Die Papierindustrie setzte im Jahr 1990 knapp 49 Prozent Altpapier ein, 2015 74 Prozent und im Jahr 2023 rund 83 Prozent. Diese Steigerung senkte den Holz-, Wasser- und Primärenergieverbrauch pro Tonne Papier. Das Mehr an Papierkonsum relativierte jedoch den Effizienzgewinn. Zudem gefährden Verunreinigungen aus Druckfarben, Kleb- und Papierhilfsstoffen inzwischen das Altpapierrecycling.
Im Jahr 2023 wurden rechnerisch in Deutschland 175,6 Kilogramm (kg) Pappe, Papier und Karton pro Kopf verbraucht. Diese Zahl bezieht neben dem Verbrauch in den privaten Haushalten auch den gesamten Verbrauch an Papier in Wirtschaft, Medien und Verwaltungen mit ein. In privaten Haushalten beträgt die jährlich verbrauchte Papiermenge ca. 105 kg pro Kopf (INTECUS GmbH). Dies entspricht einem rechnerischen Gesamtverbrauch von 14,9 Millionen Tonnen (Mio. t). Im gleichen Jahr haben private und kommunale Entsorger 12,7 Mio. t Altpapier gesammelt. Dies ergibt eine Altpapierrücklaufquote von 85 % (siehe Tab. „Papiererzeugung, Papierverbrauch und Altpapierverbrauch“).
Die deutsche Papierindustrie
Die deutsche Papierindustrie stellte im Jahr 2023 rund 18,6 Mio. t Papier, Pappe und Kartonagen her. Sie setzte dafür rund 15,5 Mio. t Altpapier ein. Die Altpapiereinsatzquote – also der Altpapieranteil an der gesamten inländischen Papierproduktion – lag damit bei rund 83 %. Diese Quote stieg seit dem Jahr 2000 um 23 Prozentpunkte (siehe Tab. „Altpapiereinsatzquoten in Prozent“). Der deutschen Papierindustrie gelang es auf diese Weise, ihre spezifischen Umweltbelastungen zu verringern.
Die hohe Altpapiereinsatzquote von 83 % lässt sich kaum noch erhöhen. Dennoch ist es technisch etwa möglich, mehr Altpapier bei der Herstellung von Zeitschriften-, Büro- und Administrationspapieren und vor allem bei der Herstellung von Hygienepapieren zu nutzen. Eine Nachfragesteigerung seitens Verbraucherinnen und Verbraucher würde dies befördern. Der Altpapiereinsatz bei der Herstellung von Hygienepapieren fällt erneut auf nunmehr 40 %. Dies liegt an der Abnahme weißer Altpapiere im Markt durch den Rückgang der graphischen Papiere, bedingt durch die fortschreitende Digitalisierung, bei gleichzeitiger Zunahme von Verpackungspapieren. Der Rohstoff Altpapier ist knapp. Der Einsatz von Altpapier ist vorteilhaft, da Fasern aus Hygienepapieren nach der Nutzung nicht für ein weiteres Recycling zur Verfügung stehen.
Bei der Herstellung von Zeitungsdruck- und Wellpappenrohpapieren wurde im Jahr 2023 statistisch gesehen mehr als 100 % Altpapier eingesetzt. Der Grund ist, dass bei der Aufbereitung von Altpapier Sortierreste und alle Verunreinigungen, welche die Qualität des Neupapiers beeinträchtigen, abgeschieden werden. Dabei gehen auch in geringem Umfang Papierfasern verloren, deshalb wird in der Produktion bis zu 20 % mehr Rohstoff, der aber auch papierfremde Bestandteile enthält, eingesetzt.
Die Altpapierverwertungsquote, also der Altpapierverbrauch im Verhältnis zum gesamten Papierverbrauch, lag 2023 bei über 100 % (siehe Abb. „Altpapierverwertungsquoten“). Es wurde mehr Altpapier für die Herstellung von Recyclingpapier verbraucht als Papier in Deutschland verbraucht wurde. Das liegt daran, dass mehr Papier für den Export produziert wurde und weniger im Inland verbraucht wurde.
Papier, Pappe und Kartonagen wurden im Jahr 2023 energieeffizienter hergestellt als im Jahr 1990. Der mittlere Energieeinsatz bezogen auf eine Tonne erzeugtes Papier sank in diesem Zeitraum von 3,413 auf 2,789 Megawattstunden (MWh). Diese Effizienzsteigerung wurde durch die erhöhte Produktion im selben Zeitraum überkompensiert. So stellte die deutsche Papierindustrie im Jahr 2023 rund 32 % mehr Papier, Pappe und Kartonagen her als im Jahr 1990.
Die Emissionen an fossilem Kohlendioxid pro Tonne Papier konnten trotzdem seit 1990 um etwa ein Drittel gesenkt werden. Sie liegen jetzt bei 526 kg Kohlendioxid pro Tonne produzierten Papiers. Das liegt vor allem am zunehmenden Einsatz von alternativen Brennstoffen und dem steigenden Anteil an erneuerbaren Strom im deutschen Strommix.
Die Papierbranche bemüht sich einerseits, den Energieverbrauch weiter zu senken. Gleichzeitig investieren viele Unternehmen in zusätzliche Prozessstufen, um aus dem Rohstoff Altpapier Papiere mit höheren Weißgraden und glatterer Oberfläche herzustellen. Dafür benötigen sie mehr Energie, da mehr Fasern aussortiert und diese stärker gereinigt und gebleicht werden.
