Pflanzenschutzmittel in der Umwelt

Unsere Umwelt ist einer Vielzahl von menschengemachten Chemikalien ausgesetzt. Eine Sonderrolle nehmen dabei die Pflanzenschutzmittel ein. Diese werden zwar zum Schutz der Kulturpflanzen eingesetzt, haben jedoch schädliche Auswirkungen auf weitere Pflanzen und Tiere. Keine andere Stoffgruppe wird so gezielt und in so großem Umfang offen in die Umwelt ausgebracht.

Inhaltsverzeichnis

 

Zugelassene Pflanzenschutzmittel

Das europäische und das deutsche Pflanzenschutzrecht gewährleisten, dass nur ⁠Pflanzenschutzmittel⁠ auf den Markt kommen, die auf ihre Umweltauswirkungen geprüft werden. Die Umweltprüfung erfolgt im Rahmen des Zulassungsverfahrens durch das Umweltbundesamt.

  • Im Jahr 2022 waren 1.000 Pflanzenschutzmittel mit 1.849 Handelsnamen zugelassen. Pflanzenschutzmittel sind jedoch Stoffgemische und enthalten einen oder mehrere Wirkstoffe, aber auch Beistoffe.
  • Die Zahl eingesetzter Wirkstoffe in den zugelassenen Pflanzenschutzmitteln ist seit 2000 annähernd konstant.
  • In 2022 wurden insgesamt 281 Wirkstoffe eingesetzt.

(siehe Abb. „Zahl zugelassener Pflanzenschutzmittel und Wirkstoffe“).

Das Diagramm zeigt die Anzahl zugelassener Pflanzenschutzmittel und -wirkstoffe 2000-2022. Die Anzahl der Mittel ist rückläufig, von 1.130 im Jahr 2000 auf 1.000 im Jahr 2022. Die Zahl der Wirkstoffe schwankte in diesem Zeitraum zwischen 245 und 288.
Zahl zugelassener Pflanzenschutzmittel und Wirkstoffe
Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Diagramm als PDF
 

Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel

Systematisch erfasste Zahlen zu den tatsächlich ausgebrachten Pflanzenschutzmitteln gibt es bisher nicht. Die Größenordnung lässt sich aber zumindest ansatzweise aus den Verkaufszahlen der ⁠Pflanzenschutzmittel⁠ ableiten:

  • Der Absatz von Pflanzenschutzmitteln in der deutschen Landwirtschaft liegt in den letzten Jahrzehnten mehr oder weniger unverändert bei etwa 30.000 Tonnen (t) Wirkstoff pro Jahr, Tendenz in den letzten Jahren wieder leicht steigend (ohne Berücksichtigung der im Vorratsschutz eingesetzten inerten Gase).
  • Insbesondere der Verkauf problematischer Wirkstoffe steigt jedoch (siehe auch Einsatz problematischer Pflanzenschutzmittel gestiegen).

(siehe Abb. „Inlandsabsatz einzelner Wirkstoffgruppen in Pflanzenschutzmitteln“ und Tab. „Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmitteln“).

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* zum Beispiel Kohlendioxid; inert = wenig reaktionsfreudig; Einsatz in geschlossenen Räumen/Lagerungsbehältern

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): Absatz an Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland. Ergebnisse der Meldungen gemäß § 64 (früher § 19) Pflanzenschutzgesetz

Inlandsabsatz einzelner Wirkstoffgruppen in Pflanzenschutzmitteln
Quelle: BVL Diagramm als PDF
Die Tabelle schlüsselt den Inlandsabsatz einzelner Wirkstoffgruppen in Pflanzenschutzmitteln auf: Herbizide, Fungizide, Insektizide und Akarizide sowie sonstige Wirkstoffe.
Tab: Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmitteln
Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Tabelle als PDF zur vergrößerten Darstellung
 

Aus den Verkaufszahlen der ⁠Pflanzenschutzmittel⁠ kann jedoch nicht unmittelbar auf deren Verbrauch geschlossen werden, da die ausgebrachten Mengen je nach Art des Anbaus und der Fruchtfolge sowie der standörtlichen Bedingungen zum Teil erheblich variieren. Außerdem werden die Präparate unter Umständen über mehrere Jahre hinweg gelagert. Die tatsächlich ausgebrachten Mengen an Pflanzenschutzmitteln werden bisher nur stichprobenartig und in unregelmäßigen Abständen durch das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Julius Kühn-Institut (JKI, früher Biologische Bundesanstalt) erfasst.

  • Daraus ergibt sich für die deutsche Landwirtschaft ein durchschnittlicher jährlicher Einsatz von 7,3 Kilogramm (kg) Pflanzenschutzmitteln beziehungsweise 2,4 kg Wirkstoff je Hektar Anbaufläche (Berechnung für 2021, bei ca. 11,9 Millionen Hektar Ackerland und Dauerkulturen laut Statistischem Bundesamt).

