Emissionen der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von etwa 95 Prozent Hauptemittent des Luftschadstoffs Ammoniak in Deutschland. Gemäß der Emissionsberichterstattung stammen über 70 Prozent der gesamten Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung mit einem Anteil für die Rinderhaltung von 43 Prozent, für die Schweinehaltung von 19 Prozent und für die Geflügelhaltung von 8 Prozent-. Der Anteil der Mineraldünger- und Gärresteausbringung an den gesamten Ammoniakemissionen beträgt 25 Prozent. In der Schweinehaltung entsteht der Großteil der Emissionen direkt im Stall, in der Rinder- und Geflügelhaltung bei der Lagerung von Wirtschaftsdünger und seiner -ausbringung. Ammoniak breitet sich in der Atmosphäre aus. Es kann dort mit anderen Bestandteilen der Atmosphäre reagieren und lagert sich anschließend wieder in Ökosystemen ab. Ammoniak selbst und das nach Umwandlung entstehende Ammonium schädigen Land- und Wasserökosysteme erheblich durch Versauerung und Eutrophierung (Nährstoffanreicherung). Bodenversauerung und Nährstoffüberversorgung natürlicher und naturnaher Ökosysteme, wie zum Beispiel Moore, Magerstandorte, Gewässer, können zu Veränderungen der Artenvielfalt führen. In der Umgebung von großen Tierhaltungsanlagen können Ammoniakemissionen besonders hoch sein und zu direkten Schäden an der Vegetation führen. Ammoniak und Ammonium sind außerdem wesentliche Vorläufersubstanzen für die Bildung von gesundheitsschädlichem Feinstaub.
Neben Ammoniak werden in der Tierproduktion auch Gerüche und Stäube, die auch biologische Komponenten, wie zum Beispiel Keime, enthalten, freigesetzt, die im Nahbereich des Emittenten von Bedeutung sind. Eine geeignete Maßnahme zur Minderung der Emissionen aus dem Stall sind Abluftreinigungsanlagen. In Deutschland sind derzeit über 1.000 Anlagen – vor allem in Schweinemastbetrieben – mit einer Abluftreinigung ausgestattet. Für die Geflügelproduktion besteht dagegen noch weiterer Entwicklungsbedarf.
Rechtliche Grundlagen und Minderungsziele
Deutschland darf nach den internationalen Luftreinhalte-Verpflichtungen (UN/ECE CLRTAP – Multikomponentenprotokoll; Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen EU-NEC-RL) seit 2010 nicht mehr als 550.000 Tonnen Ammoniak jährlich emittieren. Die europäische NEC-Richtlinie wurde inzwischen überarbeitet. Sie trat am 31.12.2016 in Kraft. Für das Jahr 2020 wurden die Emissionsminderungsziele für die Luftschadstoffe übernommen, die im Göteborg-Protokoll der Genfer Luftreinhaltekonvention enthalten sind. Darüber hinaus werden zukünftig die Verpflichtungen zu einer prozentualen Minderung von Luftschadstoffen für das Jahr 2030 gegenüber dem Jahr 2005 für die Mitgliedsstaaten das Maß der Dinge sein. Deutschland verpflichtete sich zu einer 29%igen Minderung gegenüber dem Jahr 2005 für den Schadstoff Ammoniak. Im Zuge der Umsetzung der NEC-Richtlinie stellte die Bundesregierung ein Nationales Programm zur Luftreinhaltung auf, in dem die Minderungsmaßnahmen und deren Minderungspotentiale beschrieben wurden. Damit soll die Einhaltung der Verpflichtungen Deutschlands sichergestellt werden.
