Zum hydromorphologischen Zustand zählen die drei Komponenten Wasserhaushalt, Durchgängigkeit sowie Gewässerstruktur. Ihr Zustand und ihr Wirkungsgefüge sind durch die Kultivierung der Fluss- und Auenlandschaften und durch Nutzungen in den Flusseinzugsgebieten nicht nur gravierend verändert, sondern auch nachhaltig gestört.
Wasserhaushalt, Durchgängigkeit und Gewässerstruktur unterliegen vielfältigen und mehrfachen Belastungen. Ihre Bewertung zeigt deutlich: In allen Flussgebieten ist der hydromorphologische Zustand der Gewässer erheblich gestört und neben den Verschmutzungen durch Nähr- und Schadstoffe der hauptsächliche Grund, warum wir die Ziele im Gewässerschutz verfehlen. Daher gilt es neue Wege zu finden, wie wir Gewässer und Auen besser in unsere Kulturlandschaft einbinden, wie wir ihnen Raum zurückgeben und wie wir Maßnahmen zur Verbesserung des hydromorphologischen Gewässerzustands schneller und effektiver umsetzen können.
Zustand des Wasserhaushalts
Der Wasserhaushalt der Flüsse ist noch nicht in allen Bundesländern bewertet. Erste Ergebnisse liegen beispielsweise für Nordrhein-Westfalen vor. Für die Berichterstattung der Wasserrahmenrichtlinie wurde der Wasserhaushalt bislang für 35 Prozent aller Flussabschnitte bewertet, nur 7 Prozent können demzufolge als gut und besser gelten.
Zustand der Durchgängigkeit
Eine beinahe bundesweite Bewertung des Zustands der fischbiologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer liefert der Indikator "Durchgängigkeit Fischaufstieg". Dieser Indikator wird im Rahmen der Länderinitiative Kernindikatoren (LIKI) erhoben und gilt für Gewässer mit einer Einzugsgebietsgröße von mindestens 100 Quadratkilometern. Der Indikator gibt den prozentualen Anteil flussaufwärts durchgängiger Querbauwerke in dem jeweiligen Bundesland und für ganz Deutschland an. Demnach sind etwa 46 Prozent von bislang 120.000 bewerteten Querbauwerke in Deutschland für Fische flussaufwärts passierbar. Die Bewertung schließt jedoch noch nicht alle Querbauwerke und nicht die Durchgängigkeit stromabwärts ein.
Auch die Durchgängigkeit der Bäche und Flüsse für Sedimente ist noch nicht in allen Bundesländern bewertet. Erste Ergebnisse liegen beispielsweise für Nordrhein-Westfalen vor.
Für die Berichterstattung der Wasserrahmenrichtlinie wurden die beiden Aspekte der Durchgängigkeit – Fische und Sedimente – für bislang etwa 60 Prozent aller Flussabschnitte begutachtet und zu einer Bewertung zusammengefasst. Nur knapp 10 Prozent erreichen demnach die Klassen gut und besser.
Zustand der Gewässerstruktur
Die zuständigen Wasserwirtschaftsbehörden der Bundesländer haben die Strukturen der Fließgewässer, ihrer Ufer und Uferbereiche entlang von über 76.000 Fließgewässerkilometern aufgenommen und in 7 Strukturklassen bewertet.
Demnach können nur noch 1.200 km (entspricht 1,6 Prozent) der kartierten Gewässerstrecken als unverändert und damit als vollkommen natürlich bezeichnet werden. Weitere 13.800 km sind nur gering oder mäßig verändert und wurden in die Klassen 2 und 3 eingestuft (entspricht 6,2 Prozent gering bzw. 11,9 Prozent mäßig). Diese Bach- und Flussabschnitte befinden sich im Alpen- und Voralpengebiet, im Bayerischen Wald, in einigen Oberläufen der Mittelgebirge, in den Heidelandschaften der norddeutschen Tiefebene und den eiszeitgeprägten Landschaften in Mecklenburg-Vorpommern.
Der weitaus überwiegende Teil – d.h. über 60.000 km – unserer Bäche und Flüsse ist deutlich bis vollständig verändert und wird in die Strukturklassen 4 bis 7 eingestuft (entspricht 18,3 Prozent deutlich, 27,4 Prozent stark, 24,0 Prozent sehr stark, 10,5 Prozent vollständig verändert). Dies sind kleinere Flüsse und Bäche, die vor allem zugunsten der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, der Wasserkraft und des Hochwasserschutzes ausgebaut wurden. Die großen, stark beeinträchtigten Flüsse, wie Rhein, Weser oder Mosel, wurden i.d.R. für die Schifffahrt und die Wasserkraftnutzung aufgestaut und mit Wehranlagen und Schleusen versehen. Ihre Überschwemmungsgebiete wurden aus Gründen der Urbanisierung, der landwirtschaftlichen Nutzung und des Hochwasserschutzes zu großen Teilen durch Deiche vom Fluss abgetrennt und eingeengt. Dies belegt auch der Auenzustandsbericht des Bundesamts für Naturschutz (BfN). Nur noch 9 Prozent der untersuchten Auen an 79 großen deutschen Flüssen können als gering oder sehr gering verändert bezeichnet werden.
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