Der Gesamtenergieeinsatz stieg daher von 157 Petajoule (PJ) im Jahr 1990 um gut 20 % auf 188 PJ im Jahr 2023 (Leistungsbericht Papier 2024).
Die grafischen Papiere sind nach den Verpackungspapieren das mengenmäßig wichtigste Papiersegment. Darunter fallen alle Papiere, die für Zeitungen, Zeitschriften, Schreib- oder Kopierpapiere verwendet werden. Für diese grafischen Papiere hat das Umweltbundesamt 2020 in einer Ökobilanz erneut überprüfen lassen, welche Umweltwirkungen während des gesamten Lebensweges der Papiere entstehen und welche Umweltentlastungspotenziale der Einsatz von Altpapieren im Produktionsprozess bietet.
Demnach besitzt Recyclingpapier deutliche ökologische Vorteile gegenüber Frischfaserpapieren (Primärfaserpapieren).
Der Holzverbrauch verringert sich und steht für langlebigere Nutzungen zur Verfügung.
Recyclingpapier muss nicht so intensiv gebleicht werden, wie es bei der Herstellung von Frischfaserpapier der Fall ist.
Für die Gewinnung von Recyclingpapier wird damit nur die Hälfte an Energie benötigt und zwischen einem Siebtel bis zu einem Drittel der Wassermenge, die bei Frischfaserpapier eingesetzt wird.
Auch die Treibhausgas-Emissionen sind bei Recyclingpapieren auf dem deutschen Markt durchschnittlich 15 % geringer als bei Frischfaserpapieren, auch wenn integrierte Zellstoff- und Papierfabriken aus Frischfaser bessere Treibhausgasbilanzen aufweisen können.
Die Wälder werden durch die Verwendung von Recyclingpapier geschont und damit Verlust an Biodiversität durch intensive Forst- und Plantagenwirtschaft und deren soziale und ökologische Folgen weltweit verringert.
Ein höheres Altpapierrecycling ist für praktisch alle betrachteten Wirkungskategorien günstiger zu bewerten: Dies betrifft die Knappheit fossiler Energieträger, Treibhauspotenzial, Sommersmog, Versauerungspotenzial und Überdüngung von Böden und Gewässern.
Das heißt konkret: Wer beim Kauf von einem Paket Papier mit 500 Blatt, das etwa 2,5 Kilogramm (kg) wiegt, zu Recyclingqualität greift, spart 5,5 kg Holz. Mit den 7,5 Kilowattstunden Energie, die man bei Kauf eines Paketes Recyclingkopierpapier zusätzlich spart, kann man 525 Tassen Kaffee kochen. Der Wald wird geschont.
Das Schließen von globalen Stoffkreisläufen und die hohe Zahl an Recyclingzyklen kann jedoch auch einen negativen Aspekt haben: So treten immer wieder erhöhte Gehalte unerwünschter Stoffe in den Altpapierkreisläufen auf. Es handelt sich dabei um Chemikalien, die an Papierfasern gut haften und wasserlöslich sind. Beispiele hierfür sind bestimmte Mineralölbestandteile in Druckfarben, per- und polyfluorierte Verbindungen (PFAS), Bisphenol S aus Kassenzetteln und gewisse Phthalate aus Klebstoffen. Diese Chemikalien können Altpapier verunreinigen, wenn etwa neue Papierprodukte wie Thermopapier oder neue Druckverfahren mit den dazugehörige Druckfarben, Bindungen, oder Verbundmaterialien entwickelt werden, die nicht auf ihre Auswirkungen auf die Recyclingkreisläufe geprüft werden. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass auch Stoffe, die in Deutschland schon seit Jahren nicht mehr eingesetzt werden, wie z.B. Phthalate in Klebstoffen, in anderen Ländern noch im Einsatz sind und hier in Deutschland über den Recyclingkreislauf wieder in das Papier eingetragen werden.
Diese Verunreinigungen gefährden den Einsatz von Altpapier etwa als Verpackung für Cerealien, Mehl oder Reis und anderen Lebensmittelkontaktpapieren. Denn sowohl die Bedarfsgegenständeverordnung als auch die Empfehlung „XXXVI. Papiere, Kartons und Pappen für den Lebensmittelkontakt“ des Bundesinstitutes für Risikobewertung geben für den Gehalt an Schadstoffen in Papier, Pappe und Kartons Obergrenzen vor.
Einige dieser Verunreinigungen gelangen nicht bei der Papierherstellung in den Kreislauf, sondern wenn etwa Wellpappenhersteller, Drucker und Verpacker Papier nutzen und weiter verarbeiten. Diese Unternehmen sind mitunter nicht ausreichend sensibilisiert oder motiviert, nur Stoffe einzusetzen, die für das Recycling unkritisch sind. Hier gilt es, durch ein vernetztes Denken und Handeln bei allen Beteiligten die erforderliche Sensibilität zu schaffen, damit das erreichte hohe Verwertungsniveau bei Altpapier nicht gefährdet wird und durch die Verwertung von Altpapier auch zukünftig ein wichtiger Beitrag zum ressourceneffizienten Umgang mit Rohstoffen geleistet werden kann. Das Umweltbundesamt setzt sich für eine Vermeidung von Verunreinigungen möglichst an der Quelle ein.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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