Beim Bau oder Umbau von Anlagen der Intensivtierhaltung muss oberhalb bestimmter Anlagengrößen ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durchlaufen werden. Je nach Tierart und der geplanten Anzahl der Tierplätze – die in der vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) festgelegt sind – ist dabei auch die Öffentlichkeit zu beteiligen. Die Anlagen müssen nach dem Stand der Technik errichtet und betrieben werden. Durch diese nationalen Regelungen wird unter anderem die europäische Industrieemissionsrichtlinie (IED-Richtlinie 2010/75/EG) umgesetzt. Das BVT-Merkblatt und die BVT-Schlussfolgerungen für Intensivtierhaltung sind Referenzdokumente für die Genehmigung von Tierhaltungsanlagen in den genannten Größenordnungen. Für die einzelnen Tierkategorien sind in den BVT-Schlussfolgerungen die zu den BVT gehörigen Bandbreiten für Ammoniakemissionen aus dem Stall verankert, die verbindlich einzuhaltende Emissionsgrenzwerte markieren. Die Grenzwerte können vom Anlagenbetreiber eingehalten werden durch die Anwendung von spezifischen Minderungstechniken für Stall, Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern. Diese Minderungstechniken sind für die jeweilige Tierkategorie in den BVT-Schlussfolgerungen gelistet. Die Umsetzung dieser Anforderungen zur Minderung von Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung erfolgt in Deutschland in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft), einer Verwaltungsvorschrift im deutschen untergesetzlichen Regelwerk.
Gemäß IED-Richtlinie wird gegenwärtig noch geprüft, ob auch Anlagen zur Rinderhaltung europaweit in das ausführliche immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren einbezogen werden. Dieser Schritt ist aus Sicht des Umweltschutzes längst überfällig – immerhin verursachen Rinder einen erheblichen Teil der Ammoniak-Emissionen. Außerdem entstehen 92 Prozent der Methanemissionen durch Fermentation bei der Verdauung im Rinderbereich. Bisher muss in Deutschland für Rinderhaltungen mit mehr als 600 Tierplätzen lediglich ein vereinfachtes immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren (gemäß Spalte 2 der 4. BImSchV) ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt werden.
Des Weiteren müssen Betriebe der Geflügel- und Schweinehaltung, die unter die IED-Richtlinie fallen und einen festgelegten Emissionsschwellenwert (zum Beispiel für Ammoniak 10.000 kg/Jahr) überschreiten, beim Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister PRTR (Pollutant Release and Transfer Register) gemeldet sein. Das PRTR wird vom Umweltbundesamt geführt und veröffentlicht. Deutschland setzte mit dem PRTR ein entsprechendes UN-Protokoll auf der Grundlage der Genfer Luftreinhaltekonvention um. Die EU hat dieses Protokoll ebenfalls ratifiziert und wird ein europäisches PRTR aufbauen, welches auch die deutschen Daten enthält.
Minderungsmaßnahmen
Maßnahmen zur Minderung von Stickstoffemissionen müssen an den Quellen der Ammoniakemissionen ansetzen. Es gibt technische Minderungsmaßnahmen in allen Produktionsstufen, für alle Tierkategorien und jeweilige Produktionsverfahren:
- Maßnahmen im Stall und bei der Lagerung: Abluftreinigung; emissionsarme Offenställe; Abdeckung der Lager; Hygiene.
- Emissionsarme Ausbringung von Wirtschaftsdünger und Mineraldünger [insb. Harnstoff] (unmittelbare Einarbeitung von Wirtschaftsdünger, Anwendung von emissionsarmen Techniken für Wirtschafts- und Mineraldünger).
- Angepasste Fütterungsstrategien (rohproteinarme Mehrphasenfütterung).
- Wirtschaftsdünger-Separation (bessere Transportwürdigkeit bei Trennung von Fest- und Flüssiganteil; Vergärung von Gülle in Biogasanlagen).
Darüber hinaus sind Maßnahmen der „Guten landwirtschaftlichen Praxis“, also in den Verfahren der gesamten Prozesskette besonders emissionsmindernd und deshalb in der Praxis umzusetzen. Die Optimierung des N-Managements sollte neben ökologischen Parametern (geringe NH3-Emissionen) auch ökonomische und soziale Parameter einschließen.
Für mineralischen Dünger muss das Ziel einer hohen Stickstoffausnutzung (N-Aufnahme der Pflanze pro Düngergabe) und ein möglichst geringer Stickstoffüberschuss (Stickstoffzugabe minus Stickstoffaufnahme durch die Pflanze) weiterverfolgt werden.