Der Klimawandel wirkt sich sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Bereiche der Natur und Gesellschaft aus. Auch die daraus resultierenden Anpassungsmaßnahmen unterscheiden sich. Mehr zu den Auswirkungen auf die Biologische Vielfalt und möglichen Anpassungsoptionen lesen Sie hier.
Veränderung der Länge der Vegetationsperiode und der Phänologie
Die Phänologie beschreibt jährlich wiederkehrende Prozesse im Lebenszyklus von Pflanzen und Tieren. Dazu gehört bei Pflanzen der Blattaustrieb, die Blüten- oder Fruchtbildung, die Laubverfärbung und der Blattfall oder bei Tieren deren Wanderungen. Ein Großteil dieser Prozesse ist von der Temperatur und der Photoperiode (d.h. der Tageslänge) abhängig. Eine Zunahme der Temperatur durch den Klimawandel kann eine zeitliche Verschiebung dieser Entwicklungs- und Aktivitätsphasen von Pflanzen und Tieren bewirken. Phänologische Daten sind deshalb sehr gute Indikatoren für die Wirkung von Klimaveränderungen. Die phänologischen Veränderungen können positive wie negative Folgen für Pflanzen, Tiere und Menschen haben.
Phänologische Veränderungen in der Pflanzenwelt: Die sichtbarste und unmittelbarste Reaktion auf den Klimawandel sind phänologische Veränderungen im Jahreszyklus. Im Frühling wurde in den letzten Jahrzehnten fast überall in Deutschland ein früherer Blattaustrieb beobachtet. Veränderungen der jahreszeitlichen Entwicklungsphasen zeigen für das Schneeglöckchen, das den Beginn des Vorfrühlings markiert, dass es im Schnitt drei Tage pro Jahrzehnt früher blüht. Gleiches gilt für die Apfelblüte, die den Beginn des Vollfrühlings anzeigt. Für Deutschland wurde eine Vorverlegung des Beginns der Vegetationsperiode in den Jahren 1983 bis 2012 im Vergleich zum Zeitraum von 1951 bis 1980 auf durchschnittlich etwa acht Tage gemessen. Die Vegetationsperiode, d.h. die Zeit des Jahres, in der Pflanzen wachsen, blühen und fruchten, nahm in Deutschland seit 1961 im mittleren Trend um rund zwei Wochen zu.
Phänologische Veränderungen in der Tierwelt: Phänologische Veränderungen zeigen sich auch in der Tierwelt, insbesondere bei Vögeln, die sehr sensibel auf sich ändernde klimatische Bedingungen reagieren. Durch die globale Erwärmung kann es bei ihnen zu Änderungen im Vorkommen, in der Ausbreitung, im Zugverhalten, in der Habitatauswahl und bei der Nahrungssuche kommen. Bei Zugvögeln führt die Erwärmung potenziell zu einer früheren Rückkehr im Frühjahr und einem verzögerten Wegzug im Herbst. Eine Vielzahl von Vogelarten in Europa brütet im Mittel 6 bis 14 Tage früher als noch vor 30 Jahren. In Folge kommt es zu einem früheren Brutbeginn. Ein früherer Beginn der Eiablage und Brutzeit ist für den Langstreckenzieher Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca) belegt, der in den Niederlanden den Brutbeginn innerhalb von 20 Jahren um zehn Tage nach vorne verlegt hat. Infolge kürzerer Winter reagieren bestimmte Vogelarten mit erhöhtem Bruterfolg.
