2.5 Wie können Sie die Anpassungskapazität abschätzen?
Optional können Sie im Rahmen der Klimarisikoanalyse eine Analyse und Bewertung der Anpassungskapazität durchführen, um abzuschätzen, wie Sie zukünftig die Klimarisiken in Ihrer Kommune vermindern können und wie sich der Handlungsbedarf nach zusätzlicher Anpassung darstellt. Die Anpassungskapazität liefert Ihnen ein umfängliches Bild der möglichen Klimarisiken.
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Die Norm ISO 14091 versteht unter der Anpassungskapazität die Fähigkeit von Systemen, Institutionen, Menschen und anderen Lebewesen, sich auf potentielle Schäden durch den Klimawandel einzustellen, Vorteile zu nutzen oder auf Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren. Die Anpassungskapazität ist von einer Reihe an Faktoren abhängig, wie beispielsweise von dem (politischen) Willen zur Anpassung, dem vorhandenen Anpassungswissen, den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln, personellen Kapazitäten, Technologien und Dienstleistungen und der Fähigkeit diese Ressourcen für die Klimaanpassung auch effektiv zu nutzen.
In den vorherigen Kapiteln haben Sie die Klimawirkungen und ihre beeinflussenden Komponenten und Faktoren betrachtet, ohne Berücksichtigung weiterer Anpassungsmaßnahmen in der Zukunft. Sie haben damit die Klimarisiken ohne Klimaanpassung ermittelt. Um ein vollständiges Bild bezüglich der Klimarisiken für Ihre Kommune zu erhalten, sollten Sie die Anpassungskapazität Ihrer Kommune in den Blick nehmen, diese analysieren und ebenfalls einschätzen. Mit deren Ermittlung treffen Sie nicht nur Aussagen darüber, ob und in welchem Maße ihre Kommune bereits über Möglichkeiten der Klimaanpassung verfügt, sondern erarbeiten darüber hinaus Hinweise, mit welchen zusätzlichen Maßnahmen Sie die Klimarisiken in Ihrer Kommune weiter verringern können. Damit ergänzt die Einschätzung der Anpassungskapazität Ihre Bewertung der Klimawirkungen ohne Anpassung (vgl. Kapitel 2.4).
Akteure und Zeitpunkt der Untersuchung festlegen
Auch die Abschätzung der Anpassungskapazität bezogen auf eine Klimawirkung oder ein gesamtes Handlungsfeld sollten Sie in enger Abstimmung mit der verwaltungsübergreifenden Arbeitsgruppe vornehmen, die fachliche Analyse ggfs. mit Unterstützung eines externen Fachbüros. Wichtig ist, dass Sie auch hier lokales Wissen einbeziehen. Die Abschätzung kann dabei parallel oder im Anschluss an die Ermittlung und Bewertung der Klimarisiken erfolgen.
Untersuchungsebene festlegen
Wählen Sie gemeinsam diejenigen Klimawirkungen und/oder Handlungsfelder aus, für die Sie die Anpassungskapazität in Ihrer Kommune untersuchen wollen. Konzentrieren Sie sich auf eine Auswahl an Klimawirkungen und Handlungsfelder und ziehen Sie hierbei die Ergebnisse Ihrer Klimarisikoanalyse heran (siehe Kapitel 2.4). So kann es sinnvoll sein, dass Sie zunächst alle Klimawirkungen mit einem hohen Klimarisiko in den Zeiträumen Gegenwart oder/und Mitte des Jahrhunderts für die Abschätzung der Anpassungskapazität heranziehen.
Dimensionen der Anpassungskapazität festlegen
Für beide Untersuchungsebenen existiert eine große Vielfalt an Anpassungsmöglichkeiten. Für deren Übersichtlichkeit ist es ratsam, eine Typisierung vorzunehmen. In der Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland erfolgt beispielsweise eine Einteilung in sechs Anpassungsdimensionen: 1. Wissen, 2. Motivation und Akzeptanz, 3. Technologie und natürliche Ressourcen, 4. Finanzielle Ressourcen, 5. Rechtliche Rahmenbedingungen und politische Strategien sowie 6. Institutionelle Struktur und personelle Ressourcen. Die Norm ISO 14091 beschreibt im Detail in Ihrem Anhang G vier Komponenten der Anpassungskapazität: 1. organisationsbezogene Fähigkeit, 2. technisches Vermögen, 3. finanzielle Fähigkeit und 4. Fähigkeit des Ökosystems. Beide Ansätze der Kategorisierung können Sie als Orientierung auch für Ihre Kommune nutzen.
