte in den Fischen sind historisch bedingte und weltweit vorzufindende Quecksilberbelastungen in den Gewässersedimenten. Lokal können aufgrund früherer spezifischer Emissionen auch stark belastete Sedimente vorgefunden werden. Zur Belastung der Sedimente als auch zur Klärung der Beziehungen zwischen Sediment- und Biotabelastungen besteht Untersuchungsbedarf.

Wie sind unsere Böden belastet?

In Deutschland werden etwa 17 Millionen Hektar (ha) Böden landwirtschaftlich genutzt. Zur Nährstoff- und Humusversorgung der Böden werden jährlich etwa 220 Millionen Kubikmeter Wirtschaftsdünger (DESTATIS, 2011), 0,6 Millionen Tonnen Klärschlamm (⁠BMELV⁠, 2012), 2,3 Millionen Tonnen Komposte (einschließlich Verwendung in der Forstwirtschaft. BMELV, 2012) und 4,7 Millionen Tonnen Mineraldünger (Stickstoff, Phosphor, Kalium, Kalk) eingesetzt (DESTATIS, 2013). Die Düngemittel enthalten neben den erwünschten Hauptnährstoffen (Stickstoff, Phosphor, Kalium, Schwefel, Calcium und Magnesium) und Spurennährstoffen (wie Eisen, Mangan) auch Schadstoffe, unter anderem Quecksilber.
Bei der Verwertung von Klärschlamm und Kompost auf landwirtschaftlich genutzten Böden muss der maximal zulässige Quecksilbergehalt eingehalten werden, wie er bis Ende 2014 in der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) und der Bioabfallverordnung (BioAbfV) geregelt war. Seit 2015 gilt auch für Düngemittel aus Abfällen der für alle Düngemittel geltende Grenzwert der Düngemittelverordnung (DüMV). In der Tabelle sind die mittleren Quecksilbergehalte in Klärschlamm und Kompost sowie die dazugehörigen Grenzwerte aufgelistet.

Kompost und Klärschlämme enthielten z. B. 2009 deutlich weniger Quecksilber als gesetzlich erlaubt. Überhaupt sind die mittleren Gehalte von Quecksilber in diesen Düngemitteln in den letzten Jahrzehnten stark gesunken, wie die Abbildungen zeigen. Auch Wirtschaftsdünger (z.B. Rindergülle) und mineralische Düngemittel enthalten neben Pflanzennährstoffen Quecksilber.

Im Ackerboden dürfen laut Bundes-Bodenschutzgesetz maximal 1,5g/ha pro Jahr an Quecksilber eingetragen werden. Eine Studie aus dem Jahr 2008 zeigt, dass Klärschlamm und Komposte für die Hälfte all dieser Einträge verantwortlich waren. Dies ist ein Ansatzpunkt für eine mögliche Reduzierung der Quecksilberbelastung von Ackerböden.

Literatur

BMELV, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2012): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2012. Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster-Hiltrup

BMUB, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (2014): Deutsche Klärschlammberichte an die Europäische Union gemäß RL 86/278.

DESTATIS, Statistisches Bundesamt (2020): Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft in landwirtschaftlichen Betrieben – Erhebung zur Wirtschaftsdüngerausbringung.Fachserie 3 Reihe 2.2.2, Wiesbaden

DESTATIS, Statistisches Bundesamt (2021): Düngemittelversorgung. Fachserie 4 Reihe 8.2 – Wirtschaftsjahr 2012/2013, Wiesbaden

Knappe, I., Möhler, S., Ostermayer, A., Lazar, S., Kaufmann, C. (2008): Vergleichende Auswertung von Stoffeinträgen in Böden über verschiedene Eintragspfade. UBA-Texte 36/08, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau

KÖRDEL, W., Herrchen, M., Müller, J., Kratz, S., Fleckenstein, J., Schnug, E., Dr. Saring, U., Thomas, J., Reinhold, J. (2007): Begrenzung von Schadstoffeinträgen bei Bewirtschaftungsmaßnahmen in der Landwirtschaft und Abfallverwertung. UBA-Texte 30/07, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau

Umweltbundesamt (2015): Daten der Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V

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Wie wirkt sich Quecksilber in der Umwelt aus?

Weder Tiere, Pflanzen noch Mikroorganismen benötigen Quecksilber für ihren Stoffwechsel. Ab einer bestimmten Konzentration ist Quecksilber für alle Lebewesen giftig.