Bei den Zugvogelarten in unseren Breiten wird in den letzten Jahrzehnten ein früherer Heimzug, ein zunehmend späterer Wegzug, eine Verkürzung der Zugstrecken und häufigeres Überwintern im Brutgebiet beobachtet. So sind im Nordseeraum Zugvögel seit 1960 um 0,5-2,8 Tage früher angekommen. Schwalben (Hirundinidae) kehren inzwischen durchschnittlich zehn Tage früher aus wärmeren Gebieten zurück. Auch Stare (Sturnus vulgaris), Kraniche (Grus grus) und Feldlerchen (Alauda arvensis) kommen inzwischen früher zurück. Datenaufzeichnungen in Süddeutschland seit 1970 zeigen bei Kurzstreckenziehern aufgrund des späteren Herbstbeginns eine mittlere Abflugverzögerung von 3,4 Tagen. Die immer milderen Temperaturen hierzulande beeinflussen das Verhalten der Kurzstreckenzieher, die normalerweise in den wärmeren Regionen Europas überwintern. Ein Beispiel hierfür ist die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla), die eine neue Zugroute „entwickelt“ hat. Sie überwintert nicht mehr in Südfrankreich oder Spanien, sondern steuert vermehrt Länder wie Südengland an, wo das immer milder werdende Klima eine erfolgreiche Überwinterung ermöglicht. Manche Vogelarten, wie Kiebitz (Vanellus vanellus), Singdrossel (Turdus philomelos), Star (Sturnus vulgaris) und Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) reagieren noch heftiger. Galten sie noch bis vor wenigen Jahrzehnten als klassische Zugvögel, verbringen sie immer öfter den Winter in Mitteleuropa. Bei den Langstreckenziehern hat sich das Zugverhalten bislang viel langsamer geändert, weil es genetisch vorgegeben ist. Einige dieser Arten finden inzwischen nach ihrer Rückkehr aus dem Süden immer schwerer Brutplätze und Nahrung. Zudem geraten die Langstreckenzieher durch den Klimawandel zunehmend in Bedrängnis, da sie auf intakte Verhältnisse an mehreren Orten der Welt angewiesen sind: an Brutplätzen in ihrem Überwinterungsgebiet und an Rastplätzen entlang der Vogelzugroute. Vielen Langstreckenziehern wie z.B. dem Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca) könnte es an Energie mangeln, wenn sie unterwegs keine geeigneten Biotope finden. Andere Beispiele aus der Tierwelt betreffen die Erstbeobachtung von Schmetterlingen oder das Laichen verschiedener Amphibienarten, z. B. Laubfrosch (Hyla arborea), die an vielen Stellen nun früher beobachtet werden.
Phänologische Veränderungen haben Folgen für die Interaktion von Pflanzen und Tieren. Unterschiedliche Geschwindigkeiten phänologischer Veränderungen bei einzelnen Gliedern der Nahrungskette erhöhen das Risiko einer zeitlichen Entkopplung wichtiger Interaktionen zwischen Organismen, beispielsweise bezüglich des Angebots und der Nachfrage von Nahrung. Bei Vögeln ist dieses Phänomen eines zeitlichen oder räumlichen nicht-Zusammenfallens zwischenartlicher Beziehungen zu beobachten. Die Brutzeit vieler Vogelarten ist eng mit dem jahreszeitlichen Maximum verfügbarer Nahrung verknüpft. Eine veränderte Zugzeit kann zu einer Desynchronisation mit dem Nahrungsangebot führen und somit Nahrungsengpässe verursachen. Ein Beispiel dafür ist der Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca), der südlich der Sahara überwintert und Ende April nach Deutschland zurückkehrt. Er benötigt weiche Schmetterlingsraupen, um seine Jungen zu ernähren. Die haben sich inzwischen allerdings schon verpuppt, wenn die Jungvögel sie als Nahrung brauchen. Die Folge ist, dass die Brut des Vogels schwächer ist und mehr Küken im Nest verhungern. Ähnlich hängt der Bruterfolg des Goldregenpfeifers (Pluvialis apricaria) vom Zeitpunkt ab, an dem Schnaken, dem Beuteinsekt der Vögel, schlüpfen. Es wird erwartet, dass es am Ende dieses Jahrhunderts zu einer Asynchronität zwischen der ersten Eiablage der Vögel und dem Erscheinen von Schnaken kommen kann.
Als Neobiota werden alle Arten bezeichnet, die gebietsfremd sind und nicht auf natürliche Weise, sondern durch den Menschen, nach Deutschland gelangen oder schon gelangt sind. Bei den meisten dieser Tier- und Pflanzenarten ist dies beabsichtigt geschehen, z. B. Einführung von Zierpflanzen wie das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) oder Jagdwild wie der Waschbär (Procyon lotor). Bei anderen Arten erfolgte dies unbeabsichtigt, beispielsweise durch die Verschleppung von Pflanzensamen mit Handelsgütern oder von Larvenstadien im Ballastwasser von Schiffen, z. B. Körbchenmuschel (Corbicula fluminea). Gebietsfremde Tierarten werden als Neozoen und gebietsfremde Pflanzen als Neophyten bezeichnet. Eine Art wird als invasiv bezeichnet, wenn ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die biologische Vielfalt vorliegt, indem sie heimische Arten direkt gefährdet oder deren Lebensräume so verändert, dass dadurch heimische Arten gefährdet werden. Auch außerhalb des Naturschutzes werden gebietsfremde Arten als invasiv bezeichnet, wenn sie ökonomische, z. B. Wildkräuter wie die Erdmandel (Cyperus esculentus) oder gesundheitliche Probleme verursachen, z.B. Verbrennungen durch den Saft des Riesen-Bärenklaus (Heracleum mantegazzianum).
