Europäische und internationale Initiativen der Raumentwicklung
Mit wachsender wirtschaftlicher und sozialer Integration verlieren die Binnengrenzen der Europäischen Union (EU) zunehmend ihren trennenden Charakter. Durch die verbesserten Möglichkeiten der transnationalen Zusammenarbeit lassen sich die Herausforderungen einer nachhaltigen Raumentwicklung in Europa effektiver angehen.
Die Bundesrepublik Deutschland engagiert sich sowohl auf europäischer Ebene als auch in Form von bilateraler Zusammenarbeit für eine Raumentwicklung.
Das von den Mitgliedstaaten der EU aufgestellte Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) sowie die von den Staaten des Europarates verabschiedeten CEMAT-Leitlinien (Leitlinien für eine nachhaltige räumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent) bieten einen wichtigen Orientierungsrahmen für die nachhaltige Entwicklung des europäischen Territoriums, auch über die EU-Grenzen hinaus.
EU-Förderprogramme, wie zum Beispiel die Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE), liefern Instrumente zur Umsetzung einer integrierten Raumentwicklung, wobei insbesondere die Gemeinschaftsinitiative INTERREG sowie das Raumbeobachtungsnetzwerk ESPON von besonderer Bedeutung sind.
Eine aktuelle Initiative ist der sogenannte „Urban Atlas: Europas Auge im Weltraum als Instrument für intelligente Stadtentwicklung“.
Hierzu heißt es: Ob groß oder klein – die europäischen Städte benötigen für ihre sichere, nachhaltige und wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung zuverlässige und vergleichbare Stadtplanungsdaten. Viele Städte der Mitgliedstaaten der EU nutzen den „Urban Atlas”, einen Städte-Atlas, den die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten mit Hilfe der europäischen Raumfahrttechnik erstellt haben. Er soll die Stadtplaner in die Lage versetzen, Risiken und Chancen besser bewerten zu können – von der Überschwemmungsgefahr und den Auswirkungen des Klimawandels bis hin zur Ermittlung neuen Bedarfs an Infrastruktureinrichtungen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Alle Städte in der EU sind in diesem Städte-Atlas bis 2011 erfasst, so dass er in vollen Betrieb übergehen kann.
Europäische Instrumente und Konzeptionen zur Raumplanung
Aktuelle Entwicklungstrends wie Verstädterungstendenzen, eine Globalisierung des Warenaustausches und eine zunehmende Inanspruchnahme der natürlichen Ressourcen, wirken sich auf das Ziel einer dauerhaft umweltgerechten Raumentwicklung aus. Aufgrund fortschreitender Verflechtungen können die dabei entstehenden Probleme nicht allein auf nationaler Ebene bewältigt werden, vielmehr bedarf es auch einer europäischen Vorgehensweise. Die EU beeinflusst die Raumentwicklung zum einen über sektorale Politiken, strebt aber darüber hinaus auch eine stärkere Verknüpfung im Rahmen fachübergreifender Ansätze, wie zum Beispiel durch das Raumentwicklungskonzept an. Dabei ist das Gemeinschaftshandeln gemäß den Neuregelungen des Amsterdamer Vertrages enger an den Umweltschutz und eine nachhaltige Entwicklung zu binden.
Beim EU-Instrumentarium zur Raumentwicklung ist zu unterscheiden zwischen Informationen, raumbezogenen Konzepten und Strategien, wie zum Beispiel
Raumordnungsaspekte in der EU-Ostseestrategie) und
raumwirksamen Anreizinstrumenten (zum Beispiel Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), die INTERREG III Programme, LIFE).
Diese raumentwicklungspolitischen Instrumente beeinflussen in zunehmendem Maße die räumlichen Strukturen der Mitgliedstaaten. Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuwirken, dass die Belange des Umweltschutzes bei der Entwicklung und Anwendung der Instrumente angemessen berücksichtigt werden.
Bei den normativen Regelungen spielt die EG Richtlinie 32001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme eine wesentliche Rolle. Sie wurde am 5. Juni 2001 vom Rat und vom Europäischen Parlament verabschiedet und schreibt vor, bei der Aufstellung verschiedener Pläne und Programme (zum Beispiel bei Regionalplänen, Abfallwirtschaftsplänen) deren Auswirkungen auf die Umwelt zu prüfen.
