Altlasten

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Grafische Umsetzung einer vielfältigen Bodennutzung

Quelle: Frauke Schön / Umweltbundesamt

Als Altlasten im Sinne des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (BBodSchG) werden Altablagerungen und Altstandorte bezeichnet, durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

Inhaltsverzeichnis

 

Rechtliche Einordnung

Das Thema Altlasten ist in Deutschland seit 1999 im Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (BBodSchG) geregelt. Altlasten im Sinne des Gesetzes umfassen Altstandorte als auch Altablagerungen. Ursächlich hierfür können der unsachgemäße Umgang und Handhabungsverluste von umweltgefährdenden Stoffen oder die unsachgemäße Behandlung, Lagerung oder Ablagerung von Abfällen sein.

Noch in Betrieb befindliche Industrieanlagen oder Abfallbehandlungsanlagerung und -ablagerungen unterfallen jedoch nicht dem BBodSchG, sondern den dafür einschlägigen Regelungen von BIMSchG oder der Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung - DepV).

Das BBodSchG und die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) stellen für die Altlastenbearbeitung praxistaugliche, rechtliche und fachtechnische Instrumente zur Verfügung. Durch eine umfassende Novellierung des untergesetzlichen Regelwerks und der am 01.08.2023 in Kraft getretenen Mantelverordnung werden die Weiterentwicklung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) und der Einbau von Materialien in und auf Böden neu geregelt. Mit der Verordnung über Anforderungen an den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke (EBV) sollen so einerseits die Recyclingquoten für die in Frage kommenden Materialien auf einen hohen Niveau gesichert bleiben sowie natürlicher Ressourcenschutz betrieben werden, andererseits soll sichergestellt werden, dass dadurch keine schädlichen Bodenveränderungen verursacht werden. Damit soll auch weiterhin ein funktionierender Vollzug des Bodenschutzes in den dafür zuständigen Ländern sichergestellt werden.

Das BBodSchG verwendet „schädliche Bodenveränderung“ als Überbegriff für stoffliche und nichtstoffliche Belastungen im Boden. Geht man bei Altlasten üblicherweise von Punktquellen aus, können schädliche Bodenveränderungen durchaus flächenhaft verursacht und ausgeprägt sein.

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Differenzierung potentiell kontaminierter Standorte

  • Altlastverdächtige Flächen und Altlasten

Das Gesetz unterscheidet zwischen Altablagerungen und -standorten und das „Alt…“ steht für den bereits eingestellten Betrieb von Anlagen oder Deponien. Durch die unsachgemäße Nutzung und Bewirtschaftung von Anlagen und Grundstücken, durch unsachgemäßen Betrieb, Handhabungsverluste und Unfälle mit gefährlichen Stoffen können Kontaminationen von Boden und Grundwasser verursacht worden sein. Diese Annahme ist bedarf einer Verifizierung. Der potentielle Altlastenverdacht wird in Deutschland durch eine stufenweise Altlastenbearbeitung auf der Grundlage vorhandener Informationen und verdachtsbezogener Recherche und gezielten Untersuchungen hinsichtlich des Vorhandenseins und der Gehalte gefährlicher Stoffen, ihres Verhaltens auf relevanten Transferpfaden sowie ihrer Wirkungen auf Schutzgüter und Rezeptoren sukzessive aufgeklärt und verifiziert.

Das im BBodSchG verankerte Ziel der Maßnahmen zur Altlastensanierung ist die Gefahrenabwehr. Das ist gleichbedeutend mit ökologischen Konzessionen an einen guten Bodenzustand und nachhaltigen Bodenschutz, denn Maßnahmen zur Gefahrenabwehr können einen ursprünglicher Bodenzustand zumeist nicht wiederherstellen. Nachhaltiger und dauerhafter Bodenschutz lässt sich nur durch Vorsorge und Prävention erreichen.

Mit der behördlichen Feststellung einer Altlast wird grundsätzlich ein Sanierungserfordernis bestätigt und erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind zu veranlassen. Unabhängig von der stufenweisen Bearbeitung sind bei der Feststellung eines Gefahrentatbestandes Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr geboten.