Die Ausbreitung gebietsfremder Arten ist ein komplexer, von vielen Faktoren abhängiger Prozess. Klimatische Veränderungen sind dabei lediglich ein beeinflussender Faktor. Weitere Faktoren sind u.a. Landnutzung, Ressourcenverfügbarkeit, Artenzusammensetzung, Konkurrenzverhältnisse, hohe Reproduktionsrate, hohes Verbreitungspotenzial, starke Wuchskraft und Toleranz gegenüber Störungen. Generell wirken günstige klimatische Bedingungen unterstützend für viele gebietsfremde Arten. So besteht ein Zusammenhang zwischen der Klimaerwärmung und der Ausbreitung des Beifußblättrigen Traubenkrauts (Ambrosia artemisiifolia). Der Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa) und das wärmebedürftige Großblütige Heusenkraut (Ludwigia grandiflora) profitieren als frostempfindliche Arten ebenfalls vom Klimawandel. Immergrüne Gehölze wie die Lorbeerkirsche (Prunus laurocerasus) breiten sich in wintermilden Lagen aus und die Chinesische Hanfpalme (Trachycarpus fortunei) überlebt aufgrund milderer Winter in Deutschland immer häufiger. Der in Städten wild vorkommende Halsbandsittich (Psittacula krameri) reproduziert sich aufgrund steigender Temperaturen erfolgreicher. Die im Süßwasser lebende Körbchenmuschel (Corbicula fluminea) kann durch erhöhte Wassertemperaturen schneller wachsen und sich erfolgreich fortpflanzen. Die Rückenstrichgarnele (Neocaridina davidi) konnte sich in erwärmten Gewässerabschnitten (u.a. Kraftwerksableitung) etablieren. Der wärmeliebende Bienenfresser (Merops apiaster), ursprünglich aus dem Mittelmeerraum kommend, hat sein Verbreitungsgebiet weiter nach Norden ausdehnt und brütet inzwischen am Kaiserstuhl und im Saaletal.
In Deutschland sind ca. 800 Neobiota-Arten etabliert. Dabei macht der Anteil der Neobiota ungefähr ein Prozent des Gesamtartenbestandes aus. Unter den Neophyten haben etwa 40 Arten aus naturschutzfachlicher Sicht einen invasiven Charakter. Bislang wurden rund 60 gebietsfremde Fischarten in deutschen Binnen- und Küstengewässern nachgewiesen, von denen 16 als etabliert gelten. Für die deutschen Nordseegewässer sind bisher 101 gebietsfremde Arten bekannt, wovon 51 Arten als etabliert gelten. Für die deutschen Ostseegewässer sind es bisher 58 Arten, von denen derzeit 38 Arten etabliert sind.
