Wern: Mit systematischer Gewässerentwicklung zum Erfolg
Die fränkische Wern wurde in den 1930er Jahren ausgebaut, um bis an den Gewässerrand Landwirtschaft betreiben zu können. Dadurch nahm die Biotop- und Artenvielfalt deutlich ab. Durch systematische, abschnittsweise Renaturierung und den ökologischen Um- bzw. Rückbau gewinnt die Wern seit 1995 nach und nach einen naturnahen Zustand zurück.
Film: Systematische Gewässerentwicklung an der Wern
Quelle: Umweltbundesamt
Systematische Gewässerentwicklung an der Wern
Über bauliche Maßnahmen zum guten ökologischen Zustand der Wern gemäß Wasserrahmenrichtlinie
Die Wern und ihre Aue wurden in der Vergangenheit mehrfach verändert und naturfern ausgebaut. Entwässerungsmaßnahmen in der ursprünglich von Wiesen und Sümpfen geprägten Aue ermöglichten intensiven Ackerbau. Die Wern selbst wurde begradigt und technisch ausgebaut (z. B. Einheitsprofil, Uferverbau).
Der ökologische Ausbau der Wern hat die Erhöhung der Artenvielfalt, die Aufwertung des Landschaftsbildes und den Rückhalt von Hochwasser in der Aue zum Ziel. Dazu mussten vor allem breite Gewässerrandstreifen bzw. Entwicklungskorridore bereitgestellt werden. Das Gewässer selbst wurde durch Laufverlängerungen und Neustrukturierungen aufgewertet.
Die Entwicklung hin zu einem naturnahen Zustand war bei der Wern als Flachlandgewässer mit geringer Eigendynamik nur mit baulichen Renaturierungsmaßnahmen erreichbar. Die Gestaltung der neuen Wern orientierte sich dabei am Referenzzustand des Gewässertyps mit seinem sandigen Substrat. Als Vorbild diente auch der frühere Gewässerverlauf aus historischen Karten. Mehr dazu: Gewässerleitbild gibt die Richtung der Renaturierungsmaßnahmen vor
Die Umsetzung der einzelnen Renaturierungsvorhaben erfolgt auf Grundlage eines Gewässerpflegeplans aus dem Jahr 1993. Er hat als Vorstufe des aktuellen Gewässerentwicklungskonzeptes mit weitreichenden Maßnahmen eine Verbesserung der Gewässergüte und der Struktur zum Ziel. Er bildet die Basis einer konzeptionellen Rahmenplanung für das systematische Abarbeiten von aufeinander folgenden Bauabschnitten.
In den Jahren 1995 bis 2003 begann die Renaturierung der Wern bei Geldersheim mit einer 1.740 m langen Strecke, unterteilt in die Bauabschnitte I, II und III. Von 2005 bis 2006 bzw. 2013 bis 2014 wurden die Arbeiten über einen 515 m langen Abschnitt (Geldersheim Bauabschnitt IV) und einen ca. 1.500 m langen Abschnitt (Geldersheim Bauabschnitt V) fortgesetzt. Daran schlossen sich Renaturierungen der Wern bei Zeuzleben (2015–2016) und bei Ettleben (2018–2019) an.
Die Kosten der einzelnen Renaturierungsprojekte ab 2005 beliefen sich auf 177.000 bis 980.000 Euro:
Zur Strukturverbesserung der Wern im Bauabschnitt IV südwestlich der Kläranlage Geldersheim wurde ein gewundenes Bachbett hergestellt, Flachwasserbereiche und Altarme angelegt und die Lauflänge von ca. 750 m um rund 20 % auf ca. 980 m verlängert. Gruppenweise Neupflanzungen mit Erlen, Eschen und Weiden ergänzten die Entwicklung eines abgestuften, einheimischen Gehölzsaumes. Mit diesen Maßnahmen wurde die Eigenentwicklung des Bachbettes, der Ufer und des Bewuchses angestoßen, die nun innerhalb einer 185 m breiten Entwicklungsfläche zugelassen wird.