  • Aktive Standorte

Bodenverunreinigungen können bereits auf Standorten von in Betrieb befindlichen Anlagen beispielsweise, durch potenzielle Vornutzungen, durch Handhabungsverluste, Leckagen oder Störfällen von gefährlichen Stoffen eintreten oder eingetreten sein.

Anlagen unterliegen bis zur Betriebseinstellung zumeist einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht entsprechend dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (⁠BImSchG⁠). Mit der Betriebseinstellung wird grundsätzlich die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Anlagengrundstücks gefordert, was vom Schutzniveau mit der Gefahrenabwehr des BBodSchG vergleichbar ist.

Seit dem Inkrafttreten der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (IED) und deren nationaler Umsetzung im BImSchG ist die Schnittstelle zwischen Anlagengenehmigungs- und Medienschutzrecht wirksam gestärkt worden und es sind Voraussetzungen geschaffen worden, das Altlastenproblem mittel- und langfristig zu reduzieren.

Das BImSchG fordert unter bestimmten Voraussetzungen für Anlagen die der IED unterfallen, einen Bericht über den Ausgangszustand von Boden und Grundwasser (AZB), konkret immer dann, wenn es sich um Anlagen handelt, die in 4. ⁠BImSchV⁠, Anhang 1 mit „E“ gekennzeichnet sind und darin relevante gefährliche Stoffe (rgS) verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden. Wenn bei der endgültigen Einstellung des Anlagenbetriebs und im Vergleich mit dem AZB festgestellt wird, dass erhebliche Boden- oder Grundwasserverschmutzungen verursacht worden sind, ist der Betreiber zur Rückführung des Anlagengrundstücks in den Ausgangszustand verpflichtet. Dazu ist unter Einbeziehung der relevanten Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise eine Arbeitshilfe erstellt worden, deren Veröffentlichung die Umweltministerkonferenz im Umlaufbeschluss 66/2024 zugestimmt hat.

 

Nationale Fortschritte

Bisherige Untersuchungen, Bewertungen und (Sanierungs-)Maßnahmen und Aufwendungen der öffentlichen Hand und privater Sanierungspflichtiger in Milliardenhöhe führten zwar in der Bundesrepublik zu signifikanten Fortschritten im Altlastenmanagement, eine dauerhafte und umfassende Problemlösung und eine zahlenmäßige Reduzierung der Fallzahlen konnte noch nicht erzielt werden, obwohl ein positiver Trend bei abgeschlossenen Gefährdungsabschätzungen und Sanierungen belegt ist. Ein Grund dafür ist, dass Entstehung "neuer" Altlasten noch nicht wirksam gestoppt wurde.  Mit den Instrumenten der IED wird dafür nunmehr eine Vorraussetzung geschaffen. 

In der „Bundesweiten Altlastenstatistik“ sind der Erfassungsstand und der Stand der Bearbeitung der altlastverdächtigen Flächen und Altlasten in der Bundesrepublik Deutschland zusammengestellt, die Angaben basieren auf der Datenübermittlung aus den dafür zuständigen Bundesländern.

Neue Schadstoffe oder -gruppen wie beispielsweise ⁠PFAS⁠ tragen wesentlich zu Verzögerungen und zur schleppenden Lösung des Altlastenproblems bei. Insbesondere deren ⁠Persistenz⁠ oder diffuse Kontaminationsbilder stellen neue Herausforderungen an Untersuchung, Bewertung und Sanierungsmanagement.

Zur Identifizierung flächenhaft stofflicher Bodenveränderungen, die beispielsweise auch durch luftgestützte ⁠Deposition⁠ entstehen können, sind vorzugsweise Erkenntnisse aus dem Boden- und Grundwassermonitoring heranzuziehen, fordern aber in der Bearbeitungsfolge weitgehend gleichen Schritten wie bei der Altlastenbearbeitung.

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Schlagworte:
 Gefahrenabwehr  Altablagerung  Altstandort  Gefährdungsabschätzung