Der Prozess der Invasion einer Art verläuft in mehreren Phasen: Die Art wird absichtlich oder unabsichtlich in ein neues Gebiet befördert. Die Art überlebt und vermehrt sich in dem Gebiet. Die Art etabliert sich durch den Aufbau einer stabilen Population. Die Art vermehrt und breitet sich stark aus, mit Auswirkungen für das Gebiet und die dort vorhandenen Ökosysteme und ggfs. auch für den Menschen und die Wirtschaft
Die Auswirkungen invasiver Arten auf die biologische Vielfalt sind sehr vielfältig und können positive und negative Effekte haben. Generell beziehen sich die Wirkungen auf Lebensgemeinschaften, Artenzusammensetzungen und Nahrungsnetze sowie auf ökosystemare Prozesse wie Stoffkreisläufe, zwischenartliche Konkurrenzen und biologische Interaktionen. Invasive Arten haben außer auf die biologische Vielfalt auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, menschliche Gesundheit und Verkehrsinfrastrukturen. Vor diesem Hintergrund können invasive Arten:
durch die zwischenartliche Konkurrenz zumindest lokal einheimische Arten verdrängen, z. B. die Kartoffel-Rose (Rosa rugosa) die Bibernell-Rose (Rosa pimpinellifolia) in norddeutschen Dünenlandschaften oder ganze Artengemeinschaften verändern, z. B. Reinbestände des Japanischen Staudenknöterich (Fallopia japonica) an Bachufern,
als direkte Konkurrenten auf heimische Arten wirken, z. B. die Varroamilbe (Varroa destructor), die sich von der Körperflüssigkeit der Honigbienen (-larven) ernährt,
Fressfeinde für andere Arten sein, z. B. die Bisamratte (Ondatra zibethicus) für die Bachmuschel (Unio crassus),
sich in ökologischen Nischen ansiedeln und dort Bestände anderer Arten bedrohen bzw. an einer weiteren Ausbreitung behindern, z. B. Marderhund (Nyctereutes procyonoides) in dem Gebiet des Waschbären (Procyon lotor) der selbst ein Neozoe ist,
durch Einkreuzungen der Gene gebietsfremder Arten in einheimische Arten negativ wirken, z. B. die Schwarzkopfruderente (Oxyura jamaicensis) und die Weißkopfruderente (Oxyura leucocephala),
Krankheiten auf einheimische Arten übertragen, z. B. der Rote Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii), die „Krebspest“ (Aphanomyces astaci) auf einheimische Krebsarten,
Veränderungen von Vegetationsstrukturen herbeiführen, die einheimische Arten gefährden, z. B. begünstigt die in brachfallende Halbtrockenrasen eingewanderte Robinie (Robinia pseudoacacia) durch ihre Stickstoffanreicherung im Boden weitere Pflanzenarten, die heimische Halbtrockenrasenarten verdrängen,
in der Landwirtschaft Ernten mindern und dadurch einen erhöhten Pestizideinsatzes bewirken,
den Betrieb von Schleusen, Hafenanlagen oder Schiffen behindern, z. B. Amerikanische Bohrmuschel (Petricolaria pholadiformis), Pazifische Auster (Magallana gigas),
Allergien beim Menschen auslösen, z. B. Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) und das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) und Überträger von Krankheitserregern sein, z. B. Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und
in der Land- und Forstwirtschaft hohen wirtschaftliche Schäden herbeiführen, z. B. durch das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) oder die Wanderratte (Rattus norvegicus).
Neobiota bringen oftmals auch Eigenschaften mit, die für bestehende Ökosysteme auch von Vorteil sind. Es entstehen neue Zusammenhänge zwischen den Lebewesen in einem Ökosystem, beispielsweise neue Nahrungsnetze zwischen heimischen und neu angesiedelten Arten. Der Schmetterlings- oder Sommerflieder (Buddleja davidii) aus China gilt im Sommer als Nahrungsquelle für viele Tagfalter und Raupenarten. Für die heimischen Vogelarten Blaumeise und Kohlmeise ist die Larve der eingewanderten Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella) zu einer wichtigen Nahrungsquelle für die Aufzucht der Jungvögel geworden.
Weitere Klimawirkungen
Verlust an genetischer Vielfalt: Der Klimawandel bedroht die genetische Vielfalt innerhalb von Arten. Genetische Variationen innerhalb von Arten (z. B. Unterarten, Varietäten und Ökotypen) sind das „Rohmaterial“ der Evolution. Die genetische Vielfalt spielt eine entscheidende Rolle für die Fitness von Individuen einer Art und die Fähigkeit von Arten sich an ändernde Klimabedingungen anzupassen. Möglicherweise können Individuen und Populationen aber nicht mit den aktuellen Klimaveränderungen Schritt halten. Um sich erfolgreich anzupassen sind genetische Veränderungen erforderlich. Diese sind bei Arten mit kurzer Generationszeit, wie Insekten, wahrscheinlicher als bei Bäumen, die sich über Jahrzehnte regenerieren.