Neutrassierung der Wern im Entwicklungskorridor in Bauabschnitt V
Im Bauabschnitt V bei Geldersheim wurde die Wern von ihrem künstlich angelegten Verlauf um 50 bis 150 m seitlich in den Taltiefpunkt verlegt. Durch die Verlegung und die Wiederherstellung eines gewundenen Bachbettes vergrößerte sich die Lauflänge von 1.500 m um knapp 25 % auf 1.900 m. Ein ehemaliger künstlich angelegter Graben wurde in Teilstrecken immer wieder in den Verlauf der neuen Wern integriert. Zudem wurde ein breiter Uferstreifen geschaffen.
Der verkleinerte Gerinnequerschnitt und der leicht mäandrierende Verlauf der neuen Wern erhöht die Eigendynamik dieses relativ trägen Flachlandgewässers. Dadurch entwickeln sich neue Gewässerstrukturen wie Uferbuchten, Kolke und Flachwasserbereiche und dementsprechend eine neue Lebensraumvielfalt im und am Gewässer.
Gehölzmanagement im Gewässerrandstreifen der Wern bei Zeuzleben
Auch bei Zeuzleben wurde der Gewässerlauf der Wern neu angelegt und naturnah gestaltet. Auf ca. 1.800 m Länge wurde dabei ein Gewässerrandstreifen von 12-40 m Breite geschaffen. In diesen Gewässerrandstreifen wurden zahlreiche kleinere Bäume und Sträucher umgesetzt. Der übrige Gehölzbestand an der alten Wern wurde gefällt oder als Schattenspender für die neue Wern genutzt. Geeignete Baumstämme und Wurzelstöcke aus den alten Uferbereichen wurden als Totholz im neuen Gewässerbett eingebaut. Zusammen mit der Neugestaltung des Abflussquerschnittes schaffen diese Strukturelemente seitdem neue Lebensräume (z. B. Kolke) für Tiere und Pflanzen.
Natürlicher Hochwasserrückhalt durch Vorlandabtrag an der Wern
Zahlreiche Renaturierungsmaßnahmen an der Wern wirken sich günstig auf den natürlichen Hochwasserrückhalt aus. Im Bauabschnitt V bei Geldersheim (siehe Neutrassierung der Wern im Entwicklungskorridor in Bauabschnitt V) konnte das Gewässervolumen durch Vorlandabtrag und neu angelegte Mulden um ca. 15.000 m3 vergrößert werden. Durch den kleineren Gerinnequerschnitt und die mäandrierende Laufgestaltung mit aufwachsenden Gehölzsäumen werden der natürliche Hochwasserrückhalt gestärkt und auch Abflussspitzen gedämpft.
Zur Vergrößerung des Hochwasserrückhaltes wurden auch zur Renaturierung der Wern bei Zeuzleben (siehe Gehölzmanagement im Gewässerrandstreifen der Wern bei Zeuzleben) ca. 10.000 m³ Oberboden abgetragen und auf landwirtschaftliche Flächen aufgetragen. Im Vorfeld musste der abzutragende Boden aus dem Überschwemmungsgebiet der Wern auf Belastungen hin beprobt werden (Bodenschutzverordnung, Anhang II). Gleichzeitig musste der Boden der Auftragsflächen gemäß § 12 der Bodenschutzverordnung untersucht werden, um eine Verschlechterung der Bodenqualität durch den Auftrag zu vermeiden.
Im Bauabschnitt IV der Wern bei Geldersheim (siehe Strukturverbesserungen der Wern in Bauabschnitt IV) wurde der natürliche Hochwasserrückhalt zusätzlich durch den Bau eines etwa 70 cm hohen Damms quer zum Talraum begünstigt. Bei einem mittleren Hochwasser können hier bis zu 30.000 m³ Wasser zurückgehalten werden.