Mit der Integration europäischer Staaten einerseits und zunehmenden regionalen Disparitäten andererseits, sind auch die Ausgleichsziele der EU stärker und wichtiger geworden. Mit dem Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU und der territorialen Kohäsion wird angestrebt, mit regionalen Disparitäten im Sinne der Gleichheit europäischer Teilräume, adäquat umzugehen (siehe auch Karl-Peter Schön (BBR) in: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 6/7.2006, S. 383 ff.).
Die EU hat hierzu die gemeinschaftlichen Leitlinien zur Kohäsion 2007 - 2013 erstellt, mit denen der Versuch unternommen wird, ein Gleichgewicht bei den doppelten Zielsetzungen der Wachstums- und Beschäftigungsagenda und der territorialen Kohäsion zu erreichen. Die gemeinschaftlichen Leitlinien zur Kohäsion enthalten die Grundsätze und Prioritäten der Kohäsionspolitik; sie bieten Anregungen, auf welche Weise die europäischen Regionen 308 Milliarden Euro in vollem Umfang nutzen können, die für nationale und regionale Hilfsprogramme für die nächsten sieben Jahre zur Verfügung gestellt wurden. Die nationalen Behörden werden sich bei der Festlegung ihrer nationalen strategischen Prioritäten und Planungen für den Zeitraum 2007-2013, der so genannten einzelstaatlichen strategischen Rahmenpläne, an den Leitlinien ausrichten. Gemäß den Leitlinien und in Übereinstimmung mit der überarbeiteten Lissabon-Strategie sollten die Ressourcen von Programmen, die im Rahmen der Kohäsionspolitik kofinanziert werden, gezielt auf die folgenden drei Prioritäten ausgerichtet werden:
Erhöhung der Attraktivität von Mitgliedstaaten, Regionen und Städten durch Verbesserung der Zugänglichkeit, Sicherstellung einer angemessenen Qualität und eines entsprechenden Niveaus der Dienstleistungen und Erhaltung des ökologischen Potenzials;
Ermutigung von Innovationen, Unternehmertum und Wachstum der wissensbasierten Wirtschaft durch Forschungs- und Innovationskapazitäten, einschließlich von Informations- und Kommunikationstechnologien, und
Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, indem mehr Menschen in ein Beschäftigungsverhältnis oder eine unternehmerische Tätigkeit geführt, die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte und der Unternehmen verbessert und die Investitionen in das Humankapital gesteigert werden.
Initiativen der europäischen Stadtentwicklung
Der Begriff „Europäische Stadtentwicklungspolitik” ist zuerst einmal irreführend. Denn anders als im Bereich der Wettbewerbs-, der Umwelt- oder der Kohäsionspolitik besitzt die Europäische Union keine formale Kompetenz, sich um städtische Anliegen zu kümmern. Nichts desto weniger beeinflusst sie schon seit vielen Jahren die Planung und Entwicklung von Städten.
Von Christian Huttenloher und Holger Adam stammt der nachfolgende Artikel, mit dem sie einen umfassenden Einblick in die Entwicklung der EU-Fördermaßnahmen im Bereich der Stadtentwicklung geben. Dabei wird nicht nur zurück auf deren Entstehung sondern auch auf die neue Förderperiode 2007 bis 2013 geschaut (Europäische Stadtentwicklungspolitik – Erfahrungen und Perspektiven).
Viele Städte in Europa haben ähnliche Probleme
Diese Probleme reichen von ökonomischen und sozialen Problemen wie Arbeitslosigkeit und Segregation über Umwelt- und Verkehrsprobleme wie Luft - und Wasserverschmutzung oder Lärmbelästigung bis hin zu steigender Flächeninanspruchnahme der Städte teilweise in Verbindung mit einem Funktionsverlust der Innenstädte.
Um Lösungsansätze dafür zu finden, wurden Initiativen eingeleitet und Konzepte entwickelt, die alle das Ziel haben, den Herausforderungen an die Städte besser gerecht zu werden. Die Maßnahmen der EU und auch die auf mitgliedschaftlicher Basis bewirkten Initiativen werden begrüßt, weil sie das breite Interesse an Kooperation zwischen den Städten und Regionen der EU zur Entwicklung gemeinsamer Projekte und zum Erfahrungsaustausch fördern.
Da die EU keine Kompetenzen im Bereich des Städtebaus hat, erfolgt die Bearbeitung gemeinsam interessierender Themen in mitgliedstaatlicher Zusammenarbeit bei informellen Ministerräten. Im Dialog mit allen Verantwortungsträgern sollen die Wachstumspotenziale in den Regionen und Städten gestärkt werden. Dazu trägt die Stärkung der lokalen Ökonomie ebenso bei wie Strategien zur Beseitigung von Missständen städtebaulicher, umweltpolitischer oder infrastruktureller Natur oder die architektonische und baukulturelle Aufwertung von Stadtgebieten. Die Raumentwicklungspolitik in Europa hat sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zu den Zielen der Strategie von Lissabon - mehr Wachstum und Arbeitsplätze - zu leisten.