In den Nahrungsnetzen der Gewässer reichert sich Quecksilber an in Form des hochgiftigen Methyl-Quecksilbers (CH3Hg+). Tierische Räuber, die sich hauptsächlich von Fischen aus Binnengewässern oder aus dem Meer ernähren, können daher kritische Werte an Quecksilber-Konzentration im Körper erreichen. Besonders betroffen sind so genannte Spitzenprädatoren, also Tiere an der Spitze der Nahrungsketten wie Raubfische, Greif- und Wasservögel, Otter und Robben. Um Raubtiere zu schützen, die sich ausschließlich von mit Quecksilber belasteten Fischen ernähren, wurde das Umweltqualitätsziel der ⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ für Quecksilber in Fischen auf 20 Nanogramm/Gramm Frischgewicht festgelegt. Also auf einen Wert, der deutlich niedriger ist als die Quecksilber-Lebensmittelgrenzwerte für Fische. Quecksilber schädigt das Nervensystem, daher können Folgen dieser chronischen Belastungen Verhaltensveränderungen der Tiere sein. Auch verminderte Fortpflanzungsraten durch Quecksilberbelastung sind bekannt.

Zum Schutz dieser Spitzenprädatoren hat die Wasserrahmenrichtlinie für Quecksilber eine ⁠Umweltqualitätsnorm⁠ von 20 Mikrogramm pro Kilogramm Fisch festgelegt. Fast alle Fische in Deutschland überschreiten diesen Wert. Ein Risiko für Spitzenprädatoren, die sich ausschließlich von Fischen ernähren, kann also derzeit nicht ausgeschlossen werden.

In Böden ist Quecksilber in der Regel sehr fest an Humusbestandteile gebunden und reichert sich dort an. Es tritt praktisch nur in Verbindung mit gelöster oder suspendierter organischer Substanz in das Bodenwasser über und kann dann in geringem Maß in tiefere Bodenschichten ausgewaschen werden. Sind Kleinlebewesen (z. B. Regenwürmer) und Mikroorganismen im Boden erhöhten Quecksilberkonzentrationen ausgesetzt, kann das bodenbiologische Prozesse verändern und zum Beispiel den Abbau organischer Substanz hemmen. Allerdings werden die gelösten organischen Verbindungen kaum durch Pflanzenwurzeln aufgenommen und in die oberirdischen Pflanzenteile transportiert. Erhöhte Gehalte in Pflanzen sind in der Regel die Folge direkter Ablagerungen aus der ⁠Atmosphäre⁠. Bei dem Belastungsniveau, wie es derzeit in Deutschland verbreitet auftritt, besteht keine Gefährdung für Pflanzen oder für Wildtiere, die ihre Nahrung ausschließlich aus Landökosystemen (Acker, Wälder, Grasland, Heiden usw.) beziehen.

Weiterführende Informationen: Critical Loads für Schwermetalle

 

Wie wirkt sich Quecksilber auf den Menschen aus?

Quecksilber ist auch für Menschen giftig.

Für das Risiko für die allgemeine Bevölkerung ist im Wesentlichen das organische Quecksilber relevant, das sich beispielsweise im Fisch findet. Organische Quecksilberverbindungen können aus dem Magen-Darm-Trakt sowie auch über die Haut und die Lunge zu sehr hohen Anteilen aufgenommen werden. Nach der Aufnahme wird es im Körper verteilt und kann alle Organe erreichen. Weil es auch die Blut-Hirn-Schranke gut überwinden kann, erreicht es auch das zentrale Nervensystem, das bei chronischer Belastung hauptsächlich angegriffen wird. Bestimmte Zellen im Nervengewebe (sog. Astrozyten) sind für die Schädigungen durch organisches Quecksilber besonders empfindlich. Bei Schwangeren kann organisches Quecksilber die Plazentabarriere passieren und dann die Entwicklung des Gehirns von ungeborenen Kindern schwer schädigen. Auch Säuglinge und Kleinkinder sind hinsichtlich der neurotoxischen Wirkungen von Quecksilber besonders gefährdet, weil sie sich auch nach der Geburt in einem Stadium nicht abgeschlossener Organentwicklung befinden, welches das Nervengewebe besonders anfällig macht.