Verschiebung von Arealen und Rückgang der Bestände: Als Areal wird das Verbreitungsgebiet aller Populationen einer Art bezeichnet. Als Folge des Klimawandels kann es zur Verlagerung von Arealgrenzen, d.h. Arealerweiterungen, Arealverlusten oder Ausbreitung in höhere bzw. polnähere Lagen kommen. Eine Verschiebung von Arealen kann zum Rückgang von Beständen, räumlichen Entkopplungsphänomenen sowie zu einer veränderten Artenzusammensetzung führen. In weiterer Folge kann es zu einem starken Rückgang lokaler Bestände oder zu einem völligen Aussterben einer Art kommen. Bei Brutvogelarten, Tagfaltern, Libellen und Fischarten finden sich erste Anhaltspunkte für eine Verschiebung relativer Häufigkeiten zugunsten wärmebedürftiger Arten und zuungunsten kältebedürftiger Arten. In der Nordsee führen steigende Temperaturen zu Änderungen der Artenzusammensetzung. Bestandsrückgänge oder Verluste von Arten sind oft schwerer zu erfassen als Arealverlagerungen, insbesondere, wenn die betroffenen Arten nicht im Fokus eines Monitoring stehen. Veränderungen werden hier somit erst mit Verzögerung wahrgenommen.
Schäden an wassergebundenen Habitaten und Feuchtgebieten: Feuchtgebiete sind bereits durch Trockenlegung und anschließende Nutzungsintensivierung stark in ihrem Bestand (Fläche und Qualität) zurückgegangen. Der Klimawandel ist eine weitere Gefährdungsursache und führt durch länger andauernde (Frühjahrs)Trockenperioden und hohe Temperaturen zu einer verstärkten Austrocknung von Feuchtgebieten und Bachläufen. Dadurch nimmt die Gefahr der weiteren Abnahme und Degradierung von Feuchtgebieten zu. In Fließgewässern gehen geeignete Lebensräume und Bestände von Fischarten, wie Äsche (Thymallus thymallus) und Forelle(Salmo trutta), durch steigende Gewässertemperaturen zurück und eine zunehmende Ausbreitung von Arten des unteren Flusslaufs in höhere Gewässerabschnitte erfolgt.
Schäden an Wäldern: In deutschen Wäldern werden gegenwärtig starke Schäden durch trockene und heiße Jahre in Kombination mit Sturmereignissen und Borkenkäfervermehrungen sowie eine Abnahme von Zuwachs und Vitalität von Waldbäumen beobachtet. In Folge von Temperaturerhöhungen, die zu früherem Blattaustrieb führen, kann die Anfälligkeit von Bäumen gegenüber Spätfrostschäden zunehmen.
Anpassungsmassnahmen im Bereich Biodiversität haben zum Ziel, die Überlebens- und Funktionsfähigkeit von Organismen zu steigern und unerwünschte Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität zu vermeiden oder zu minimieren. Anpassungsmassnahmen können die Risiken des Klimawandels nicht völlig beheben, aber die Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen und ihren Arten erhöhen. Besonders bedeutend für die Anpassung an den Klimawandel ist die selbstständige Anpassung der Ökosysteme und Arten. Nach aktuellem Wissensstand verläuft diese umso erfolgreicher je intakter die Ökosysteme und je höher ihre Biodiversität ist, da damit die Resilienz der Ökosysteme steigt. Der Mensch kann das Potenzial zur selbstständigen Anpassung (Selbstregulation) unterstützen, indem ein guter Zustand und die Funktionsfähigkeit der Biodiversität gesichert und die Vielfalt auf allen Stufen gefördert werden. Maßnahmen zur Maximierung des Anpassungspotenzials und zur Stärkung der Resilienz von Artenpopulationen erfordern angesichts des Klimawandels eine Reduzierung der Bedrohungen und eine Änderung bestehender Naturschutzrichtlinien und -strategien. Ein umfangreicher Biotopverbund zur Verbesserung der ökologischen Vernetzung und genetischen Vielfalt, der Schutz und die Sanierung von Lebensräumen sowie die Erhaltung der biologischen Vielfalt in produktiven Landschaften sind weitere Strategien, um das Anpassungspotenzial von Arten zu maximieren.
