3.3 Wie verringern Sie die Sensitivität Ihrer Kommune?

Vielleicht haben Sie schon einige Maßnahmen umgesetzt, die die Sensitivität Ihrer Kommune senken – etwa durch Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Die neue Herausforderung besteht darin, die Auswirkungen sich ändernder klimatischer Bedingungen, insbesondere von Extremwetterereignissen bei der Planung von Maßnahmen einzubeziehen.

Die ⁠Sensitivität⁠, auch als Empfindlichkeit bezeichnet, beschreibt in welchem Ausmaß ein von Ihnen betrachtetes System (z. B. Wirtschaftssektor Logistik, die Bevölkerungsgruppe älterer Menschen oder ein Waldökosystem Ihre Kommune) aufgrund seiner gegebenen ökonomischen, soziodemographischen oder biophysikalischen Eigenschaften auf einen klimatischen Einfluss reagiert, z. B. auf eine länger anhaltende ⁠Hitzewelle⁠. So reagieren ältere Menschen deutlich sensitiver auf eine Hitzewelle als junge Erwachsene.

Maßnahmen zur Reduzierung der Sensitivität können verschiedene Zielstellungen haben: In erster Linie gilt es, die Auswirkungen von extremen klimatischen Einflüssen möglichst zu verhindern bzw. zu verringern, z. B. die Hitzebelastung älterer Menschen oder Schäden an Infrastrukturen. Sollten Anpassungsmaßnahmen aus den verschiedensten Gründen nicht umsetzbar sein oder nicht unmittelbar greifen, müssen die Klimarisiken und damit einhergehende mögliche Belastungen und Schäden (zumindest temporär) akzeptiert werden. In diesem Fall kann die Verteilung von Risiken, z. B. durch die Versicherung anfälliger Infrastrukturen sowie durch die Bereitstellung finanzieller Hilfen im Notfall eine wichtige Rolle spielen. Proaktiv genutzt werden sollten positive Effekte, die sich ggf. durch den ⁠Klimawandel⁠ ergeben. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung bisher nicht möglicher wirtschaftlicher Aktivitäten, z. B. im Tourismus und in der Landwirtschaft.

Die vielfältigen Anpassungsoptionen zur Verringerung der Sensitivität lassen sich allgemein vier Maßnahmentypen zuordnen:

  • „grüne“ Maßnahmen, etwa Freihalten bzw. Schaffen von Luftleitbahnen und Kaltluftentstehungsgebieten, das Anlegen von Gärten, Parks und begrünten Innenhöfen, Neupflanzungen von Straßenbäumen, die Beschattung von Fassaden oder die Begrünung von Dächern. Die Maßnahmen tragen nicht nur durch die Verdunstungskühlung der Pflanzen zu einer Verbesserung des Stadtklimas bei, sondern filtern Schadstoffe und Feinstaub aus der Luft und ermöglichen bei Starkniederschlägen eine Versickerung.
  • „blaue“ Maßnahmen, z. B. das Anlegen von Teichen, Gräben und anderen Kleinstgewässern, die Renaturierung von Fließgewässern oder die Schaffung von ⁠Retentionsflächen⁠. So können Hochwasserereignisse abgeschwächt und im Stadtgebiet ebenfalls über die Verdunstungskühlung das Stadtklima verbessert werden.
  • „graue“ (technische) Infrastruktur- oder Baumaßnahmen, etwa Deichbau zum Schutz dicht bebauter Siedlungsflächen vor Hochwasser und Sturmfluten, der Ausbau der Kanalisation und die Neuanlage von Regenrückhaltebecken zum Schutz kommunaler Infrastrukturen vor Starkniederschlägen oder eine Gebäudeisolierung zum Schutz vor Hitze.
  • „weiche“ Maßnahmen, mit denen zum Beispiel über Informationen, vergünstige Versicherungen, veränderte Abgaben oder Vorgaben in der Planung Anreize zur Anpassung bei anderen Akteur*innen gesetzt werden. Ein Beispiel für diese Art von Maßnahmen ist die Reduktion der Niederschlagsgebühren für Hausbesitzer*innen, die Dachbegrünungen anlegen.