Dämpfe von elementarem Quecksilber wirken hochtoxisch auf das zentrale Nervensystem und die Nieren. Solche Wirkungen durch metallisches Quecksilber treten in Deutschland nur sehr selten auf. Selbst an Arbeitsplätzen, an denen mit Quecksilber gearbeitet wird, ist die Belastung mit Quecksilber sehr gering. Dies liegt an den hohen Sicherheitsstandards, die an Arbeitsplätzen eingehalten werden müssen.

Anorganische Quecksilber-Verbindungen sind weniger gefährlich, da sie nicht inhaliert und nur zu geringen Teilen aufgenommen werden können. Dennoch kann die Anwendung solcher Quecksilbersalze z. B. in Salben oder auch im Rahmen einer oralen therapeutischen Anwendung (beides heute in Deutschland allerdings nicht zugelassen) zu einer relevanten Aufnahme führen. Solche Belastungen durch anorganisches Quecksilber können zu Nierenschädigungen führen.

 

Woher stammen die gegenwärtigen Belastungen der Bevölkerung?

Zahnfüllungen aus Amalgam sind die typische Quelle für die Belastung der Bevölkerung mit elementarem Quecksilber und anorganischen Quecksilberverbindungen. Fisch und andere Meerestiere sind in der Regel verantwortlich für die Belastung mit organischem Quecksilber (Methyl-Quecksilber), da sich Methyl-Quecksilber in der aquatischen Nahrungskette anreichert (siehe Kapitel Wie wirkt sich Quecksilber in der Umwelt aus). Besonders hohe Methyl-Quecksilbergehalte weisen langlebige Raubfische wie Heilbutt, Schwert- oder Thunfisch auf.

Auch andere Lebensmittel wie Getreide, Gemüse oder Fleisch tragen zur Gesamtbelastung mit Quecksilber bei. Die Kontamination terrestrischer Pflanzen und Tiere kommt überwiegend von Quecksilber aus der Luft (z. B. aus Kraftwerken und Industriebetrieben), da Quecksilber aus dem Boden nicht in oberirdische Pflanzenteile gelangt.

In sehr seltenen Fällen können auch das Einatmen von Quecksilberdämpfen bei Bruch von quecksilberhaltigen Fieberthermometern oder mehrfacher gleichzeitiger Bruch von quecksilberhaltigen Energiesparlampen oder Leuchtstoffröhren, quecksilberhaltige Medikamente oder Altlasten als Quellen für die Allgemeinbevölkerung in Frage kommen.

Die Belastung durch Quecksilber aus Amalgamfüllungen hat in den letzten Jahren insbesondere bei den Kindern in Deutschland stark abgenommen. Daher kommt der Problematik des Verzehrs belasteter Lebensmittel relativ gesehen eine zunehmende Bedeutung zu. Klar ist: Die weitere Verbreitung von Quecksilber muss weitgehend verhindert werden, damit es nicht zu einer stärkeren Anreicherung in der Nahrungskette und zu einer Belastung des Menschen kommt.

 

Wie hoch ist die Bevölkerung mit Quecksilber belastet?

Zur Beurteilung der Quecksilberkonzentrationen in Blut und Urin hat die Kommission Human-Biomonitoring (HBM) toxikologisch begründete HBM-Werte abgeleitet. Für Deutschland gilt: Weniger als ein Prozent der Bevölkerung hat Quecksilberkonzentrationen im Blut und im Urin, bei denen eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht ausreichend sicher ausgeschlossen werden kann (HBM-I-Wert). Die aktuell vorliegenden Ergebnisse der Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit GerES und der Umweltprobenbank des Bundes zeigen auch, dass nur äußerst selten im Blut oder Urin Quecksilberkonzentrationen gemessen wurden, ab denen eine als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist, so dass akuter Handlungsbedarf zur Reduktion der Belastung besteht (HBM-II-Wert).
Die Zeitreihen der Umweltprobenbank des Bundes zeigen, dass die Belastung der Bevölkerung mit Quecksilber kontinuierlich abgenommen hat. Dennoch kann es in Ausnahmefällen auch heute noch vorkommen, dass zum Beispiel durch eine besondere Form der Ernährung – insbesondere mit hohem Fischverzehr – bedenkliche Mengen Quecksilber aufgenommen werden.

 

Welche Maßnahmen helfen, den Eintrag von Quecksilber in die Umwelt zu reduzieren?