Auf der Ebene der Arten gibt es prinzipiell mehrere Möglichkeiten wie Arten und Populationen in einem Ökosystem auf den Klimawandel und damit auf eine Veränderung des Temperaturverlaufs reagieren können. Sie können entweder ausweichen, sich anpassen oder aussterben. Die Anpassung hängt also maßgeblich davon ab, inwiefern Arten in der Lage sind, entweder neue klimatisch geeignete Lebensräume zu besiedeln oder sich durch entsprechende physiologische oder phänologische Veränderungen an die neuen Bedingungen anzupassen, ohne dabei ihren Lebensraum zu verlassen. Wenn Ausweichen oder genetische Anpassung nicht möglich sind und die klimatischen Bedingungen den Toleranzbereich der Art überschreiten, kann die Art im betroffenen Gebiet aussterben. Faktoren, die das Ausweichen (Migration) von Arten in neue Lebensräume erschweren kann, ist die räumliche Zerschneidung geeigneter Ausweichlebensräume durch Straßen sowie die fehlende Durchgängigkeit der intensiv genutzten Agrarlandschaft für Ausbreitungs- und Wanderungsbewegungen. Im Gebirge können Tiere in höhere Lagen wandern, wenn es ihnen zu warm wird. Je höher die Tiere wandern, desto enger wird jedoch der Raum, den sie zur Verfügung haben sowie das verfügbare Nahrungsangebot.
Eine weitere Anpassungsmöglichkeit ist die phänotypische Plastizität, worunter das bei vielen Pflanzen und Tieren auftretende Phänomen verstanden wird, dass Individuen mit dem gleichen Genotyp (Erbinformation) unterschiedliche Phänotypen ausbilden, je nach den gerade vorherrschenden Umwelt- oder Klimabedingungen. Der Phänotyp bezieht sich nicht nur auf morphologische, sondern auch auf physiologische Eigenschaften und ggfs. auf Verhaltensmerkmale. Weiterhin kann eine Anpassung in Merkmalen durch genetische Veränderungen verursacht werden, d. h. letztlich durch Evolution. Eine evolutionäre Anpassung an den Klimawandel kann nur dann erfolgen, wenn vererbbare genetische Variation in klimarelevanten Merkmalen vorhanden ist.
Anpassung gegenüber der Klimawirkung „Ausbreitung invasiver Arten“
Neben teilweise sehr speziellen artbezogenen Maßnahmen sollten Maßnahmen zum Umgang mit invasiven Arten drei Ebenen berücksichtigen: 1) Vorsorge, 2) Monitoring, Früherkennung, Sofortmaßnahmen, 3) Akzeptanz, Kontrolle und Beseitigung.
Vorsorge: Da die Ausbreitung gebietsfremder Arten meistens unbedacht erfolgt und das Wissen über die Wirkungen gebietsfremder Arten nicht ausreichend bekannt ist kommt der Aufklärung und der Bewusstseinsbildung eine große Bedeutung zu. So kann die Ausbreitung gebietsfremder Arten oftmals bereits verhindert werden, wenn in der freien Landschaft wirtschaftende Berufsgruppen z.B. Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau, Straßen- und Landschaftsbaubetriebe nach Möglichkeit einheimische Arten benutzen. Auch Privatpersonen sollten bewusster mit gebietsfremden Arten umgehen und das Ausbringen neuer Arten in die Natur unterlassen und keine Gartenabfälle in der freien Landschaft entsorgen. Präventive Maßnahmen setzen vor allem im Bereich der (internationalen) Verkehrswege an, da diese einen Hauptpfad für die Einbringung und Ausbreitung invasiver Arten darstellen. Als konkrete Maßnahmen kommen in Frage: die Behandlung des Ballastwassers von Schiffen mit mechanischen, physikalischen oder chemischen Methoden vor dessen Austausch, die Einrichtung ökologischer Sperren in künstlichen Wasserkörpern wie Schifffahrtskanälen, um die unbeabsichtigte Einschleppung gebietsfremder Arten zu verhindern oder freiwillige Verpflichtungen zur Einschränkung des Kaufs oder Verkaufs von potenziell invasiven exotischen Pflanzen und Tieren. Außerdem stehen verschiedene gesetzliche Regelungen zur Verfügung, z.B. ein generelles Verbot der Haltung, Zucht, Beförderung, Vermarktung und Freisetzung nach der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 für die Arten der Unionsliste sowie ein Besitz- und Vermarktungsverbot nach der Bundesartenschutzverordnung für bestimmte gebietsfremde Arten. Zusätzlich existieren in vielen Ländern rechtlich nicht bindende "Listen invasiver Arten", die nicht freigesetzt oder bei einem Auftreten beseitigt werden sollen.