Mit der Überarbeitung und Verabschiedung der europäischen Verordnung zu Statistiken von landwirtschaftlichen Betriebsmitteln (SAIO-Verordnung, EU 2022/2379) müssen die Anwendungsdaten ab 2028 vollständig in digitaler Form systematisch erfasst und bestimmten Behörden in anonymisierter Form zugänglich gemacht werden.

 

Funde von Pflanzenschutzwirkstoffen im Grundwasser

Kaum ein Wirkstoff wird sofort in der Umwelt abgebaut. Rückstände verbleiben zum Teil längerfristig im Boden, in Gewässern und im Grundwasser. So werden Pflanzenschutzwirkstoffe und deren Abbauprodukte, relevante wie auch nicht relevante Metaboliten, immer noch häufig im Grundwasser gefunden.

  • Zwischen 2017 und 2021 überschritten noch etwa 3,6 % der Proben im oberflächennahen Grundwasser den jeweiligen gesetzlichen Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/l) für Wirkstoffe und relevante Metaboliten bei mindestens einem Wirkstoff (letzte vorliegende Daten) (siehe auch hier und Abb. „Häufigkeitsverteilung der Funde von Pflanzenschutzwirkstoffen und ihren relevanten Metaboliten in oberflächennahen Grundwassermessstellen“).
  • Nicht relevante Metaboliten (nrM) wurden in den letzten Jahren zudem immer häufiger im Grundwasser gefunden. Sie haben per Definition eine pestizide (biologische) Aktivität unter 50 % des Wirkstoffs. Dennoch können sie sich aber schädlich auf Ökosysteme auswirken (siehe Nicht relevant? Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln als Risiko für das Grundwasser und Nicht relevante Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln).
  • Laut LAWA (2024) wurden an 72 % aller Grundwassermessstellen solche Metaboliten nachgewiesen (im vorherigen Berichtszeitraum 2013 bis 2016 war dies an ca. 58 %), teils in Konzentrationen oberhalb der gesundheitliche Orientierungswerte.
  • Vor allem die nrM der Wirkstoffe Metazachlor, S-Metolachlor, Chlorthalonil und Dimethachlor weisen aufgrund ihrer relativ hohen Fundhäufigkeit eine große Bedeutung für das Grundwasser auf. Ebenso wurde der nrM Trifluoressigsäure (TFA) nahezu flächendeckend im Grundwasser in Deutschland nachgewiesen.
  • Viele der bekannten Stoffe werden bisher dennoch nicht standardmäßig bestimmt und es gibt keine gesetzlich festgeschriebenen Grenzwerte.
  • Die Entwicklung gibt Anlass, die Anstrengungen zum Grundwasserschutz fortzuführen.
Das Diagramm zeigt, dass die Belastung des oberflächennahen Grundwassers mit Pestiziden sank.
Häufigkeitsverteilung der Funde von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und ihren relevanten Metaboliten
Quelle: Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) Diagramm als PDF
 
Das Diagramm zeigt Funde nicht relevanter Metaboliten an deutschlandweiten Messstellen, differenziert nach Konzentrationsspektren.
Funde nicht relevanter Metaboliten an deutschlandweiten Messstellen, differenziert nach Konzentratio
Quelle: Umweltbundesamt Diagramm als PDF
 

Rückstände von Pflanzenschutzwirkstoffen in oberirdischen Gewässern

In Oberflächengewässern wird die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln derzeit nur im Gewässermonitoring zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie systematisch erhoben.

Kleine, unmittelbar an Felder angrenzende Gewässer wurden in Studien im Rahmen des sogenannten Kleingewässermonitorings untersucht. Ergebnisse zeigen, dass die tatsächliche ⁠Pflanzenschutzmittel⁠-Belastung häufig um einiges höher ist als in der Zulassung angenommen und als akzeptabel eingeschätzt.

  • Insbesondere nach Regen werden Pflanzenschutzmittel in hohen Konzentrationen in angrenzende Bäche gespült. Dies führt zu kurzzeitigen Belastungsspitzen in den Gewässern, die Auswirkungen auf die Gewässerlebewesen haben.
  • Unter Berücksichtigung dieser Belastungsspitzen wurden an über 60 % der untersuchten Gewässerabschnitte die regulatorisch akzeptablen Konzentrationen (⁠RAK⁠) von mindestens einem Pflanzenschutzwirkstoff zwischen April und Juli überschritten, an gut zwei Drittel der Standorte sogar von mehreren Stoffen (siehe Abb. „Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in kleinen Gewässern der Agrarlandschaft“).

Weitere Informationen zu Pflanzenschutzmitteln und ihrem Zulassungsverfahren sowie Maßnahmen zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft finden Sie im Artikel „Pflanzenschutzmittel“ auf unseren Themenseiten.

Das Diagramm zeigt Ergebnisse aus der Pilotphase des Kleingewässermonitorings, ein gemeinsames Projekt (FKZ: 3717634030) des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Umweltbundesamtes (UBA).
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in kleinen Gewässern der Agrarlandschaft
Quelle: Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung / Umweltbundesamt / Liess et al. Diagramm als PDF
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