Hauptursachen der heutigen Belastung sind historische Emissionen. Dennoch ist es weiterhin wichtig, weitere Einträge zu vermeiden oder soweit wie möglich zu reduzieren. Dazu gehören die weiteren Emissionsminderungen von Quecksilber aus Kohlekraftwerken und Industrieanlagen, der umweltsichere Umgang mit quecksilberhaltigen Abfällen, die Sanierung von hochbelasteten Depots (z.B. die Sanierung von hochbelasteten Sedimentbereichen im Rahmen von Sedimentmanagementplänen) sowie der Verzicht auf die landwirtschaftliche Ausbringung von Klärschlamm.

International wurde auf Initiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (⁠UNEP⁠) die Minamata-Konvention entwickelt, die im Oktober 2013 in Kumamoto, Japan, gezeichnet wurde. Ziel der Minamata-Konvention ist es, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor nicht natürlichen (anthropogenen) Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen zu schützen. Die Minamata-Konvention tritt in Kraft, wenn insgesamt 50 Signatarstaaten ratifiziert haben. Das Ratifizierungsverfahren durch die EU läuft derzeit und wird nach erfolgreichem Abschluss das Inkrafttreten der Minamata-Konvention auslösen.

Die Minamata-Konvention verbietet unter anderem ab dem Jahr 2020 (Phase-Out-Zeitpunkt) die Produktion und den Import / Export quecksilberhaltiger Produkte, wie beispielsweise Batterien, elektrische Schalter und Relais, bestimmte Leuchtstofflampen, Kosmetika, ⁠Pestizide⁠ und Biozide sowie bestimmte quecksilberhaltige Messinstrumente wie z.B. Barometer, Thermometer, Hygrometer und Manometer. Zudem dürfen Quecksilberabfälle nur unter strengen Auflagen gelagert und entsorgt werden.

Wichtige Bausteine der Konvention sind:

  • Minderung des weltweiten Angebots an Quecksilber und Überwachung der Nachfrage
  • Beendigung des Quecksilberbergbaus
  • Umweltgerechte Quecksilberlagerung und der Umgang mit Altlasten und Abfällen
  • Beendigung oder Begrenzung des Einsatzes von Quecksilber bei der kleingewerblichen Goldgewinnung, die ein wesentlicher Verbraucher von Quecksilber mit sehr hohen direkten Emissionen in die Umwelt ist
  • Verbot oder die Begrenzung des Quecksilbereinsatzes in Produkten und Industrieanlagen
  • Regulierung der Produktionsprozesse und Emissionen aus Anlagen, die Quecksilber verwenden oder freisetzen
  • Maßnahmen beim Einsatz von Dentalamalgam 

Das Umweltbundesamt beteiligte sich aktiv an der Ausgestaltung entsprechender Leitlinien zu den besten verfügbaren Techniken und der besten Umweltschutzpraktiken zur Minderung von Quecksilberemissionen in die Luft für Industrieanlagen (Kohlekraftwerke, kohlebefeuerte Dampfkessel, Schmelz- und Röstprozesse in der Nichteisen-Metallherstellung von Blei, Zink, Kupfer und industriellem Gold, Abfallverbrennungsanlagen sowie Zementklinkerproduktionsanlagen). Im Rahmen einer internationalen Technischen Expertengruppe wurde ein entsprechender ⁠UN⁠-Leitfaden (sog. BAT/BEP Guidance Document) erarbeitet. Die betroffenen Industrieanlagen der Vertragsstaaten des Minamata-Übereinkommens sollen diese Leitfäden als Orientierung zur Reduzierung der Emissionen verwenden.

Im Rahmen der Genfer Luftreinhaltekonvention der ⁠UNECE⁠ (United Nations Economic Commission for Europe) gibt es seit 1998 ein Schwermetall-Protokoll – das so genannte Århus-Protokoll –, das für den UNECE-Raum rechtlich bindend ist. Darin werden festgelegte Emissionsgrenzwerte für Blei, Cadmium und Quecksilber geregelt und konkrete Vorgaben zur Minderung der Emissionen gemacht. Es geht jedoch nicht über den Stand gültigen EU-Rechts hinaus.

