Zusammenarbeit zwischen Abteilungen und Ämtern
Ämterübergreifende Zusammenarbeit ist entscheidend, um naturbasierte Lösungen (NbS) umzusetzen. Sie ermöglicht, über Ressort- und Budgetgrenzen hinweg Synergien zu nutzen und Zielkonflikte zu minimieren. Dabei kann die Zusammenarbeit sowohl in formellen Planungsprozessen als auch über informelle Gremien oder deren Kombination erfolgen, je nach der vorliegenden Situation und Verwaltungsstruktur.
Formelle Zusammenarbeit
Formelle Prozesse beinhalten gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungen relevanter Ämter. In der Regel erfolgt dies durch eine Stellungnahme oder anderwärtige Beteiligung im Verfahren der Planerstellung, wie z. B. in der Bauleitplanung die Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB. Ein weiteres Beispiel ist die kommunale Grün- und Freiraumplanung, wo formelle Instrumente wie Landschaftspläne gesetzlich vorgeschrieben sind.
Informelle Zusammenarbeit
Nicht alle Prozesse, in denen NbS entwickelt werden, sind formell geregelt. In diesen Fällen ist eine informelle Zusammenarbeit gefragt. Diese geht häufig über das gesetzlich geforderte Maß hinaus und bietet mehr Gestaltungsspielraum. Sie erfolgt in eigenständigen informellen Prozessen wie z. B. der integrierten Stadtentwicklungsplanung. Möglich ist auch deren Kombination mit formellen Planungen, beispielsweise als vorbereitende Arbeit für diese.
Praxisbeispiel: Die ämterübergreifende Koordinierungsgruppe Klimawandel in Frankfurt organisiert regelmäßige Treffen, um die Grundlagen der Anpassung der Stadt Frankfurt am Main zu gestalten, sich gegenseitig zu informieren, gemeinsame Projekte zu entwickeln und städtische Vorhaben unter Klimaanpassungsaspekten zu beleuchten. Sie hat damit unter anderem wesentliche vorbereitende Beiträge, wie die Beschlussvorlagen zur Frankfurter Anpassungsstrategie an den Klimawandel, erarbeitet. Mitglieder der Gruppe sind das Klimareferat (Leitung der Koordinierungsgruppe), das Amt für Bau und Immobilien, das Amt für Straßenbau- und Erschließung, die Branddirektion, das Gesundheitsamt, das Grünflächenamt, die Stadtentwässerung, das Stadtplanungsamt, das Straßenverkehrsamt und das Umweltamt sowie die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH, der Energieversorger Mainova AG und die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main.
Projekte als Wege der Zusammenarbeit
Gemeinsame Projekte können den Weg zur ämterübergreifenden Zusammenarbeit ebnen, indem sie Vertrauen zwischen den Akteuren der verschiedenen Ämter aufbauen und deren Wissen zu multifunktionalen NbS erweitern. Solche Projekte ermöglichen darüber hinaus, Formen der Zusammenarbeit zu testen und dann mit diesen Erfahrungen Beteiligungsstrukturen zu verstetigen.
Praxisbeispiel: Das ISARPLAN-Projekt in München zeigt, dass solche Zusammenarbeit auch langfristig erfolgreich sein kann. Eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe war seinerzeit für die Koordinierung des Projekts zuständig, die Unterstützung leistete und einen Multi-Nutzen-Ansatz für die NbS förderte. Überdies wurde das Projekt von einer interdisziplinären Gruppe von Ingenieur*innen, Landschaftsarchitekt*innen, Stadtplaner*innen und Biolog*innen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadtverwaltung, konzipiert. Dies förderte den fachlichen Austausch verschiedener Ämter, schuf ein besseres gegenseitiges Verständnis. Sie trug zu langfristigen Kooperationen, etwa zur Erstellung des Klimaanpassungskonzeptes der Stadt, bei.
Notwendige Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren
Erfolgsfaktoren für eine ämterübergreifende Zusammenarbeit umfassen einen systemischen und explizit multifunktionalen Ansatz zur Entwicklung von NbS. Kontinuierliche Kommunikation und gegenseitiges Lernen zu den Möglichkeiten von multifunktionalen NbS und ihrer integrierten Entwicklung und Umsetzung fördern die Akzeptanz von NbS. Entscheidend ist hierbei auch, dass ein grundsätzlicher Wille zur Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und der Politik gegeben ist. Eine zentrale verantwortliche Stelle, wie ein*e Klimaanpassungsmanager*in oder eine Koordinierungsgruppe, kann als Brücke zwischen den Ämtern fungieren und innovative Lösungen fördern. Qualifizierte Klimaanpassungsmanager*innen sind besonders in größeren Städten wichtig, um die Zusammenarbeit auf eine stabile Grundlage zu stellen.
Die Koordinierung zwischen den Ämtern erfordert klare Zuständigkeiten. Je nach Stadtgröße und Verwaltungsstruktur bieten sich unterschiedliche Ansätze an, wie die Einrichtung einer Stabsstelle mit Klimaanpassungsmanager*in oder einer Matrixorganisation, die horizontale Themenbereiche vernetzt. Eine kontinuierliche Umsetzung der Maßnahmen ist ebenso wichtig wie deren Entwicklung.
Wie kann die Zivilgesellschaft sensibilisiert und eingebunden werden?