Monitoring, Früherkennung und Sofortmaßnahmen: Die Beobachtung (Monitoring) der Bestandsentwicklung und Ausbreitung bereits eingeführter gebietsfremder Arten stellt die Grundlage für eventuelle rechtzeitige Kontroll- oder Bekämpfungsmaßnahmen dar. Um frühzeitig neu auftretende invasive Arten zu erkennen, ist ein Frühwarnsystem aufzubauen, um einschätzen zu können, ob sich eingeschleppte Pflanzen- oder Tierarten aggressiv ausbreiten, eine Gefahr für heimische Arten werden und mit welchen Maßnahmen ihnen begegnet werden kann. Dazu bieten sich regionale Webportale wie Neobiota-Nord an. Sollten invasive Arten neu auftreten, ist im Bundesnaturschutzgesetz (§40a Abs.1) festgeschrieben, dass Sofortmaßnahmen zu ergreifen sind, um diese zu beseitigen oder ihre weitere Ausbreitung zu verhindern. Durch frühzeitiges Handeln bei neu auftretenden invasiven Arten sollen mögliche nachfolgende flächenhafte Schäden an der natürlich vorkommenden Flora und Fauna vermieden werden. Nach bisheriger Erfahrung ist die Eindämmung der von invasiven Arten ausgehenden Gefahr umso schwieriger und teurer, je länger man wartet bzw. je weiter sie verbreitet sind.
Akzeptanz, Kontrolle und Bekämpfung: Die meisten bereits in Deutschland vorkommenden gebietsfremden Arten haben sich in unsere Ökosysteme integriert und sind daher als neue Pflanzen – und Tierarten zu akzeptieren. Viele problematische Neobiota-Arten, die weiträumig etabliert sind, werden nicht mehr ausrottbar sein, so dass sie nur in begründeten Einzelfällen bekämpft werden sollten, um sie unter Kontrolle zu halten oder lokal zu beseitigen. Dazu sollten ihre Auswirkungen im konkreten Fall bekannt sein und eine Bekämpfung rechtfertigen. Bei den Bekämpfungsmaßnahmen wird zwischen verschiedenen Typen unterschieden. Bei physischer Bekämpfung werden die Neobionten z. B. regelmäßig abgesammelt, aus dem Boden entfernt oder mit Feuerwaffen getötet. Derartige Methoden sind oftmals mit hohen Kosten verbunden und bei geringer Populationsdichte des Neobionten ineffektiv. Bei der chemischen Bekämpfung werden Pestizide eingesetzt. Problematisch ist hier, dass die eingesetzten Mittel oft unbeabsichtigt heimische Pflanzen- und Tierarten oder den Menschen schädigen. Bei der biologischen Bekämpfung werden natürliche Feinde, Parasiten und Viren des Neobionten eingeführt. Unerwünschte Nebeneffekte können auftreten, wenn die zur Bekämpfung eingeführten Arten ein zu großes Wirkungsspektrum haben und dadurch der Bestand heimischer Arten verringert wird. Es ist daher wichtig, dass zur Bekämpfung eingeführte Arten eine hohe Wirkungsspezifität aufweisen. Eine weitere biologische Methode ist die Sterile-Insekten-Technik, bei der massenhaft gezüchtete sterile Männchen in einem Zielgebiet freigelassen werden. Da die sterilen Männchen gegenüber ihren frei lebenden Geschlechtsgenossen in massiver Überzahl sind, paaren sich die meisten Weibchen mit ihnen – bekommen danach aber keinen Nachwuchs. Ebenfalls können gentechnisch veränderte Varianten des Neobionten in die invasive Population eingebracht werden. Durch wiederholtes Aussetzen solcher Individuen werden schädliche Erbanlagen in den Genpool des Neobionten gebracht, die auf lange Sicht zum Aussterben des Neobionten führen sollen. Hier besteht die Gefahr, dass schädliche Gene durch Hybridisierung in den Genpool heimischer Arten gelangen.