Für quecksilberhaltige Abfälle wurden zum Umgang und zur Lagerung mit der Quecksilber-Verordnung (EU) Nr. 1102/200827 einige Maßnahmen europaweit rechtsverbindlich umgesetzt. Hierzu gehören das Verbot, metallisches Quecksilber und ausgewählte Quecksilberverbindungen aus der EU zu exportieren sowie die Verpflichtung, überschüssiges und bei bestimmten industriellen Prozessen (z. B. in der Chlor-Alkali-Industrie) anfallendes Quecksilber sicher als Abfall zu beseitigen. Laut der EU-Quecksilber-Verordnung darf metallisches Quecksilber zwar zeitweilig auch in Übertageanlagen gelagert werden, die dauerhafte Beseitigung muss aber unter Tage erfolgen. Die technischen Anforderungen an die zeitweilige Lagerung flüssiger Quecksilberabfälle wurden mit Änderung der EU-Deponierichtlinie 1999/31/EU festgelegt. Im deutschen Recht wurde daraufhin die Deponieverordnung angepasst. Die technischen Anforderungen an die dauerhafte Beseitigung flüssiger Quecksilberabfälle soll mit einer europäischen Verordnung geregelt werden, die die oben genannte 1102/2008 ersetzen soll und deren Entwurf von der Europäischen Kommission am 2.2.2016 veröffentlicht wurde. Eine andere Option besteht in der Verfestigung des flüssigen Quecksilbers. Ein Forschungsprojekt des ⁠UBA„Verhalten von Quecksilber (Hg) und Quecksilberverbindungen bei der untertägigen Ablagerung in Salzformationen, insbesondere der möglichen Mobilisierung von Hg durch salinare Lösungen“ (UBA-Texte 06/2014) hat gezeigt, dass sowohl die Dauerlagerung von metallischem Quecksilber als auch die von festem Quecksilbersulfid in den deutschen Untertagedeponien hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsschutz sicher möglich und durchführbar ist.

 

Wie ist der Stand der technischen Entwicklung zur Emissionsminderung von Quecksilber in Kohlekraftwerken?

Deutsche Kohlekraftwerke emittieren Quecksilber bereits auf vergleichsweise niedrigem Niveau infolge von Mitnahmeeffekten aus dem Betrieb von Abgasreinigungsanlagen zur Minderung der Emissionen von Staub, Schwefel – und Stickstoffoxiden.

So berichten 15 Steinkohlekraftwerksblöcke und 14 Braunkohlekraftwerksblöcke im Rahmen der Meldung von deutschen Referenzanlagen für die Revision des europäischen BVT-Merkblattes Großfeuerungsanlagen (BVT = Beste Verfügbare Techniken) die unten genannten Reingaswerte von Quecksilber für das Bezugsjahr 2010:

Steinkohlenkraftwerksblöcke mit Inbetriebnahmen zwischen 1963 und 1992

  • acht Blöcke überwachen ihre Quecksilberemissionen kontinuierlich und meldeten validierte Jahresmittelwerte zwischen 0,79  und 4,30 µg/m3  (Zahlenwerte im Einzelnen:  0,79 /  1,21  /  1,43  /  1,62  /  1,97  /  2,66  /  3,60  / 4,30); diese Anlagen meldeten Messunsicherheiten im Bereich zwischen 0,6 und 2,32 µg/m3. (Anmerkung: Der validierte Wert ergibt sich durch Abzug der Messunsicherheit vom normierten Wert). Alle Anlagen sind mit Abgasreinigungseinrichtungen zur Minderung von Stickstoffoxidemissionen (Verfahren der selektiven katalytischen Reduktion, „SCR“), der Staubemissionen (Elektrofilter) und der Schwefeloxidemissionen (Verfahren der nassen Rauchgasentschwefelung, „Nass-REA“) ausgestattet;
  • Weitere vier Steinkohle-Blöcke mit SCR, E-Filter und Nass-REA meldeten Einzelmesswerte zwischen 3,20 und 5,91 µg/m3, die in drei Fällen als normiert gemeldet worden sind; in einem Fall konnte nicht geklärt werden, ob der gemeldete Wert normiert oder validiert ist; die Werte stellen Mittelwerte aus 3 bis 12 einzelnen Proben dar;
  • Ein Kraftwerk mit Wirbelschichtfeuerung und Gewebefilter meldete durchschnittlich 0,2 µg/m3 aus einer Einzelmessung mit 4 Proben.  

Die Steinkohlenkraftwerke waren im Berichtsjahr zum Teil bereits mit einer separaten zweiten Fällungsstufe in der REA-Abwasserreinigungsanlage ausgestattet. Diese Maßnahme dient vor allem der Reduzierung der Kosten für die Abwasserschlammentsorgung. Sie wirkt sich aber auch positiv auf die Quecksilberemissionen in die Luft aus, wenn mit der zweiten Fällung erreicht wird, dass nur noch der quecksilberarme Teilstrom des Schlamms in die Feuerung zurückgegeben wird. Andere technische Maßnahmen zur spezifischen Quecksilber-Emissionsminderung waren im Bezugsjahr in den Anlagen nicht installiert.