Vor allem grüne Maßnahmen weisen häufig ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Zudem bringen grüne und blaue Maßnahmen zusätzlich positive Nebeneffekte mit sich, etwa die Steigerung der Lebensqualität und des Wohlbefindens in Ihrer Kommune.

Nutzen Sie die Vorlage "Übersicht Anpassungsmaßnahmen" zum Klimalotsen und die Tatenbank des Umweltbundesamtes als Anregung, um weitere für Ihre Kommune passende Anpassungsoptionen zu identifizieren. Die Tabelle listet Ihnen beispielhaft Maßnahmen auf, mit denen Sie Sensitivitäten in Ihrer Kommune verringern können.

Auswahl von Maßnahmen unter den Unsicherheiten des Klimawandels

Wie sich das ⁠Klima⁠ genau ändern wird, lässt sich nicht exakt vorhersagen. Wenn Ihre Anpassungsmaßnahmen aber in die untenstehenden Kategorien fallen, sind Sie mit ihnen trotzdem auf der sicheren Seite:

  • Maßnahmen die auch dann sinnvoll sind, wenn der Klimawandel sich in Ihrer Kommune stärker oder schwächer auswirkt als projiziert. Hierzu gehören:

    - ⁠No-regret-Maßnahmen⁠ (Engl. „keine Reue“), die Ihnen in jedem Fall einen Nutzen bringen würden, egal wie der Klimawandel ausfällt. Beispiele wären die Wärmedämmung Ihrer Verwaltungsgebäude oder die Schaffung von saisonunabhängigen Tourismus– und Freizeitangeboten.

    - ⁠Low-regret-Maßnahmen⁠ (Engl. „wenig Reue“), die relativ kostengünstig sind und Ihnen große Vorteile bringen, wenn die zukünftig projizierten Klimaverhältnisse tatsächlich eintreten. Ein Beispiel wäre ein Verbot der Bebauung von Flächen in hochwassergefährdeten Gebieten.

    - Win-win-Maßnahmen, die zusätzlich ökologische, soziale oder wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Beispiele sind die Wiederherstellung von Überflutungsräumen, die den Hochwasserschutz unterstützt und gleichzeitig die ⁠Biodiversität⁠ fördert oder die Verbesserung der Kühlungsmöglichkeit von Gebäuden durch erhöhte Beschattung mit einer Fassadenbegrünung.

  • Maßnahmen, die durch geringe Zusatzausgaben zugleich der ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ dienen können, beispielsweise das Einsetzen größerer Rohre bei der Neuverlegung eines Abwassersystems.
  • Umkehrbare und flexible Maßnahmen wie die Nicht-Bebauung von Kaltluftschneisen oder Maßnahmen, die eine flexible Nachsteuerung ermöglichen und keine hohen Zusatzkosten verursachen.
  • Kurz- und mittelfristig wirkende Maßnahmen, die den Zeithorizont bis zu einer bevorstehenden Investition erweitern und damit Zeit schaffen für eine umfangreiche Entscheidungsfindung. Eine solche Verzögerungsstrategie ermöglicht zusätzliche Recherche und Informationsbeschaffung und trägt so zu einer fundierten Entscheidung bei. Ein Beispiel hierfür ist die vorübergehende Einschränkung der Bebauung in einem zunehmend von Hochwassern gefährdetem Gebiet, um so Zeit für die Entwicklung eines adäquaten Schutzes zu gewinnen und sich Möglichkeiten wie die Etablierung von Retentionsflächen offen zu behalten.

Bildergalerie: Maßnahmen zur Senkung der Sensitivität

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 Klimalotse  KomPass  Kompetenzzentrum für Anpassung an den Klimawandel in Deutschland  Anpassung an den Klimawandel