Weitere Anpassungen
Anpassung an den Verlust an genetischer Vielfalt: Zur Eindämmung und Vorbeugung des klimawandelbedingten Verlustes genetischer Vielfalt ist allgemein ein größerer verfügbarer Genpool der Pflanzen- und Tierarten von Vorteil. Es bietet ihnen die Möglichkeit, sich an wechselnde Klima- und Umweltbedingungen anzupassen. Die Erhaltung der heimischen und wildlebenden Tiere und Pflanzen in dauerhaft gesicherten Populationen in ihren natürlichen Lebensräumen wird als essentiell zur Erhaltung der genetischen Diversität eingestuft. Zum Erhalt der genetischen Varianz trägt maßgeblich die Sicherstellung des Austauschs von Populationen untereinander bei, was die Verbindung von Lebensräumen über einen funktionsfähigen Biotopverbund erfordert. Um den Verbund zwischen Tierpopulationen und dadurch den genetischen Austausch zu fördern, können unter bestimmten Bedingungen Arten umgesiedelt oder Barrieren (z.B. Autobahnen) durch den Bau von Grünbrücken oder die Anlage von Trittsteinbiotopen umgangen werden. Die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus ist aus Sicht des Biodiversitätsschutzes eine wichtige Strategie. Eine denkbare Maßnahme wäre hier der Erhalt und die Ausweitung extensiv bewirtschafteten Dauergrünlands. Zusätzlich trägt die Einlagerung pflanzlichen Saatguts in Genbanken zur Archivierung der genetischen Vielfalt bei.
Anpassung an die Verschiebung von Arealen und Rückgang der Bestände: Zum Umgang mit Arealverschiebungen und zur Vermeidung und Eindämmung von Bestandsrückgängen können durch die Entwicklung und Umsetzung eines funktionsfähigen Biotopverbundes Überlebensmöglichkeiten für heimische Arten und Lebensräume geschaffen werden, um auf diese Weise eine Anpassung von Organismen an klimatische Veränderungen zu ermöglichen. Bestehende Lebensräume gefährdeter und /oder klimasensitiver Arten sind zu optimieren, um diese widerstandsfähiger und anpassungsfähiger zu machen, z.B. durch das Vorhalten ausreichend großer Flächen mit Biotopschutzfunktion, der Intensivierung von Entwicklungsmaßnahmen zur Förderung einer größeren Naturnähe von Ökosystemen sowie dem Zulassen einer natürlichen Sukzession von Ökosystemen. Grundsätzlich bedarf es der verstärkten Umsetzung nationaler Programme wie der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, der Naturschutzförderprogramme, der Programme zur Wiedervernetzung und des Biotopverbundes zur Stärkung der Durchwanderbarkeit und Lebensraumvernetzung als auch landesweiter, regionaler und lokaler Förderprogramme.
Anpassung an Schäden an wassergebundenen Habitaten und Feuchtgebieten: Eine Anpassung wassergebundener Lebensräume mit einer besonderen Sensibilität gegenüber klimatischen Änderungen (z.B. Moore, Salzwiesen, kleine Bäche, Auen, Quellen) kann am Erhalt oder der Wiederherstellung dieser Lebensräume ansetzen. Dazu zählen Renaturierungsmaßnahmen an Fließgewässern und Auen (z.B. Landnutzungsänderung, Deichrückverlegung, Uferrückbau, Anschluss von Altarmen, ökologische Durchgängigkeit, Erreichung des guten ökologischen Zustands, Schaffung von Biotopverbünden) und Maßnahmen zur Bestandsicherung und Wiedervernässung von Hoch- und Niedermooren (z.B. Erhalt und Wiederherstellung natürlicher Wasserstände, Ausgleichszahlungen an Landwirte, Ankauf landwirtschaftlicher Flächen, Forschung zur nachhaltigen Moornutzung).
Anpassung an Schäden an Wäldern: Ein wesentliches Ziel von Maßnahmen zur Anpassung an die Klimawirkung „Schäden an Wäldern“ ist die Schaffung und dauerhafte Sicherung standortgerechter, naturnaher, strukturreicher, klimastabiler und ökologisch hochwertiger Waldökosysteme mit überwiegend heimischen Baumarten. Darunter fallen als Maßnahmen die Anlage von naturnahen Mischwäldern, die Förderung der natürlichen Verjüngung von Wäldern gegenüber der Pflanzung auf dafür geeigneten Standorten, die Ausrichtung der Höhe der Wildbestände und der Jagd an den Bedürfnissen der Wälder, Informationsverbreitung zum Ausmaß und den Auswirkungen des Klimawandels auf Waldökosysteme sowie die Intensivierung der Forschung zu den Wechselwirkungen von Klimawandel, Schaderregern und abiotischer und biotischer Schadfaktoren und deren Einflüssen auf unsere Wälder.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
Umweltbundesamt
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