Braunkohlekraftwerksblöcke mit Inbetriebnahmen zwischen 1972 und 2003

drei Braunkohle-Blöcke im mitteldeutschen Revier überwachen ihre Quecksilberemissionen kontinuierlich; sie meldeten validierte Jahresmittelwerte von 14,2  und 15,0 und 17,5 µg/m3; die Messunsicherheiten lagen im Bereich zwischen 3,06 und 4,2 µg/m3. Die Anlagen sind mit  Elektrofilter und Nass-REA ausgestattet;

  • acht Braunkohle-Blöcke im Lausitzer Revier überwachen ihre Quecksilberemissionen durch Einzelmessungen und meldeten normierte Werte von 6,5 (2 Blöcke)  und 9 µg/m3 (6 Blöcke). Auch diese Anlagen sind mit Elektrofilter und Nass-REA ausgestattet;
  • drei Braunkohle-Blöcke im Rheinischen Revier, die ebenfalls mit Elektrofilter und Nass-REA ausgestattet sind, überwachten ihre Quecksilberemissionen nicht; sie meldeten Schätzwerte von 3 (2 Blöcke) und 5 µg/m3 (1 Block).

Zwei Anlagen im mitteldeutschen Revier wählten als Bezug das Jahr 2011; es ist bekannt, dass sie im Bezugsjahr bereits quecksilberspezifische Maßnahmen im Versuchsbetrieb erprobten, um die vormals noch höheren Emissionskonzentrationen, teilweise verbunden mit Überschreitungen der zulässigen Grenzwerte, zu reduzieren. Die Anlagen im Lausitzer und Rheinischen Revier betrieben im Bezugsjahr keine quecksilberspezifischen Maßnahmen.

Diese Übersicht kann als repräsentativ für die deutschen Kohlekraftwerke in den Jahren 2010 und 2011 angesehen werden. Sie zeigt, dass es bereits eine Reihe von Kohlekraftwerken gibt, die ohne nennenswerte quecksilberspezifische Maßnahmen schon jetzt sehr niedrige Emissionswerte weit unterhalb des derzeit zulässigen Grenzwertes von 0,03mg/m3 (entsprechend 30 µg/m3) erzielen, der im Tagesmittel einzuhalten ist; das trifft insbesondere für steinkohlegefeuerte Anlagen zu.
Umgekehrt gibt es Anlagen, die auch nach Ergreifung von quecksilberspezifischen Maßnahmen derzeit noch vergleichsweise hohe Emissionen aufweisen; dies trifft insbesondere für einzelne Anlagen aus dem mitteldeutschen Revier zu.

 

Welche Quecksilber-spezifischen Emissionsminderungsmaßnahmen in Kohlekraftwerken gibt es?

Eine wirksame Quecksilberemissionsminderung, die über die oben beschriebenen Mitnahmeeffekte aus der bestehenden Abgasreinigung hinausgeht, setzt sich in der Regel aus mehreren Einzelmaßnahmen zusammen, die an verschiedenen Stellen der Anlage platziert sein können. Dabei unterscheidet man grob drei Gruppen von Maßnahmen:

  • Maßnahmen zur weitergehenden Oxidation des Quecksilbers
  • Maßnahmen zur besseren Abscheidung von Quecksilber
  • Maßnahmen zur Vermeidung von Re-Emissionen aus der Waschsuspension in der REA 

Maßnahmen zur weitergehenden Oxidation des Quecksilbers

Diese Maßnahmen führen nicht selber zur Abscheidung von Quecksilber, sondern helfen, die Bedingungen für eine Abscheidung an einer anderen Stelle der Anlage zu verbessern. Hintergrund ist, dass in der Feuerung das in dem Brennstoff enthaltene Quecksilber zu einem großen Teil in metallisches Quecksilber Hg0 umgewandelt wird. Dieses elementare Quecksilber lässt sich nur schlecht abscheiden. Oxidiertes Quecksilber wie Quecksilberchlorid oder -bromid lässt sich ungleich besser abscheiden. In allen Anlagen findet hinter dem Kessel bereits eine teilweise Oxidation ab. Das Maß dieser ungesteuerten Oxidation wird wesentlich beeinflusst durch die natürlichen Gehalte von Schwefel, Chlor und Brom im Brennstoff, dem Temperaturverlauf im Abgaskanal hinter dem Kessel und Einrichtungen zur selektiven katalytischen Reduktion von Stickstoffoxiden (SCR). Je geringer diese Einflüsse sind, umso größer wird die Bedeutung von Maßnahmen zur gezielten Steigerung der Quecksilberoxidation. Zu den verfügbaren Maßnahmen gehören:

