Einführung
Über die Hälfte der Landesfläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Als Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen kommt einer umweltverträglichen und die Artenvielfalt erhaltenden Gestaltung der Landwirtschaft eine besondere Bedeutung zu.
Die Landwirtschaft galt lange Zeit als Garant für die Arten- und Biotopvielfalt in der offenen Kulturlandschaft. Mit der Intensivierung im Pflanzenbau und der Industrialisierung in der Tierhaltung zählt sie heute zu den treibenden Kräften für den Verlust an biologischer Vielfalt. Mit zunehmender Technisierung vergrößerten sich die Ackerschläge. Flurgehölze, natürliche Landschaftselemente wie Hecken oder Blühstreifen, Weiher und Ackerrandstreifen wurden vielfach entfernt und sind heute insbesondere in den ackerbaulichen Gunstregionen und in den Intensivtierhaltungsregionen selten anzutreffen. Diese natürlichen und miteinander verbundenen Landschaftselemente sind für wildlebende Tiere und Pflanzen außerordentlich wichtig.
Der hohe Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln verschärft die Situation, denn eingetragen in natürliche Ökosysteme verdrängen sie hier die natürliche, standortangepasste Vegetation. Auch mit dem Anbau von Nachwachsenden Rohstoffen (Raps und Mais) geht eine intensive landwirtschaftliche Nutzung einher. Die engen Fruchtfolgen im Energiepflanzenanbau bieten Insekten und Vögeln nur wenig Abwechslung und erfordern zudem einen hohen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Das Habitat- und Rückzugsdargebot für viele heimische Vogel- und Insektenarten verringert sich. Mit 52 Prozent des Artenbestandes Deutschlands gehören Grünlandstandorte zu den artenreichsten Biotopen Mitteleuropas. Extensiv bewirtschaftetes Grünland mit nährstoffarmen Böden ist ein wichtiger Lebensraum für artenreiche, seltene Pflanzengesellschaften und daran angepasste, zum Teil gefährdete Tierarten. Rund 40 Prozent aller in Deutschland gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen kommen im Grünland vor (BfN 2023).
Die Vielfalt der Organismen auf und in Böden erfüllt aber auch wichtige Funktionen um die Ertragsfähigkeit und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Funktionen der Organismen wie Bestäubung, Kontrolle von Schaderregern sind vielen ein Begriff. Dass aber der gesamte Umbau der Pflanzen- und Wurzelrückstände im Boden von Bodentieren, wie zum Beispiel Regenwürmern, Springschwänzen, Milben und letztlich von den Bodenbakterien und -pilzen abhängt, ist oft unbekannt. Dabei nutzen wir diese Funktionen im heimischen Komposthaufen.
Je intensiver landwirtschaftliche Böden bewirtschaftet werden, desto geringer sind Artenzahl und Vorkommen der Bodenorganismen. Erhöhter Aufwand zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit ist nötig, wenn man auf diese ökologischen Leistungen der Natur verzichtet. Die Verbesserungen durch Gesetze im Bereich des Pestizid- und Düngereinsatzes bringen zwar punktuell einige Verbesserungen, reichen aber für eine Umkehr beim Verlust der Artenvielfalt nicht aus. Der für 2010 und 2020 angestrebte Stopp beim Artenverlust nebst Trendwende konnte bislang nicht erreicht werden. Das Ziel soll nun bis 2030 erreicht werden. Die Indikatoren der Nationalen Biodiversitätsstrategie "Artenvielfalt und Landschaftsqualität" und "Gefährdete Arten" zeigen nur marginale Veränderungen.