NbS sind in der Regel multifunktional, adressieren also neben Aspekten wie Klimaanpassung und Artenvielfalt auch weitere soziale und ökonomische Belange. Um diese Vorteile, wie z. B. einen stärkeren sozialen Zusammenhalt, voll ausschöpfen zu können, ist eine Einbindung der Zivilgesellschaft in die Planung und Umsetzung von NbS unerlässlich. Partizipation erfüllt dabei eine doppelte Funktion: Sie ist sowohl ein Werkzeug, um gemeinsam Lösungen für kommunale Herausforderungen zu finden und Ziele zu erreichen, als auch ein Wert an sich. Durch die Beteiligung stärken die Teilnehmenden ihre Fähigkeiten, sich in Gemeinschaftsprojekte einzubringen und ihre Rolle als engagierte Bürger*innen.
Ein gelungener Partizipationsprozess kann den sozialen Zusammenhalt fördern, indem er gemeinsames Lernen und den Austausch von Wissen unterstützt. Gleichzeitig kann er sich positiv auf das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Kommune oder einer bestimmten Nachbarschaft sowie auf das Umweltbewusstsein auswirken. Letztlich tragen partizipative Ansätze zum langfristigen Erfolg naturbasierter Lösungen bei und erhöhen deren Akzeptanz.
Um unterschiedliche Bevölkerungsgruppen anzusprechen, können verschiedene Methoden der Ko-Kreation und Bürgerbeteiligung, sowie Formate wie Online-Befragungen, Bürgerforen und Workshops kombiniert werden. Diese Ansätze fördern die aktive Beteiligung der Bevölkerung und ermöglichen eine Anpassung der Maßnahmen an lokale Bedürfnisse und Bedingungen.
Zudem können Kommunen Potenziale der Zivilgesellschaft fördern, indem sie praktische Informationen dazu bereitstellen, wie Klimaanpassung vor Ort umgesetzt werden kann. Kurze Handlungsanleitungen wurden beispielsweise im Verbändeprojekt des Umweltbundesamts „Klimaanpassung selbstgemacht - Deine Grüne Nachbarschaft“ erstellt und können von den Kommunen geteilt und in eigene Kommunikationsformate eingebunden werden.
Inklusive Ko-Kreationsprozesse
Für die erfolgreiche Einbindung der Zivilgesellschaft können Kommunen Ko-Kreationsprozesse initiieren, bei denen Bürger*innen sowie Verbände frühzeitig und aktiv in die Planung und Umsetzung von NbS einbezogen werden. Privatpersonen haben durch ihre Eigentumsrechte an Grundstücken und Gebäuden die Möglichkeit, NbS direkt auf ihrem Besitz umzusetzen, was die Reichweite und Wirksamkeit erheblich vergrößern kann. Zudem bringen sie lokales Wissen in die Planungsprozesse ein, was die Relevanz und Akzeptanz der NbS in der Bevölkerung erhöht.
Offene und transparente Kommunikationsstrategien sind hierbei entscheidend, um das Vertrauen und die Unterstützung der Anwohner*innen zu gewinnen. Auch die organisierte Zivilgesellschaft und Verbände spielen eine wichtige Rolle, indem sie Wissen bündeln und gezielt in die Beteiligungsprozesse einbringen. Eine neutrale Moderation kann helfen, den Beteiligungsprozess so zu gestalten, dass sich die einzelnen Teilnehmer*innen und Interessengruppen gehört fühlen.
Praxisbeispiel: Ein gelungenes Beispiel für Bürgerbeteiligung ist die Umgestaltung des Bahnhofsareals Altendorf in Chemnitz. Hier wurde ein brachliegendes Gelände mithilfe von NbS entwickelt, um einen grünen Stadtraum zu schaffen. Die Bürgerplattform Mitte-West, die von der Stadt Chemnitz unterstützt wird, ermöglichte es den Bürger*innen, aktiv an der Planung und Umsetzung teilzunehmen. Durch Bürgerforen, Erkundungsspaziergänge und Werkstätten konnten sie ihre Anliegen einbringen, was zu einer besseren Integration der Maßnahmen führte. Ein weiterer Erfolg war die Einbindung von Kindern und Jugendlichen, die ihre Ideen für einen Spielplatz in die Planung einbrachten.
Einbindung digitaler Plattformen
Digitale Plattformen können zur Ideenfindung und Finanzierung von NbS-Projekten genutzt werden.
Praxisbeispiel: Die Crowdfunding-Plattform in Gent ist ein herausragendes Beispiel für Bürgerbeteiligung. Die Stadt Gent ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern, über eine Crowdfunding-Plattform eigene Ideen für grüne Projekte vorzuschlagen und finanziell zu unterstützen.
Stärkung von Kommunen in der Anwendung entsprechender Formate
Folgende Maßnahmen können Kommunen bei der Umsetzung von Partizipationsprozessen unterstützen:
- Kapazitätsaufbau: Schulungen und Austauschprogramme können das Wissen über Beteiligungsprozesse erweitern und stärken.
- Institutionalisierung: Durch festgelegte Verantwortlichkeiten und standardisierte Prozesse können langfristige Lern- und Verbesserungsmechanismen etabliert werden.
- Netzwerke: Der Austausch von Erfahrungen und Praxiswissen zwischen verschiedenen Kommunen in Netzwerken fördert das Lernen aus erfolgreichen und weniger erfolgreichen Beispielen.