Einige Initiativen, Instrumente, Konzeptionen
Territoriale Agenda der Europäischen Union
Im Rahmen der Deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Mai 2008 hat ein Informelles Ministertreffen in Leipzig stattgefunden. Auf diesem Treffen haben sich die für Raumentwicklung in den Mitgliedstaaten der EU zuständigen Minister auf die so genannte „Territoriale Agenda der EU” verständigt.
Die Verabschiedung der Agenda hat den vorläufigen Höhepunkt eines Prozesses gebildet, der auf einem Informellen Ministertreffen 2004 in Rotterdam gestartet und über das Treffen 2005 in Luxemburg fortgesetzt worden ist.
Die Territoriale Agenda der EU als knappes politisches Papier hat zum Ziel, durch Empfehlungen für eine integrierte Raumentwicklungspolitik die Potenziale der Regionen und Städte Europas für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung zu mobilisieren.
Der CEMAT-Prozess auf dem Weg von Hannover nach Ljubljana
Anlässlich der 12. Europäischen Raumordnungsministerkonferenz (Europäische Raumentwicklung – CEMAT), die im Rahmen der EXPO 2000 am 7. und 8. September 2000 in Hannover stattfand, wurden unter Vorsitz des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen erste gesamteuropäische territoriale Entwicklungsvorstellungen - die „Leitlinien für eine nachhaltige räumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent” (CEMAT-Leitlinien) - als Basis für die zukünftige raumordnungspolitische Zusammenarbeit beschlossen. Ziel der deutschen Politik war es, die Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, in diese politische Diskussion einzubeziehen, um zu einem Konsens möglichst aller Staaten Europas über Ziele und Handlungsfelder europäischer Raumentwicklung zu gelangen. Weiterführende Informationen zur Raumordnungspolitik finden Sie beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Pilotaktionen nach Artikel 10 des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung -EFRE-
Die Europäische Kommission fördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) auch innovative Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Regionalpolitik der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten (Artikel 10 EFRE-Verordnung ). Mit den innovativen Pilotaktionen in großen transnationalen Raumordnungsgebieten Europas werden innovative Raumordnungsverfahren und –kooperationen erprobt. Die Programme und Projekte wurden von Beginn an aus einer überregionalen und staatenübergreifenden Sicht entwickelt.
ESPON - das europäische Netzwerk zur Beobachtung der Raumentwicklung in Europa
Das europäische Raumbeobachtungsnetzwerk ESPON (European Spatial Planning Observation Network) ist ein von der europäischen Kommission nach INTERREG-Kriterien gefördertes Programm der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sowie europäischer Drittstaaten, bei dem Forschungseinrichtungen europaweit in gemeinsamen transnationalen Projekten raumentwicklungsrelevante Themen untersuchen.
Europäisches Raumentwicklungskonzept – EUREK
Mit dem Europäischen Raumentwicklungskonzept (EUREK) werden der Gemeinschaft keine neuen Befugnisse im Bereich der Raumplanung übertragen. Es dient als politischer Orientierungsrahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fachpolitiken der Gemeinschaft mit hoher Raumwirkung. Es wurde auf Grund der Feststellung erarbeitet, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten besser aufeinander abgestimmt werden können, wenn sie auf gemeinsam festgelegte Raumentwicklungsziele ausgerichtet sind. Es ist ein Dokument mit zwischenstaatlichem, hinweisendem und unverbindlichem Charakter. In Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip wird es auf der geeignetsten Interventionsebene und nach Ermessen der an der Raumentwicklung beteiligten Akteure angewandt.
Die Gemeinschaftsinititiative INTERREG
INTERREG ist eine Gemeinschaftsinitiative des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raumordnung zwischen den Regionen der Europäischen Union. Sie ist eine Initiative mit Pilotcharakter, in deren Rahmen innovative Raumordnungsverfahren und –kooperationen erprobt werden.
Die aktuelle Phase ist das INTERREG IV A-Programm ”Deutschland – Nederland”, das sich um das deutsch-niederländische Grenzgebiet zwischen Nordseeküste und Niederrhein dreht. Unter Interreg IV A Aktuelles finden Sie die neuesten Informationen zum Programm.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
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