  • Oxidation in der letzten Katalysatorlage durch Absenkung des NH3-Überschusses;
  • Einsatz eines speziellen Oxidationskatalysators in der SCR; (wird u.a. eingesetzt in den Steinkohlekraftwerken Lünen und Staudinger);
  • Ersatz von Ammoniakwasser durch Ammoniumchloridlösung als vor die SCR einzudüsendes NOx-Reduktionsmittel;
  • Einsatz von Brom in Form von einer Calcium- oder Magnesiumbromidlösung als Zugabe zur Kohle.  

Abgesehen vom Oxidationskatalysator sind die Maßnahmen wenig kostenintensiv, da nur geringe Mengen an Betriebsstoffen im Vergleich zu Schwefelminderungsmaßnahmen benötigt werden (Faktor 100.000 kleiner).

Maßnahmen zur Verbesserung der Abscheidung von Quecksilber

Hierzu gehören sowohl adsorptiv wie absorptiv wirkende Verfahren:

  • Eindüsung von Aktivkohle vor dem Elektrofilter
  • Eindüsung von Aktivkohle nach dem Elektrofilter und Abscheidung durch einen nachgeschalteten Gewebefilter
  • Einbau von Füllkörpern (sog. Trays) in den Wäscher für Rauchgasentschwefelung (REA)

Nachteil der Eindüsung von Aktivkohle vor dem Elektrofilter ist, dass dort abgeschiedene Flugasche infolge des erhöhten Kohlenstoffgehaltes möglicherweise nicht mehr vermarktbar ist. Zudem müssen mögliche Einschränkungen von Verwertungsmaßnahmen der Flugasche vor dem Hintergrund ihres erhöhten Hg-Gehaltes geprüft werden.

Die Eindüsung von Aktivkohle nach Elektrofilter und der nachträgliche Einbau eines Gewebefilters zur Abscheidung der Hg-beladenen Aktivkohlepartikel vermeidet diese Nachteile, d.h., die im Elektrofilter abgeschiedene Flugasche kann in dem bisher zulässigen Maße weiterhin verwertet werden. Weiterer Vorteil ist, dass ein Eintrag von Quecksilber in den REA-Gips weitgehend vermieden werden kann (diesen Vorteil bietet auch die Eindüsung von Aktivkohle vor dem Elektrofilter). Je nach den bestehenden baulichen Verhältnissen zwischen Elektrofilter und nasser REA kann der nachträgliche Einbau eines Gewebefilters können vergleichsweise hohe Investitionskosten anfallen. Alternativ kann die Eindüsung von Aktivkohle auch hinter der REA erfolgen; der Gewebefilter zur Abscheidung der quecksilberbeladenen Aktivkohle ist dann zwischen REA und Reingasableitung zu installieren.
Die Füllkörper wurden ursprünglich entwickelt, um bestehende REAs in die Lage zu versetzen, auch verschärfte SO2-Grenzwerte sicher einhalten zu können. Sie helfen, die Kontaktoberflächen in den Wäschern zu vergrößern und damit den Stoffaustausch zu intensivieren. Dies kann die absorptive Abscheidung von oxidiertem Quecksilber in der REA unterstützen. Da der Einbau in vorhandene Wäscher erfolgt und hierzu lediglich Anpassungsmaßnahmen notwendig sind für die Integration des Füllkörpers, sind die Kosten der Maßnahme als moderat einzustufen. Erfolgt seine Installation zum Zwecke einer verbesserten Schwefeloxidabscheidung, fallen keine der Quecksilberminderung zuzurechnenden Kosten an.
Vielversprechend erscheint eine technische Neuentwicklung, die den Einbau eines Fluor-Polymer basierten Abscheiders im oberen Bereich des REA-Wäschers – also trocken - vorsieht. Das modular aufgebaute System soll ohne Zugabe von Brom und ohne Zugabe von Aktivkohle in der Lage sein, über 90 Prozent des Quecksilbers – auch des metallischen Quecksilbers Hg0 – durch Adsorption sicher zu binden. Der Hersteller gibt an, dass das System Quecksilber bis zu etwa 5 Prozent seines Eigengewichts ohne Minderung des Abscheidegrades binden kann, entsprechend einer Nutzungsdauer von bis zu 10 Jahren in einem durchschnittlichen Steinkohlekraftwerk. Danach ist das Modul als Sonderabfall sicher endzulagern. Nach Angabe des Anbieters wurde das System bisher in den USA an einzelnen Anlagen erprobt. Wenn der Abscheider in einen bestehenden REA-Wäscher eingebaut werden kann, können auch hier eher moderate Kosten erwartet werden, etwa vergleichbar mit den Kosten für einen Oxidationskatalysator zum Einbau in eine bereits bestehende SCR-Einrichtung.