Erfolgskontrolle liefert Hinweise für zielführende Renaturierung der Wern
An den einzelnen Bauabschnitten der Wern bot sich die Gelegenheit, eine koordinierte Erfolgskontrolle hinsichtlich des ökologischen Zustands gemäß europäischer Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) durchzuführen. Dazu wurden nicht renaturierte und renaturierte Streckenabschnitte in unterschiedlichen Entwicklungsstadien in Bezug auf folgende Aspekte verglichen (Schmidt et al. 2013):
An insgesamt acht Messstellen wurde 2005, 2010 und 2011 der ökologische Zustand gemäß EG-WRRL nach deutschlandweit abgestimmten Methoden erfasst und bewertet. Diese Untersuchungen zeigen erste Erfolge in der ökologischen Aufwertung der Wern, einschließlich ihrer Uferbereiche. In älteren Renaturierungsabschnitten (Umsetzung 2003) wurde für die biologische Qualitätskomponente Makrozoobenthos der gute Zustand in 2011 erreicht (Schmidt et al. 2013). Jüngere Maßnahmen (ab 2005) wiesen in 2011 den guten ökologischen Zustand nicht auf.
Die Ergebnisse der Erfolgskontrollen lieferten zudem wertvolle Hinweise zur Pflege der renaturierten Abschnitte sowie zur Planung der folgenden Renaturierungen an der Wern. Eine wichtige Erkenntnis der Erfolgskontrollen an der Wern ist, dass sich eine positive Wirkung von Renaturierungen erst nach mehreren Jahren einstellt. Insbesondere für die biologische Qualitätskomponente Fische muss mit einer Zeitspanne von mindestens 10 Jahren gerechnet werden (Schmidt et al. 2013).
Renaturierung der Wern schafft Erholungs- und Bildungsraum für die Menschen
Die Renaturierungen an der Wern bieten auch den Menschen neue Möglichkeiten, die Natur zu erleben und sich inmitten einer vielseitigen Bach- und Auenlandschaft zu erholen. Fischarten wie Bartgrundel, Schmerle und Bachforelle lassen sich im Gewässer beobachten. Mit etwas Glück zeigt sich der buntgefiederte Eisvogel entlang der strukturreichen Ufer.
Die ökologische Aufwertung der Wern wird den Menschen im gesamten Renaturierungsgebiet über Informationstafeln nähergebracht. Die Themen sind ebenso vielseitig wie der neu geschaffene Lebensraum selbst. Mit Informationen u. a. über die Historie und die neuen Ziele der Gewässerentwicklung der Wern, den Hochwasserschutz, die Bedeutung von Flora und Fauna, als auch die Relevanz der Gewässerrandstreifen werden viele interessante Aspekte angesprochen und auf verständliche Weise erklärt.
Landwirtschaft gibt Flächen ab für Renaturierung der Wern
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Renaturierungen an der Wern war die transparente Planung und die intensive Zusammenarbeit der Akteure aus Naturschutz, Landwirtschaft, ländlicher Entwicklung und Kommunen (Schneider 2011). Mehr dazu: Kooperation und Partizipation für Gewässerrenaturierungen
Die erforderlichen Flächen für die Gewässerrandstreifen und Entwicklungskorridore konnten bereits 1991 gesichert werden. Durch eine Vereinbarung mit der Flurbereinigung Geldersheim konnte der Freistaat Bayern "mit einem Schlag" über 26 ha erwerben. Mühselige, langjährige Verhandlungen um Flächen im Eigentum von über 100 Einzelpersonen waren dadurch entbehrlich (Schneider 2013). Ohne das Engagement der Flurbereinigung und die Bereitschaft der örtlichen Landwirtschaft, Flächen abzugeben, wären die Renaturierungen nicht möglich gewesen. Mehr dazu: Flächenbereitstellung für Gewässerrenaturierungen
Auch in anderen Abschnitten der Wern kooperiert die Landwirtschaft mit der Wasserwirtschaft. Im Modellprojekt Werntal unterstützt eine gewässerschonende Landwirtschaft den Gewässerschutz in einem 8.600 ha großen Projektgebiet durch Umstellung auf extensive Fruchtfolgen, stickstoffextensive Fruchtarten, Dauerbrachen oder Grünland (Regierung von Unterfranken 2016). Die Maßnahmen, die hauptsächlich auf eine Reduktion der Nitratgehalte im Trinkwasser abzielen, reduzieren auch die stoffliche Belastung der Wern und tragen so zur Verbesserung ihres ökologischen Zustands bei. Mehr dazu: Renaturierung im Einklang mit der Land- und Forstwirtschaft
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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