Querschnittsthema: Datenverfügbarkeit
In vielen kommunalen Klimaanpassungsstrategien wurde auf die Analyse der Anpassungskapazität verzichtet, oftmals mit der Begründung, dass es an validen und praxistauglichen Methoden zu deren Erhebung fehlt und sich die Informations- und Datenbeschaffung für die Analyse als sehr aufwendig erweist. Dies betrifft beispielsweise die Recherche nach Informationen und Daten zu den Dimensionen (KWRA 2021) bzw. Komponenten (ISO 14091) der Anpassungskapazität. Zudem liegen kaum aussagekräftige Informationen bzw. keine Daten vor oder müssen aufwendig neu erhoben werden.
Fachliche Analyse durchführen
Für die Analyse der klimawirkungsspezifischen Anpassungskapazität, geht es darum, abzuschätzen, wie durch Anpassung die Klimarisiken gesenkt werden können. Hierfür können einerseits – wie häufig in der Literatur - allgemeine Indikatoren angewendet werden oder – wie in der KWRA 2021 - die Wirksamkeit von konkreten Anpassungsmaßnahmen hinsichtlich ihres Potentials, ein identifiziertes Klimarisiko zu senken, bewertet werden. Bei letzterem sollten Sie zunächst mit Unterstützung eines Fachbüros die aktuelle wissenschaftliche Literatur zu den Anpassungsmaßnahmen auswerten. Vergleichen Sie diese mit den Ergebnissen Ihrer Klimarisikoanalyse (Kapitel 2.4).
Parallel können Sie Experteninterviews, Fachgespräche, Umfragen und Workshops als zusätzliche Informationsquellen über Anpassungsmöglichkeiten hinsichtlich einzelner Klimawirkungen nutzen. Für die Interviews und den Diskurs über die klimawirkungsspezifischen Anpassungskapazitäten können sie die benannten Dimensionen bzw. Komponenten der Anpassungskapazität als strukturierende Elemente nutzen, beispielsweise um Lücken bei einzelnen Dimensionen zu erkennen. Die Ergebnisse der Literaturauswertung, Experteninterviews und der Workshops zu den ausgewählten Klimawirkungen sollten Sie einheitlich zusammenfassen und dokumentieren. Sie dienen der inhaltlichen Vorbereitung der eigentlichen Einschätzung der Anpassungskapazität.
Anpassungskapazität einschätzen
Der Terminus „einschätzen“ macht deutlich, dass sich die Anpassungskapazität oftmals nur ungenau erfassen lässt. Quantifizierbare Beurteilungskriterien liegen oftmals nicht vor. Sie können stattdessen auf qualitative Methoden zurückgreifen, wie Sie auch im Rahmen der Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 eingesetzt wurden, um die Anpassungskapazität für ganz Deutschland einzuschätzen. Danach wird die Wirksamkeit der Anpassungsmaßnahmen in Ihrer Kommune mittels einer fünfstufigen Skala eingeschätzt (Wertebereich 1 bis 5, wobei 1=gering und 5=hoch):
geringe Wirksamkeit der Anpassung: würde das angenommene Klimarisiko ohne Anpassung kaum reduzieren
geringe-mittlere Wirksamkeit der Anpassung: würde eine Reduzierung des Klimarisikos um eine halbe Stufe bedeuten
mittlere Wirksamkeit der Anpassung: würde eine Reduzierung des Klimarisikos um eine Stufe bedeuten
mittel-hohe Wirksamkeit der Anpassung: würde eine Reduzierung des Klimarisikos um anderthalb Stufen bedeuten
hohe Wirksamkeit der Anpassung: würde eine Reduzierung des Klimarisikos um zwei Stufen bedeuten
Sie können dabei bereits vorhandene und beschlossene Maßnahmen getrennt von möglichen weiterreichenden Anpassungsmaßnahmen (z. B. heute bis 2030) einschätzen.
Klimarisiko mit Anpassung bewerten
Nachdem Sie getrennt für alle relevanten Klimawirkungen die Klimarisiken ohne Anpassung (siehe Kapitel 2.4) bewertet und die Anpassungskapazitäten abgeschätzt haben können Sie zur Abschätzung des Klimarisikos mit Anpassung nunmehr beide Bewertungen zusammenführen. Eine derartige Zusammenführung können Sie sowohl für einzelne Klimawirkungen vornehmen als auch für ein gesamtes Handlungsfeld mit mehreren hier priorisierten Klimawirkungen. Die Bewertung des Klimarisikos mit Anpassung für einzelne Klimawirkungen können Sie – wie in der folgenden Abbildung gezeigt - qualitativ mit einer dreistufigen Skala (hoch, mittel, gering) vornehmen. Dies ermöglicht Ihnen zu erkennen, wo sie das Klimarisiko ausreichend reduzieren könnten und wo sie an – weiche oder harte – Grenzen der Anpassung stoßen.
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