Maßnahmen zur Vermeidung der Re-⁠Emission

Diese Maßnahmen sind überall dort überlegenswert, wo im REA-Wäscher eine merkliche Reduzierung von bereits oxidiertem Quecksilber beobachtet werden kann. Dieses verlässt den Wäscher und trägt zu einer erhöhten Quecksilberkonzentration im Reingas bei. Zur Unterdrückung einer Re-Emission kommen die nachfolgenden Maßnahmen in Frage, einzeln oder in Kombination:

  • Vermehrte Zugabe von Oxidationsluft zur REA (Wäschersumpf)
  • Sicherstellung eines möglichst hohen Chlorid-Gehaltes im Waschwasser (gleichbedeutend mit weniger REA-Abwasser)
  • Zugabe von Aktivkohle in die Wäschersuspension mit dem Ziel der adsorptiven Bindung von Quecksilber
  • Zugabe von Quecksilber-Fällungsmitteln in die Wäschersuspension (TMT 15: gebrauchsfertige wässrige Lösung mit 15 Prozent Wirkstoffgehalt des Organosulfids Trimercapto–s-triazin)
  • Separate Kreislaufführung des REA-Wassers mit kontinuierlicher Hg-Ausfällung

Die beiden ersten Maßnahmen sind praktisch kostenneutral. Für die Zugabe von Aktivkohle in die Wäschersuspension werden angesichts der geringen Verbrauchsmengen auch nur geringe Anlagen- und Betriebskosten erwartet. So lag der Verbrauch eines Heizkraftwerkes, in dem das Verfahren großtechnisch erprobt worden ist, bei weniger als 50 kg Aktivkohle pro Tag. Die Zugabe von TMT 15 wurde am Standort Lippendorf erprobt. In Verbindung mit Anpassungen an der Feinteilausschleusung (separater Kreislauf, um die sedimentierten Feinteile im REA-Sumpf, die als Quecksilber-Senke fungieren, kontinuierlich abziehen zu können) konnte in einem 10 monatigen Langzeitversuch eine durchschnittliche Quecksilberminderung von ca. 80 Prozent erzielt werden. Am Standort Lippendorf wurde dieses Verfahren nach einer vierjährigen Phase der Erprobung auch anderer Maßnahmen für den Dauerbetrieb gewählt.

 

Welche Emissionsgrenzwerte sind in Kohlekraftwerken erreichbar?

Es gibt keine technischen Standardlösungen für niedrige Quecksilberemissionen. Die baulichen, betrieblichen und brenn- und einsatzstoffspezifischen Bedingungen können sehr unterschiedlich sein, so dass letztlich für jede Anlage individuelle Lösungen erarbeitet werden müssen. Generell ist dabei zu beachten, dass bloße Verlagerungseffekte in andere Medien wie Wasser/Abwasser oder den REA-Gips vermieden werden. Das in den Kohlen enthaltene Quecksilber soll weitestgehend immobilisiert werden und damit ein Eintrag in die medialen Stoffkreisläufe so weit wie möglich unterbunden werden.

Ausgehend von den niedrigen Emissionswerten, die die großen Steinkohlekraftwerke bereits ohne quecksilberspezifische Maßnahmen schon jetzt erreichen, werden diese Anlagen Jahresmittelwerte von unter 1 µg/m3 durch Einsatz von kostengünstigen quecksilberspezifischen Maßnahmen sicher und zeitnah erreichen können.

Dies gilt auch für einen Teil der Braunkohlekraftwerke. Einzelne Braunkohlekraftwerke werden jedoch voraussichtlich zu zeit- und kostenintensiveren Maßnahmen greifen müssen auf dem Weg zu Jahresmittelwerten unter 1 µg/m3.

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